Julia präsentiert Träume aus 1001 Nacht 05
Die Hauptstadt von Zuran ist eine moderne, internationale Weltmetropole!“
Mariella stand an dem großen Nordfenster in ihrem Studio und blickte nachdenklich hinaus. Dieses Dachzimmer mit dem idealen Licht war einer der Gründe gewesen, warum sie das kleine, dreigeschossige Haus überhaupt gekauft hatte. Nun war Fleur satt und zufrieden auf ihrem Arm eingeschlafen. Draußen hatte es aufgehört zu regnen, und die ersten Sonnenstrahlen brachen bereits durch die Wolken. Ein Spaziergang im Park würde ihnen beiden guttun.
Mariella legte Fleur ins Bettchen und ging, um den Kinderwagen bereit zu machen. Als sie die Decke zurückschlug, stieß sie mit den Fingern an ein zusammengeknülltes Stück Papier. Sie nahm es heraus und wollte es schon wegwerfen, als einige Worte in der Handschrift ihrer Schwester ihre Aufmerksamkeit erregten. Das Blatt Papier war ein Brief, und Name und Adresse standen deutlich lesbar oben drüber:
Scheich Xavier Al Agier, Nr. 24, Quaffire Beach Road, Zuran City
Mariellas Herz pochte. Etwas schuldbewusst glättete sie das Blatt und las die erste Zeile:
ich werde den Mann, der mein Leben und das von Fleur zerstört hat, immer dafür hassen …
Offensichtlich handelte es sich um einen Brief, den Tanya an Fleurs Vater geschrieben, aber nie abgeschickt hatte. Tanya hatte sich immer geweigert, über ihre Beziehung mit ihm zu sprechen. Mariella wusste lediglich, dass es sich um einen sehr reichen Mann aus dem Nahen Osten handelte, den ihre Schwester kennengelernt hatte, während sie als Sängerin und Tänzerin in einem Nachtclub gearbeitet hatte. Insgeheim war Mariella immer der Auffassung gewesen, dass er sich seiner Verantwortung für Tanya und Fleur zu leicht entzogen hatte.
Und nun hatte sie also entdeckt, dass er in Zuran lebte! Nachdenklich faltete sie den Brief zusammen. Natürlich hatte sie kein Recht, sich einzumischen. Aber war es denn Einmischung oder nicht vielmehr Schicksal? Wie oft hatte sie sich im Lauf der Jahre die Chance gewünscht, ihren eigenen Vater zur Rede stellen und ihm sagen zu können, was sie davon hielt, wie er ihrer Mutter das Herz gebrochen und damit fast auch ihr Leben zerstört hatte? Ihr Vater war wie ihre Mutter inzwischen gestorben und konnte sein Handeln nie wiedergutmachen. Tanyas Liebhaber aber war noch höchst lebendig, und es würde ihr, Mariella, eine große Genugtuung bereiten, ihm zu sagen, was sie von ihm hielt!
Kurz entschlossen eilte sie erneut zum Telefon und wählte die Nummer ihrer Agentin. „Kate? Ich habe noch einmal über diese Reise nach Zuran nachgedacht …“
„Du hast deine Meinung geändert? Wie wundervoll! Ich verspreche dir, Mariella, du wirst es ganz bestimmt nicht bereuen. Dieser Typ ist wirklich megareich, und was er dir dafür zahlen will, dass du seine vierbeinigen Freunde in Öl unsterblich machst …“
Mariella seufzte resigniert. Kate maß den materiellen Dingen des Lebens zweifellos einen viel zu hohen Wert bei. Aber sie war eine ausgezeichnete Agentin!
1. KAPITEL
Kate hatte nicht übertrieben, dass Prinz Sayid keine Kosten und Mühen scheute, um Mariella nach Zuran zu holen. Dank der Beziehungen des Prinzen war es kein Problem, die nötigen Reisepapiere für Fleur, einschließlich einer Einwilligungserklärung von Tanya, in kürzester Zeit zu besorgen. Und während des Fluges in der ersten Klasse wurde Fleur dann wie eine kleine Prinzessin umsorgt. Nach der Ankunft, so hatte man Mariella informiert, würden sie von einem Wagen abgeholt und zum Beach Club Resort gefahren, wo für die Dauer ihres Aufenthalts ein Luxusbungalow für sie reserviert worden war.
Mit Fleur auf dem Arm blickte Mariella sich also in der modernen, hellen Ankunftshalle des Flughafens von Zuran City um, ob sie vielleicht jemand entdecken würde, der ein Schild mit ihrem Namen hochhielt. Plötzlich merkte sie, dass hinter ihr irgendetwas Ungewöhnliches im Gange war, und so etwas wie ein sechster Sinn veranlasste sie, sich umzudrehen. Wie von Zauberhand befohlen, wichen die Leute auseinander und machten Platz für eine kleine Gruppe von weiß gewandeten Männern. Wie traditionelle Vorreiter schufen sie eine breite Gasse für den Mann, der mit energischen Schritten hinter ihnen kam und sie alle überragte. Da er weder nach rechts noch nach links sah, konnte Mariella den Blick ihres Künstlerauges ausgiebig über das markante Profil dieses Mannes schweifen lassen, der es zweifellos gewohnt war, Befehle zu erteilen.
Unwillkürlich begehrte irgendetwas
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