Julia präsentiert Träume aus 1001 Nacht 3
gleiten. Hier war sie viele Jahre lang glücklich gewesen. Würde das jetzt unweigerlich zu Ende gehen? Zitternd nahm sie den Hörer zur Hand.
„Hallo?“
Es entstand eine kurze Pause, dann hörte sie ihn sagen: „Jenna, bist du es?“
Sie hatte seine Stimme sofort wiedererkannt. Niemals in ihrem Leben würde sie diesen sanften Tonfall vergessen. Es lag ein erotisches Vibrieren in dieser Stimme, das sie niemals bei einem anderen Mann gehört hatte. Gleichzeitig aber gab es da einen metallenen Unterton, der verdeutlichte, dass mit ihm nicht gut Kirschen essen war, wenn man sich seinem Willen widersetzte. Jenna aber war mit der Zeit zu einer modernen, jungen Frau herangereift, die sich an die Freiheit, die in New York herrschte, gewöhnt hatte. Und dennoch schüchterte Scheich Rashid von Quador sie ein. Wie sollte sie sich seinen Wünschen entziehen? Jeder in dem Wüstenstaat wusste doch genau, dass er immer bekam, was er wollte.
„Hier ist Rashid“, sagte er überraschend ruhig, so als sei es die natürlichste Sache auf der Welt, dass er sie anrief. Dabei war es doch Ewigkeiten her, dass sie sich das letzte Mal gesprochen hatten.
„Wie geht es dir?“, fragte Jenna, um nur nicht zu zeigen, wie überrascht und eingeschüchtert sie war.
„Wer war da eben am Telefon?“, fragte er, statt ihr eine Antwort zu geben.
Jenna hätte ihm am liebsten klar und deutlich gesagt, dass ihn das nicht das Geringste anging, doch dann be schloss sie, dass es wohl klüger sei, nicht die direkte Kon frontation zu suchen. Bei Rashid konnte man da eigent lich nur der Verlierer sein. Wenn er sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, gab es nichts und niemanden, das ihn davon abhalten konnte. Das aber kam nicht weiter überraschend, da er schon mit einem goldenen Löffel im Mund geboren war. Von Kindheit auf hatte er doch immer bekommen, was er wollte. In dem Palast war eine ganze Schar von Dienern nur damit beschäftigt gewesen, jeden auch noch so kleinen Wunsch des Jungen zu erfüllen. Wie sollte es ihm da jemals in den Sinn kommen, dass es Men schen gab, die nicht nach seiner Pfeife tanzten?
„Ein Freund“, erwiderte sie kühl und strich sich durchs Haar. „Er heißt Brad.“
Es herrschte einen Augenblick lang gespanntes Schwei gen. Jenna erschauerte unwillkürlich. Ihre schlimmsten Vorahnungen schienen sich zu bestätigen, als sie hörte, wie eisig kalt Rashids Stimme klang. Es machte fast den Eindruck, als konnte er sich kaum noch beherrschen.
„Brad? Was macht denn ein Mann bei dir zu Hause?“
Jenna fragte sich, wie sie auf diese scharfe Frage reagieren sollte. Sicher war Rashid das Oberhaupt ihres Landes, doch andererseits war er der Mann, den sie einst gut gekannt hatte und dessen Braut sie werden sollte. Früher hatte sie ihn oft zum Lachen gebracht, wenn sie unbeschwert zusammen waren. Vielleicht wäre es das Beste, es wieder mit Humor zu versuchen, doch es sah ganz und gar nicht so aus, als würde Rashid die Situation komisch finden. Jenna sagte sich, dass es wohl besser sei, mit Bedacht vorzugehen. Sie warf Brad einen kurzen Blick zu. Er hatte schon verstanden und zog sich zurück.
„Ich habe doch das Recht, gute Freunde bei mir zu be grüßen, schließlich ist das hier nichts Besonderes in New York.“ Bei diesen Worten presste Jenna die Hand so fest um den Telefonhörer, dass die Fingerknöchel weiß hervor traten. Wieder schaute sie sich lange um. Ihr Blick fiel auf ein Gemälde, das Rashids Palast inmitten einer Oase dar stellte. Von dort aus rief er sie jetzt an.
Rashid aber hatte keinen Blick für all die exotischen Pflanzen, die ihn umgaben. Er hatte den Eindruck, dass Jenna ihm etwas verheimlichte, und fragte: „Wie lange kennst du diesen Brad denn schon? Und was heißt das, er ist nur ein guter Freund?“
Natürlich gefiel es ihr überhaupt nicht, so ausgefragt zu werden, doch sie wusste aus Erfahrung, dass es klüger war, Rashid zumindest vordergründig nachzugeben, um dann doch den eigenen Willen durchzusetzen. So hatten es die Frauen in ihrem Land schon seit Jahrhunderten ge halten. Und sicher würde diese Strategie auch mit solch einem stolzen Mann wie Scheich Rashid funktionieren, nur musste er es ja nicht unbedingt wissen.
„Ach, schon seit Ewigkeiten“, erwiderte Jenna schein bar leichthin. „Aber sag mal, Rashid, rufst du mich nur an, um ein wenig mit mir zu plaudern, oder hast du einen besonderen Grund?“
Rashid wäre am liebsten auf der Stelle in Jennas Appartement gestürzt,
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