Julia Quinn
nicht so, als besäßest du Freunde, die du davon in
Kenntnis setzen wolltest.«
»Aber wer ...« Ihr stockte der
Atem. Penelope. Natürlich. In ihrer Welt gehörte es sich, Heiraten sofort
durch eine Notiz in der Zeitung bekannt zu geben. Vermutlich hatte sie einfach
vergessen, dass es in diesem Fall nötig war, Verschwiegenheit zu bewahren.
Sie unterdrückte ein Seufzen, da sie
keine Anzeichen von Schwäche zeigen wollte. Oliver Prewitt hätte von ihrer Verbindung
zu Blake nichts erfahren sollen, ehe er festgenommen worden war, aber daran
ließ sich jetzt nun einmal nichts mehr ändern. »Ich habe Sie schon einmal
gebeten zu gehen«, erklärte sie und gab sich dabei Mühe, nicht die Beherrschung
zu verlieren. »Ich wäre Ihnen dankbar, wenn ich mich nicht wiederholen müsste.«
»Ich werde nirgendwohin gehen, bevor
ich nicht dazu bereit bin. Du schuldest mir etwas, Mädchen.«
»Ich schulde Ihnen überhaupt nichts,
außer vielleicht eine Ohrfeige. Und jetzt gehen Sie.«
Er trat ganz dicht vor sie und
packte sie in einem schmerzhaften Griff am Arm. »Ich will bekommen, was mir
gehört.«
Während sie sich aus seinem Griff zu
befreien suchte, blickte sie ihn verwundert an. »Wovon sprechen Sie eigentlich?«
»Du wirst mir die Hälfte deines
Vermögens überschreiben. Als Bezahlung für meine fürsorgliche Erziehung, die
ich dir habe angedeihen lassen.«
Sie lachte ihm ins Gesicht.
»Du kleine Hure«, zischte er. Und
dann, ehe sie Zeit hatte, ihm auszuweichen, hob er seine freie Hand und schlug
ihr mitten ins Gesicht.
Von der Wucht des Schlages wurde sie
nach hinten geworfen und wäre sicherlich gefallen, hätte er sie nicht am Arm
gepackt. Sie sagte nichts; sie hielt es für klüger, den Mund zu halten, da sie
sich selbst nicht über den Weg traute. Und ihre Wange schmerzte. Oliver Prewitt
trug einen Ring an der Hand, mit der er sie geschlagen hatte, und sie
befürchtete,' dass sie blutete.
»Hast du ihm eine Falle gestellt, um
ihn dazu zu bringen, dich zu heiraten?« höhnte er. »Bist du mit ihm ins Bett
gestiegen?«
Unbändige Wut verlieh ihr die Kraft,
sich loszureißen; sie stolperte und musste sich an einem Stuhl abstützen. »Verlassen
Sie mein Haus.«
»Nicht bevor du das hier
unterschrieben hast.«
»Das könnte ich gar nicht, selbst wenn
ich wollte«, versetzte sie mit selbstzufriedener Miene. »Als ich Mr. Ravenscroft geheiratet habe, ist mein Vermögen auf ihn übergegangen. Sie müssen
die englischen Gesetze doch genauso gut kennen wie ich.«
Ihr ehemaliger Vormund begann vor
Wut zu schäumen, und Caroline wurde kühn. »Ich lade Sie herzlich dazu ein, an
meinen Ehemann wegen des Geldes heranzutreten, aber ich warne Sie, er hat ein
teuflisches Temperament, und ...«, sie musterte seine schmächtige Gestalt
abschätzig von Kopf bis Fuß, »außerdem ist er wesentlich größer und kräftiger
als Sie.«
Zornbebend stieß Oliver Prewitt
hervor: »Das wirst du mir büßen, für das, was du mir angetan hast, wirst du mir
büßen!« Er kam drohend auf sie zu, aber bevor er mit seinem Arm zu einem
erneuten Schlag ausholen konnte, erklang eine eiskalte Stimme von der Tür her.
»Was, zum Teufel, geht hier vor?«
Caroline blickte über ihre Schulter
und atmete erleichtert auf. Blake.
Oliver schien nicht zu wissen, was
er antworten sollte, und erstarrte lediglich, den Arm, mit dem er sie hatte
schlagen wollen, immer noch erhoben.
»Hatten Sie etwa vor, meine Gattin
zu schlagen?« Blakes Stimme war gefährlich leise. Er klang ruhig, zu ruhig.
Oliver Prewitt schwieg weiterhin.
Blakes Blick fiel auf die Schramme
auf Carolines Wange. »Haben Sie sie etwa schon geschlagen, Prewitt? Caroline,
hat er Hand an dich gelegt?«
Sie nickte, von der kaum
beherrschten Wut in seiner Stimme wie gebannt.
»Ich verstehe«, sagte Blake
unerwartet gelassen und zog seine Handschuhe aus, während er in den Raum
schlenderte. Er reichte sie Caroline, die sie wortlos entgegennahm.
Blake wandte sich wieder Oliver zu. »Ich
fürchte, da haben Sie einen groben Fehler begangen.«
Oliver Prewitts Augen traten hervor.
Es war offensichtlich, dass er Angst hatte. »Wie bitte?«
Blake zuckte die Schultern. »Es
widerstrebt mir unwahrscheinlich, Sie anzufassen, aber ich habe keine andere
Wahl ...«
Mit einem unangenehmen Geräusch traf
seine Faust Prewitts Auge. Der ältere Mann ging taumelnd zu Boden.
Caroline blieb der Mund offen
stehen. Sie blickte zu Blake, dann nach unten auf ihren ehemaligen Vormund,
dann wieder
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