Julia präsentiert Träume aus 1001 Nacht 3
explodieren lassen konnte, um dann den Palast ungestört zu verlassen?
Rashid schien sich wieder im Griff zu haben. Kühl er klärte er: „Sehr schön, Jenna. Ich werde einen Diener ru fen, der dich in deine Gemächer begleitet. Fühle dich ganz wie zu Hause.“
Sie brachte kein Wort heraus und nickte nur kurz. In ih rem tiefsten Inneren hatte sie nicht damit gerechnet, dass es so einfach sein würde, und immer noch fragte sie sich, ob sich nicht eine Falle hinter seiner scheinbaren Ruhe verbarg. Es wäre für sie nicht überraschend gekommen, wenn er viel heftiger reagiert hätte, da er doch zutiefst in seinem Stolz gekränkt sein musste. Vielleicht war er mo derner und toleranter eingestellt, als sie sich das je hatte träumen lassen.
Doch ein rascher Seitenblick zu Rashid hinüber zeigte ihr, dass sie ihr Glück nicht zu sehr herausfordern sollte. Wer wusste schon, ob er nicht in der nächsten Sekunde die Meinung ändern würde? Mit zitternden Knien verließ Jenna die Privaträume des Scheichs, und ein Diener be gleitete sie zu ihren Gemächern.
Sie liefen durch mehrere Korridore und Räume, von denen man einen herrlichen Blick über den Innenhof hatte. Dann ging es eine geschwungene Treppe hinauf, und schließlich betraten sie einen fantastischen Raum, der gänzlich von einem weiten Balkon umgeben war. Jenna trat ins Freie und atmete tief durch. Hinter den Gärten sah man die Wüste, die im Abendlicht rötlich schimmerte. Und viel weiter am Horizont erahnte man hohe Berge, auf denen Schnee zu liegen schien. Auf einmal zuckte Jenna zusammen, da sie ganz vergessen hatte, dass der Diener noch auf sie wartete.
„Wenn Sie noch etwas wünschen, Madame“, sagte der Diener ein wenig verlegen.
„Nein, danke, es ist schon in Ordnung.“ Jenna brauchte jetzt nur eines, und das war Einsamkeit, um in Ruhe über ihre Lage nachdenken zu können. Außerdem war es wichtig, sich selbst im Griff zu haben, da sie später ihrem Vater gegenübertreten musste, und das konnte schwierig wer den, wenn Rashid schon mit ihm gesprochen hatte. Dann aber atmete Jenna tief durch und sagte zu sich selbst: Was auch immer kommen mag, ich kann auf eigenen Beinen stehen.
Nachdem der Diener das Zimmer verlassen hatte, schau te Jenna sich um. Flache Möbel luden zum Verweilen ein. Dazu schufen dicke Teppiche, Kerzenhalter und strahlend weiße Wände aus Marmor eine beinah feierliche Atmo sphäre. Zum Glück sorgten bunte Blumensträuße für eine heitere Note. Erschöpft ließ Jenna sich auf ein Sofa mit vielen Kissen gleiten.
Selbst in Jahren würde sie niemals vergessen können, wie traurig Rashid gewirkt hatte, als sie von ihrem vor geblichen Liebhaber erzählt hatte. Einen Augenblick lang hatte es so ausgesehen, als ob ihn das wirklich berührt und nicht nur in seinem Stolz verletzt hätte. Jenna hat te sogar manchmal schon den Eindruck gehabt, dass sich hinter der Fassade des mächtigen Scheichs ein höchst sen sibler Mann verbarg – damals, als er sie noch zärtlich an geschaut hatte.
Jenna seufzte auf. Für Reue war es jetzt zu spät! Sie hatte ihr Schicksal selbst in die Hand genommen. Und Rashid würde ihr niemals vergeben. Sie konnte nur hoffen, dass er nicht zu hitzköpfig reagierte und ihrem Vater erzählte, was vorgefallen war. Dann konnte sie den Wüstenstaat verlassen und mit der Zeit versuchen, ihn zu vergessen und ein neues Leben zu beginnen.
Je eher sie hier fertig würde, desto eher konnte sie zu sich zurückkehren. Und ihr Zuhause war jetzt in New York, nicht hier in diesem Palast. Sie ließ Wasser in die Badewanne, gab ein wenig Parfum hinein, das köstlich nach Jasmin duftete, und zog sich aus. Wehmütig legte sie die Jeans, die Bluse und die Unterwäsche aufs Bett und machte ihren Koffer auf, um einen Umhang herauszuho len, wie ihn die Frauen hier seit Jahrhunderten trugen. Nachdenklich strich sie über den feinen Seidenstoff, der mit Gold bestickt war. Manchmal hatte es ihr richtig ge fehlt, den sanften Stoff auf der Haut zu spüren. Diese Um hänge waren sehr angenehm zu tragen und schützten viel besser vor der Hitze als westliche Kleidung.
Dann ließ sie den Umhang über einen Sessel gleiten und ging ins Badezimmer. Wenig später lag sie entspannt in der Wanne und schloss die Augen. Das Parfum verbreitete einen angenehmen Duft, und das Wasser hatte genau die richtige Temperatur. Jenna sagte sich, dass es ihr guttun würde, sich ein wenig Träumereien hinzugeben, bevor sie wieder der harten Wirklichkeit
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