Julia präsentiert Träume aus 1001 Nacht 04
runzelte die Stirn. „Ashraf Durran ist Tafelgefährte meines Bruders Omar, nicht wahr?“
Der Sekretär verneigte sich. „Ich glaube ja, Herr.“
„Er hat erwartet, Ashraf Durran hier anzutreffen?“ Rafi überlegte einen Augenblick. „Ashraf Durran war nicht mehr in meinem Reich, seit Omar nicht mehr mit uns redet. Warum sollte Omar ihn hierherschicken?“
Sein Sekretär, dem keine Antwort darauf einfiel, stand schweigend da.
„Kann es sein, dass Omar versucht, sich mit uns zu versöhnen? Hat er Ashraf Durran deshalb hierhergeschickt … Aber warum bringt der Mann aus dem Bergvolk eine Nachricht von ihm? Soll er Ashraf Durran etwa zurückrufen?“
Immer noch schwieg sein Sekretär. „Führ ihn lieber zu mir, Samir.“ Rafi stand auf. „Bring ihn ins Teppichzimmer. Dort wird er sich wohler fühlen.“
Ein paar Minuten später betrat der Mann den besagten Raum, der nach Barakati-Tradition mit Teppichen und Kissen ausgestattet war.
„Seid mir gegrüßt, Rafi, Sohn des Daud! Möget Ihr immer stark sein!“, wünschte er ihm in der höflichen Art, in der die Bergstämme sich ihren Monarchen gegenüber verhielten. Nach den vielen demütigen Besuchen der Städter, die sich ständig verneigten und ihm die Hand küssten, empfand Rafi diese Art von Begrüßung als erfrischend.
„Seid mir gegrüßt, Aban vom Clan der Bahram!“, erwiderte Rafi. Sie nahmen Platz, und Rafi bat um kühle Drinks und süßen Kuchen. Die Bergvölker waren gastfreundlich und geduldig, wenn es um Geschäfte ging. Er würde weitaus mehr von dem Mann erfahren, wenn er seine Sitte einhielt.
Als die Köstlichkeiten verspeist waren und Rafi den rechten Zeitpunkt gekommen sah, bemerkte er: „Ihr habt das Vertrauen meines Bruders Omar, Aban von Bahram.“
„Möge ich es wert sein“, erwiderte Aban und sandte ihm einen knappen Blick, der Rafi sagte, er habe es mit einem Mann zu tun, der eine gewisse Ehre besaß.
„Wir haben leider nicht das Vergnügen, Ashraf Durran zu Gast zu haben. Hat mein Bruder Omar Euch gesagt, wann er erwartet, dass sein Tafelgefährte uns besucht?“
Aban lächelte. „Aber es ist doch Sommer, Herr! Und jeder in den Bergen weiß, dass die gesamte königliche Familie hierherkommt. Das ist schon bei Eurem Vater Tradition gewesen, möge er in Frieden ruhen, und bei seinen Vätern. Deshalb habe ich Ashraf Durran hier gesucht und jetzt werde ich auf seine Ankunft warten.“
Rafi seufzte und nickte, als er erkannte, warum ihm das alles so rätselhaft erschien. „Wo war mein Bruder Omar, als er Euch die Nachricht gab?“, fragte er.
„Er hat sie mir nicht selbst gegeben, da er verwundet war. Musa aus unserem Stamm hat sie mir gegeben, in unserem Dorf am See Parvaneh. ‚Bring sie zum Palast und gib sie niemand anderem als Ashraf Durran‘, hat er zu mir gesagt. Das werde ich auch tun.“
Rafi beugte sich vor. „Verwundet? Mein Bruder Omar? Wie ist das passiert?“
Aban runzelte zornig die Stirn. „Dieser Schurke Jalal, der Bandit der Wüste, der uns das Reisen in die Stadt erschwert, hat Prinz Omars ‚halikuptar‘ abgeschossen, Rafi, Sohn des Daud.“
„Ihn abgeschossen!“ Rafi fluchte. „Wer kümmert sich um ihn?“
„Doktar Amina besucht ihn.“
„Das ist wenigstens eine gute Nachricht. Und geht es ihm besser? Hat er sich erholt?“
„Das weiß ich leider nicht, Herr. Ich habe mich gleich an dem Morgen nach dem Feuerwerk auf den Weg gemacht.“
„Es hat ein Feuerwerk gegeben.“
Der Mann hob beide Arme hoch. „Zwei große Feuerwerke waren an dem Abend, als Prinz Omar verwundet wurde, am Himmel zu sehen.“
„Zwei?“ Rafi war irritiert. Omars Nachricht hatte somit gelautet: „Alles in Ordnung.“
„Und dann hat er Euch am nächsten Morgen losgeschickt?“ Unverständlich murmelte er vor sich hin: „Das ergibt keinen Sinn.“
Es trat Schweigen ein. Dann fragte Prinz Rafi: „Aban von Bahram, ich habe Euch schon gesagt, dass Ashraf Durran nicht hier ist und wir ihn auch nicht erwarten. Zweifellos hält er sich im Palast meines Bruders Omar auf. Der Palast liegt am Fluss Sa’adat und ist viele Tagesmärsche von hier entfernt. Ich weiß, Ihr habt schon eine große Strecke hinter Euch. Deshalb werde ich Euch mit der Nachricht in meinem ‚halikuptar‘ zu Ashraf Durran bringen lassen. Euer Maulesel wird hier versorgt, bis Ihr zurückkommt.“
„Prinz Rafi, Ihr seid zuvorkommend“, bedankte sich Aban, verneigte sich und verbarg seine Reaktion auf das Bevorstehende, wie immer er es auch
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