Julia Quinn
einer angemessenen Garderobe.
Caroline ließ ihre zukünftige Schwägerin alles aussuchen – bis auf eine
Ausnahme. Die Schneiderin hatte einen Ballen blaugrüne Seide in genau dem
Farbton von Carolines Augen, und die zukünftige Mrs. Ravenscroft bestand
darauf, sich daraus ein Abendkleid machen zu lassen. Sie hatte vorher nicht oft
Gedanken an ihre Augen verschwendet, aber nachdem Blake mit seinen
Fingerspitzen ihre Augenlider nachgefahren war und erklärt hatte, die Farbe
ihrer Augen gliche der des Meeres am Äquator ... Nun ja, sie konnte es nicht
verhindern, dass sich doch ein wenig Stolz darauf in ihr regte.
Die Hochzeit wurde im kleinen,
intimen Rahmen gefeiert, mit Penelope, James und den Dienstboten von Seacrest
Manor als einzigen Gästen. Blakes
älterer Bruder wäre gerne gekommen, aber eine seiner Töchter war krank
geworden, und er wollte sie nicht verlassen. Caroline war der Meinung, dass
er sich genau richtig verhielt, und schickte ihm eine Nachricht, in der sie
ihrem Bedauern und gleichzeitig dem Wunsch Ausdruck verlieh, ihn zu einem
passenderen Zeitpunkt kennen zu lernen.
Perriwick war der Brautführer. Mrs.
Mickle war so eifersüchtig auf ihn, dass sie sich nicht davon abbringen ließ,
die Rolle der Brautmutter zu übernehmen, auch wenn ihr das keine wirkliche
Aufgabe bei der Zeremonie verschaffte.
Penelope spielte die Brautjungfer,
James war Trauzeuge, und die ganze Feier wurde sehr schön.
Caroline trug während der nächsten
Tage ständig ein Lächeln auf den Lippen. Sie konnte sich nicht erinnern,
jemals so glücklich gewesen zu sein, wie sie es jetzt als Caroline Ravenscroft
in Seacrest Manor war. Sie besaß einen Ehemann und ein Zuhause, und ihr Leben
war nahezu so vollkommen, wie sie es sich nur vorstellen konnte. Blake hatte
ihr nicht seine Liebe erklärt, aber sie vermutete, dass das auch ein wenig zu viel
verlangt war von einem Mann, der bis vor kurzem noch unter solchem seelischen
Schmerz gelitten hatte.
In der Zwischenzeit, so nahm sie
sich vor, würde sie ihn so glücklich machen, wie es nur ging, und ihn dasselbe
für sie tun lassen.
Jetzt, da Caroline wirklich zu Seacrest Manor gehörte und
umgekehrt, war sie fest entschlossen, dem bescheidenen Besitz ihren Stempel
aufzudrücken. Sie war gerade bei der Gartenarbeit, als Perriwick sie fand. »Mrs.
Ravenscroft«, teilte er ihr mit, »Sie haben einen Besucher.«
»Wirklich?« erkundigte sie sich
erstaunt. Schließlich wusste kaum jemand, dass sie jetzt Mrs. Ravenscroft war. »Wer?«
»Ein gewisser Mr. Oliver Prewitt.«
Sie erblasste. »Oliver Prewitt? Aber
was ... warum?«
»Möchten Sie, dass ich ihn
fortschicke? Oder ich kann auch Mr. Ravenscroft verständigen, dass er sich mit
ihm befasst, wenn Ihnen das lieber ist.«
»Nein, nein«, wehrte sie rasch ab.
Sie wollte nicht, dass ihr Ehemann Oliver Prewitt zu Gesicht bekam. Blake würde
vermutlich die Beherrschung verlieren und es sich später nie verzeihen. Sie wusste, wie viel
es ihm bedeutete, Oliver Prewitt zu verhaften und seinen ganzen Spionagering
aufzudecken. Wenn Blake seine Tarnung auffliegen ließ, würde er nie die
Gelegenheit dazu bekommen.
»Ich werde ihn empfangen«, erklärte
sie fest. Sie holte tief Luft, um ihren Kopf zu klären, und zog ihre
Arbeitshandschuhe aus. Oliver Prewitt hatte jetzt keine Macht mehr über sie,
und sie weigerte sich, ihn zu fürchten.
Perriwick bedeutete ihr, ihm ins
Haus zu folgen. Sie ging mit ihm zum Empfangssalon, und als sie über die Türschwelle in den Raum trat, fiel ihr Blick auf ihren ehemaligen Vormund, der
ihr den Rücken zuwandte, und sie erstarrte.
Sie hatte
beinahe vergessen, wie sehr sie ihn hasste.
»Was wollen Sie, Oliver?« fragte sie
mit ausdrucksloser Stimme.
Er schaute auf, drehte sich zu ihr
um, und in seinem Blick schwangen unzählige Drohungen mit. »Das ist keine sehr
liebevolle Begrüßung für deinen Vormund, Mädchen.«
»Meinen ehemaligen Vormund«, verbesserte sie ihn kühl.
»Eine unbedeutende technische
Unterscheidung«, erwiderte er mit einer wegwerfenden Handbewegung.
»Kommen Sie bitte auf den Punkt,
Oliver«, antwortete sie zähneknirschend.
»Nun gut.« Er kam langsam auf sie
zu, bis sie sich gegenüberstanden. »Du schuldest mir etwas«, verkündete er
leise.
Sie zuckte
nicht zurück. »Ich schulde Ihnen nichts.«
Sie starrten sich eine Weile lang
schweigend an, bevor er den Blickkontakt abbrach und ans Fenster trat. »Einen
netten kleinen Besitz hast du hier.«
Caroline bezwang den
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