Julia präsentiert Träume aus 1001 Nacht 04
Schneetreiben zurechtzufinden.
Lana tastete sich mit ausgestreckten Armen über den Weg, während ihr der Wind entgegenschlug, und suchte die Wand. Sie stieß dagegen, ehe sie sie sehen konnte, und fuhr mit der Hand daran entlang. Ein paar Minuten später hatte sie die Außentür gefunden und bemühte sich, sie aufzumachen.
Der Wind riss ihr die Tür aus den Fingern, hob sie fast sogar aus den Angeln und schmetterte sie gegen die Wand. Lana wurde gnadenlos in die Kälte gezerrt.
„Arash!“, schrie sie hilflos, während der Wind sie in die Knie zwang. Himmel, wo war er nur? Bei einem solchen Unwetter konnte man selbst knapp zwei Meter von seiner Haustür entfernt umkommen.
Kaltes Entsetzen packte Lana. Sie versuchte, etwas zu sehen und lauschte auf Arashs Stimme. Wo war das Haus? In dem dichten Schneetreiben konnte sie nichts erkennen.
„Arash! Arash!“, rief sie erneut. Der Wind nahm ihr den Atem und entriss ihr die Worte. „Arash!“
Unwillkürlich begann sie hysterisch aufzulachen. Bot sie ihm Rettung oder suchte sie selbst Halt? Und wie wollte sie Arash helfen, wenn sie ihn fand?
Aber obwohl sie angesichts des Wetters hilflos war, konnte sie ihn hier draußen nicht allein lassen. Sollte er von einer traumatischen Kriegserinnerung gepackt worden sein, mochte er die wirkliche Lage nicht mehr erkennen. Und Gott allein wusste, was er im Geiste sehen mochte.
Sie musste zumindest versuchen, ihn da rauszureißen.
Zum wiederholten Mal rief sie seinen Namen. Wenn sie ihn nur finden könnte! Schließlich war er in den Bergen aufgewachsen und kannte sich hier aus. Er würde sie beide sicher nach Hause bringen.
Sie begann zu beten und bewegte sich auf allen vieren durch den Schnee. Es hatte keinen Sinn, sich aufzurichten. Der Wind war zu stark, und sie konnte zu wenig sehen. Sie versuchte, ihre Augen vor dem beißenden Schnee zu schützen, doch ihre Hände waren bereits eiskalt, und sie spürte, wie die Kälte durch ihre Kleidung drang.
„Arash!“
Er darf nicht sterben, dachte sie. Was soll der Stamm ohne ihn anfangen? Was wird Kavi machen, wenn er seinen besten Freund auf diese Weise verliert?
„Arash! Wo bist du?“
Wie aus dem Nichts machte etwas Unbekanntes einen Satz auf sie zu. Etwas Riesiges. Lana schrie erschrocken auf und wurde in den Schnee gedrückt.
Im ersten Augenblick blieb sie passiv liegen und wartete ergeben auf das, was da kommen mochte.
Dann plötzlich schlug sie wie wild um sich und spürte, wie sie traf. Überrascht hörte sie Arashs Stimme.
„Lana!“, beschwerte er sich. „Lana!“
„Arash? O Gott! Arash!“
Er versuchte, sich von ihr zu lösen, aber der Wind drückte ihn nieder, und ihr Aufschrei wurde fast erstickt.
„Was zum Teufel machst du hier?“, verlangte Arash dicht an ihrem Ohr zu wissen und verhielt sich ruhig, wo er lag, halb auf ihr ausgestreckt und halb im Schnee versunken.
Die Anwesenheit des anderen war für beide beruhigend in dieser gefährlichen Umgebung. Unbewusst klammerten sie sich aneinander.
„Ich habe dich gesucht. Gut, dass du mich gefunden hast“, beantwortete sie seine Frage.
Erleichterung durchflutete sie, und sie lachte leise. Endlich waren sie in Sicherheit. Arash würde den Weg zurück schon finden.
Merkwürdig, wie warm Schnee sein konnte, wenn man darin vergraben war. Hier unten auf dem Boden, vom Schnee bedeckt und mit Arashs warmem Atem an ihrer Wange, konnte Lana plötzlich die seltsamen Geschichten über die Menschen im Norden verstehen, die sich im Schneesturm schlafen gelegt haben sollen. Sie würde nichts lieber tun, als ihn wie eine Decke an sich …
Arash rief erneut etwas, aber dieses Mal heulte der Wind so heftig, dass sie nichts hören konnte. Dann stemmte er sich auf ein Knie. Bei dem Sturm war ihm das unbewegliche Bein noch hinderlicher als sonst. Doch es gelang ihm, Lana hochzuziehen.
„Steh auf!“, befahl er ihr, und sie lächelte.
„Leichter gesagt als getan, Mister!“
Sie schafften es schließlich, hochzukommen. Arash nahm sie bei der Hand, führte sie zu ihrer Überraschung nur einige Schritte weit und erreichte mit ihr das Tor in den Hof. Erstaunlich, wie nah sie doch dem Haus gewesen war. Ihr war es so vorgekommen, als hätte sie sich in einer arktischen Wüste verirrt.
Es war nicht leicht, die Tür zu schließen und gegen den Wind zu verriegeln.
Arash wandte sich um und umfasste ihre Oberarme. Lana spürte, wie seine Körperwärme durch die Kleidungsstücke bis auf ihre Haut drang.
Sie vermochte
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