Julia präsentiert Träume aus 1001 Nacht 02
ungeduldig ab. „Genug. Ich will nichts von deinen kindischen Fantasien hören. Das Thema ist beendet.“
Die junge Frau warf ihm einen bitterbösen Blick zu. Zwar gehorchte sie seinem Befehl und schwieg, doch die Feindseligkeit, die sie ausströmte, war förmlich greifbar. Und Crystal konnte sie verstehen.
Sie wusste, dass der König in dem Ruf stand, ein offenes Ohr für die Belange seines Volkes zu haben. Doch wenn er nicht bald unter seinem eigenen Dach ein ähnliches Verhalten an den Tag legte, würde hier die Hölle losgehen.
„Crystal, sagen Sie, stehen Sie einer politischen Partei in Ihrem Heimatland nahe?“ Damit wandte sich der König an sie und wechselte somit gekonnt das Thema.
Auch wenn sie ihn am liebsten geschüttelt und gesagt hätte, dass er seiner Tochter zuhören soll, hielt sie sich zurück. Sie erwiderte seinen Blick und antwortete: „Ja, das tue ich, Euer Majestät. Ich bin eine Republikratin.“
An der Tafel trat ein plötzliches Schweigen ein, und sie fühlte, wie sich sechs Augenpaare auf sie richteten. Es wären acht gewesen, wenn die Zwillinge nicht ungeduldig auf ihren Stühlen rumgerutscht wären und sich aus ihren Servietten Hüte gebastelt hätten.
„Republikratin?“ Fariq runzelte verwirrt die Stirn. „Ich habe die Politik Ihres Landes studiert, aber von dieser Partei habe ich noch nie gehört.“
„Das hat auch sonst niemand. Diese Partei hat genau ein Mitglied. Im Grunde genommen suche ich mir das Beste bei Republikanern und Demokraten heraus und entscheide dann nach meinem Gewissen.“
„Ah“, meinte der König, während er zustimmend nickte. „Das beweist sowohl Verantwortungsgefühl als auch Intelligenz. Sie folgen nicht einfach der Masse, sondern Sie sind eine Frau, die für sich selbst denken und entscheiden kann.“
„Wenn das so ist, dann würde ich gerne wissen, wie Sie über Kindererziehung denken. Wir haben noch gar nicht darüber gesprochen“, schaltete sich an dieser Stelle Fariq ein.
Wenn er das als Herausforderung gemeint hatte, so hatte sie kein Problem damit, ihm ihre Ansichten über Kindererziehung mitzuteilen. „Ich werde Ihnen meine Philosophie gerne jederzeit erläutern.“
„Wie wäre es mit jetzt?“, fragte er, während er in die Runde blickte.
„Gut. Es spart Zeit, da gerade alle anwesend sind. Was möchten Sie wissen?“
„Was halten Sie von Disziplin?“ Fariq legte seine Damastserviette neben dem Teller ab.
„Viel, aber ich denke, jede Strafe sollte dem Verbrechen angemessen sein.“
In diesem Moment streifte die kleine Hana ihren Teller versehentlich mit dem Ellbogen, so dass dieser gegen ein Glas rutschte, welches umkippte und zerbrach und Wasser über die feine Tischdecke ergoss.
„Oh, Nanny“, rief das Mädchen erschrocken aus und verbarg ihr Gesicht hinter Crystals Schulter.
Sie legte ihren Arm um das Kind. „Keine Angst, Süße, Unfälle passieren schon mal.“
„Johara“, mahnte der König streng. Er warf dem Teenager einen bösen Blick zu, während ein Diener herbeieilte, um das Chaos zu beseitigen. „Heute Abend unterliegen die Kinder deiner Verantwortung. Sieh zu, dass sie sich benehmen.“
„Aber Vater, sie sitzen einfach schon zu lange …“
Er winkte ihren Einwand mit einer Hand ab. „Bring sie sofort auf ihr Zimmer.“
„Mit Vergnügen.“ Die Prinzessin warf ihre Serviette auf den Teller und stand auf. „Hana, Nuri, kommt mit mir.“
Crystal umarmte das kleine Mädchen schnell, bevor sie sie mit ihrer jungen Tante davongehen ließ. Als die drei verschwunden waren, legte sich ein unangenehmes Schweigen über den Raum.
Schließlich räusperte Fariq sich. „Und welche Strafe halten Sie für dieses Verbrechen für angemessen?“
„Zuerst einmal war es kein Verbrechen, sondern ein Missgeschick. Wenn sie es absichtlich getan hätte, wäre es etwas ganz anderes gewesen.“ Sie blickte zum König hinüber und fragte sich, wie offen sie sein sollte. Doch dann nahm sie ihren Mut zusammen und fuhr fort: „Zweitens stimme ich Prinzessin Johara zu. Fünfjährige können sich maximal eine Dreiviertelstunde lang mustergültig verhalten, und diese Zeitspanne war bereits lange abgelaufen. Die beiden haben zu lange gesessen und brauchten wieder Raum, um Kinder zu sein.“
„Was hätten Sie getan?“, wollte Fariq wissen. Sein Gesichtsausdruck war unlesbar.
„Ich hätte sie schon vor einiger Zeit auf ihr Zimmer gebracht.“
„Aber sie sind Teil der königlichen Familie“, protestierte Gamil.
„
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