Julia präsentiert Träume aus 1001 Nacht 04
beschützen, das ihm das Herz zerriss, ihn schwach und stark zugleich machte.
Das Feuer im Kamin war heruntergebrannt. Die Lampe auf dem Tisch verbreitete noch ein schwaches Licht, aber ihr Schein reichte nicht bis zu ihnen.
Omar strich Jana das Haar aus der Stirn und hauchte ihr einen Kuss auf die feuchte Haut. Im Nachhall der Gefühle hatte Jana geweint und am ganzen Körper gebebt. Behutsam hatte er ihr die Tränen von den Wangen geküsst. Dabei hatte er das Gefühl, sie würde für sie beide weinen.
Sie redeten miteinander, leise, zögernd, über nichts im Besonderen. Die Nachtluft war kühl, und jetzt, da das Feuer nicht mehr loderte, fröstelte sie.
„Komm“, sagte er zu ihr, stand auf und zog sie mit sich. Schweigend kleideten sie sich an, und er führte sie in sein Schlafzimmer. Dort zog er sie wortlos wieder aus und schlüpfte zu ihr unter die Laken. Dann nahm er sie in seine Arme und küsste sie zärtlich. Ihm wurde so warm ums Herz, als er sie an sich gedrückt hielt, dass ihm auch fast zum Weinen zumute war.
Als Jana aufwachte, war sie allein im Bett. Sie dehnte und streckte sich genüsslich. Dann warf sie sich herum. Omar stand in der offenen Terrassentür und schaute nach draußen. Er trug eine lockere weite Baumwollhose, die in der Taille und an den Fesseln gebunden wurde, sonst nichts.
„Guten Morgen“, rief sie.
Er wandte sich zu ihr um. „Guten Morgen, Janam“, erwiderte er, und da er diesen Namen benutzte, löste sich eine Spannung in ihr, die sie vorher nicht bewusst wahrgenommen hatte.
Jana glitt aus dem Bett und griff nach dem Hemd, das sie am Abend zuvor getragen hatte. Es lag bei den übrigen Kleidungsstücken auf dem blanken Holzboden. Sie schlüpfte hinein und knöpfte es zu. Dann trat sie neben ihn.
Es war noch früh. Die ersten Sonnenstrahlen fielen auf die Ziegen und hatten den Rand des Sees erreicht. Omar legte einen Arm um ihre Schultern und zog sie an sich, als gehöre sie zu ihm.
An diesem Tag geschah nichts Außergewöhnliches. Aber jedes Mal, wenn sich ihre Blicke begegneten, wurde Jana warm ums Herz. Ob sie kochte, fegte, wusch oder sang, immer verfolgte Omar ihre Tätigkeiten mit überraschtem und besitzergreifendem Blick zugleich.
Den Prinzessinnen fiel die Veränderung auf, auch wenn sie nicht wussten, was sich abgespielt hatte. Mehrmals an dem Tag sprachen sie Jana mit Mommy an, ohne es zu merken. Abends beim Spülen, stellte Kamala mit der Weisheit der Unschuldigen fest: „Baba ist glücklich.“
Omar hielt inne und starrte seine jüngste Tochter so verblüfft an, dass sie erschrak. „Du hast recht!“, gab er schließlich zu, packte die Kleine und schwang sie freudig durch die Luft. Dann drückte er sie an sich. „Baba ist richtig glücklich!“, bestätigte er ihr.
Kamala kicherte vergnügt. „Ich auch, Baba! Ich auch“, rief Masha. Prinz Omar schaute von seiner Ältesten zu seiner Jüngsten und erkannte, dass die Liebe einem das Herz öffnet.
Später saßen Omar und Jana auf der Veranda und unterhielten sich. Hier fiel es Omar nicht so leicht, sich auf wirtschaftliche und politische Themen zu beschränken, wie er das im Palast konnte. Die Atmosphäre dieses Ortes ließ das nicht zu. Außerdem spürte er, dass er mit Jana über Ereignisse aus seiner Vergangenheit sprechen wollte.
„Meine Mutter ist nie mit uns hierhergekommen. Sie war eifersüchtig, weil dieses Haus für die erste Frau meines Vaters gebaut wurde.“
„Wie hieß sie?“, fragte Jana leise.
„Meine Mutter hieß Goldar“, erwiderte er. „Natürlich gab es einen Grund für ihre Eifersucht. Mein Vater hat nur eine Frau in seinem Leben geliebt, und das wussten alle.“
Jana hatte den Namen seiner Stiefmutter wissen wollen, der Ausländerin, die darauf bestanden hatte, einen Ort zu haben, an den sie sich von den Protokollen und Zeremonien zurückziehen konnte. Die heißgeliebte Frau, für die Scheich Daud dieses Haus gebaut hatte. Aber das sagte sie nicht. Sie wollte ihn nicht unterbrechen oder in Verlegenheit bringen.
„Meine Mutter kam aus Parvan“, fuhr er fort und deutete zu den Bergen hinüber. „Parvan liegt zum größten Teil hinter Mount Shir. Es grenzt an unser Land. Die niedrigeren Berge von Noor gehören zu meinem Reich, aber die Gipfel, die du dahinter siehst, das ist Mount Shir. Er liegt in Parvan. Meine Mutter war die Cousine des Schahs von Parvan.“
„Masha hat mir erzählt, du hast dort im Krieg mitgekämpft.“
„Ja“, bestätigte er.
„Hat dir dein
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