Julia präsentiert Träume aus 1001 Nacht 04
wirkte, wenn er ihnen vom Balkon aus zusah.
Von Baba Musa herbeigeholt, kam jetzt eine Frau aus dem Dorf zu ihnen, um zu kochen. Als sie jedoch bemerkte, dass Jana zupacken konnte, war sie sichtlich irritiert. Für den Prinz wollte sie wohl gern arbeiten, aber eine Angestellte zu bedienen, die sich durchaus selbst versorgen konnte, passte nicht in ihr Weltbild.
Jana wollte eine so demokratisch denkende Person nicht enttäuschen. Mit Hilfe ihrer beiden getreuen Dolmetscher, die von Tag zu Tag geschickter wurden, bat sie die Frau, ihr das Backen von „naan“ beizubringen. So waren die vier vollauf in der Küche beschäftigt und lernten eifrig kochen.
Nach den beiden Tagen hatten sie ein paar Gerichte zusammengestellt, die sie auf dem Eis kühl lagern konnten. Außerdem hatte Jana sich ein Dutzend Rezepte aufgeschrieben, für die sie die Zutaten nur in Parvani nennen konnte. Freudestrahlend verabschiedeten sie sich von ihrer Helferin aus dem Dorf.
Jana hatte damit gerechnet, dass sie gleich am nächsten Morgen, nachdem sie die Leuchtkugeln gezündet hatte, ein Hubschrauber holen würde. Als das nicht geschah, nahm sie an, dass die Rettung zu Land unterwegs wäre. Aber als auch am folgenden Tag und den Tag darauf niemand erschien, dachte sie nicht mehr daran. Es gab schließlich keinen Notfall mehr. Doktar Amina kam regelmäßig ihren Patienten besuchen, und Omar ging es von Tag zu Tag besser.
An dem Morgen, als er das erste Mal mit einem rauen Stock, den Baba Musa ihm zu dem Zweck angefertigt hatte, in die Küche heruntergehumpelt kam, traf er Jana, Masha und Kamala beim Zubereiten des Frühstücks an. Masha stand auf einem niedrigen Hocker am Herd und hielt ein paar Brotscheiben am Spieß übers Feuer, um Toast zu machen. Kamala legte sorgfältig drei Bestecke zurecht und packte ein viertes auf ein Tablett. Jana schlug soeben die Eier in eine Schüssel.
Sie hörten ihn nicht kommen, weil sie dazu sangen.
Als er die Küche betrat, wirbelte Masha herum und erschrak. „Baba! Du kannst wieder laufen! Oh, sieh mal, du hast mich so erschreckt, dass ich das Brot habe ins Feuer fallen lassen.“ Einen solchen Ton hatte er nie zuvor von seinen Töchtern zu hören bekommen.
Jana hielt wortlos inne, und Kamala lächelte zu ihm auf, in den Händen eine Reihe Messer und Gabeln. „Guten Morgen, Baba“, rief sie fröhlich.
„Guten Morgen“, antwortete Omar. „Ihr seid alle sehr beschäftigt.“
„Wir machen das Frühstück, Baba“, erklärte ihm Kamala unnötigerweise.
„Das sehe ich.“
Er unterhielt sich nicht oft mit seinen Töchtern in Englisch. Das war eine völlig neue Erfahrung für ihn.
„Guten Morgen“, begrüßte Jana ihn. „Wollen Sie mit uns essen? Wir setzen uns auf die Veranda.“
„Ja, danke“, erwiderte Omar.
Gelassen wandte sich Jana an Kamala. Omars missbilligendes Stirnrunzeln überging sie. „Du kannst alle vier Gedecke auf ein Tablett stellen, Kamala. Das zweite Tablett brauchst du nicht mehr.“
„Ja, Jana Khanum.“
Jana zog ihm einen Stuhl neben den großen Holztisch. Omar humpelte darauf zu und setzte sich. „Wo ist Rudaba heute Morgen? Ist sie noch nicht hier?“, fragte er.
Masha legte ein leicht angekohltes Stück Toast auf den Teller und wandte sich um. „Rudaba hat eine neugeborene Enkelin, Baba!“, antwortete sie. „Sie kommt nicht mehr.“
Omar runzelte die Stirn. „Wer hat die ganze Zeit gekocht?“
„Wir, Baba! Jana Khanum, Kamala und ich! Das war ein großes Geheimnis!“ Sie kicherte. „Und jedes Mal hast du gesagt, es war lecker, nicht wahr?“
Omar starrte Jana an. „Ja“, bestätigte er leise. „Jedes Mal habe ich gesagt, es war lecker.“
„Hast du schon alles auf dem Tablett, Kamala?“, wollte Jana wissen. „Dann bringe ich es nach draußen auf die Veranda, und du kannst den Tisch decken.“
Hüpfend folgte Kamala ihr, als Jana ihre Worte in die Tat umsetzte. Als sie in die Küche zurückkehrte, rief Masha: „Mit dem Toast bin ich fertig, Jana Khanum! Darf ich jetzt die Rühreier machen?“
Unter Omars aufmerksamem Blick stellte Jana die schwarze gusseiserne Pfanne über das Feuer und hielt Masha die Schüssel mit der Ziegenbutter hin. Masha nahm einen Löffel voll heraus und ließ ihn in die Pfanne fallen. Gemeinsam gossen sie das Rührei hinein, und Masha begann mit dem hölzernen Bratenwender zu rühren.
Als Kamala das leere Tablett hereinbrachte, rief sie schon von der Tür her: „Wir haben die Milch nicht aus dem Kühlloch geholt,
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