Julia Quinn

schweres und seltsam warmes Gewicht auf ihrem Rücken. Das war aber
nicht halb so besorgniserregend wie das kalte Metall der Waffe, die ihr in
die Rippen gedrückt wurde.
    »Nicht bewegen«, grollte eine Stimme
in ihr Ohr. Eine bekannte Stimme.
    »Blake?« krächzte sie.
    »Caroline?« Dann stieß er einen
derart lästerlichen Fluch aus, wie sie ihn noch nie zuvor gehört hatte, und
dabei war sie immer davon ausgegangen, dass sie eigentlich alle schon von ihren
verschiedenen Vormündern gehört hatte.
    »Genau die«, erwiderte sie und
schluckte, »und ich könnte mich gar nicht bewegen, selbst wenn ich wollte. Sie
sind ziemlich schwer.«
    Er rollte sich von ihr herunter und
durchbohrte sie mit einem Blick, in dem sich ein Zehntel
Unglauben mit neun Zehnteln unverhohlener Wut mischten. Caroline wäre es lieber
gewesen, das Verhältnis wäre umgekehrt. Blake Ravenscroft war eindeutig kein
Mann, dem man ungestraft in die Quere kam.
    »Ich bringe Sie um«, fauchte er.
    Sie schluckte wieder. »Wollen Sie
mir nicht erst eine Standpauke halten?«
    Diesmal verriet sein Blick ungläubiges
Erstaunen. »Ich nehme das zurück«, sagte er schließlich durch zusammengebissene Zähne. »Zuerst erwürge ich Sie, dann bringe ich Sie um.«
    »Hier?« erkundigte sie sich mit
zweifelnder Stimme und blickte sich um. »Würde meine Leiche an dieser Stelle
morgen früh nicht unnötig Verdacht erregen?«
    »Was, zum Teufel, tun Sie hier? Sie
hatten eindeutige Anweisungen, in Seacrest Manor zu bleiben ...«
    »Ich weiß«, flüsterte sie drängend
und legte sich den Zeigefinger auf die Lippen, »aber mir ist noch etwas
eingefallen und ...«
    »Es ist mir völlig gleichgültig, was
Ihnen eingefallen ist, und wenn es der Ort wäre, an dem der heilige Gral ist.
Man hatte Ihnen gesagt ...«
    James legte Blake besänftigend eine
Hand auf die Schulter. »Lass sie doch ausreden, Ravenscroft.«
    »Es ist der Butler«, warf Caroline
rasch ein, bevor Blake es sich anders überlegen konnte und sich doch noch
entschied, sie auf der Stelle zu erwürgen. »Farnsworth ... ich hatte seinen Tee
vergessen. Er hat diese seltsame Angewohnheit, müssen Sie wissen. Er trinkt
jeden Abend um zehn Uhr Tee. Und er kommt genau hier ...« Ihre Stimme verlor
sich, während sie einen Lichtstrahl in den Speisesalon fallen sah. Das musste
Farnsworth mit seiner Laterne sein, auf dem Weg durch die Eingangshalle. Die
Türen zum Speisesalon wurden gewöhnlich offen gelassen, so dass, wenn seine Laterne recht hell war, sie den Lichtschein durch das Fenster sehen konnten.
    Es sei denn, er hatte etwas gehört
und war in das Speisezimmer gegangen, um nachzusehen ...
    Sie warfen sich alle drei
augenblicklich zu Boden.
    »Er hat sehr scharfe Ohren«,
wisperte Caroline.
    »Dann halten Sie den Mund«, zischte
Blake zurück.
    Was sie tat.
    Das wandernde Licht verschwand einen
Moment, dann erschien es wieder, aber diesmal im Arbeitszimmer.
    »Ich dachte, Sie hätten gesagt,
Prewitt hielte diesen Raum verschlossen«, flüsterte Blake.
    »Farnsworth hat einen Schlüssel«,
flüsterte Caroline zurück.
    Blake machte mit seinen Händen
scheuchende Bewegungen, um ihr zu bedeuten, sich von dem Fenster des Arbeitszimmers zu entfernen. Deshalb robbte sie auf dem Bauch weiter, bis sie in Höhe
des Speisesalons war. Blake war direkt neben ihr. Sie sah über ihre Schulter
nach James, aber er musste um die andere Ecke gegangen sein.
    Blake deutete auf das Gebäude und
formte lautlos mit den Lippen: »Näher an die Wand.« Caroline folgte seinen Anweisungen, bis sie gegen die kühle Steinmauer von Prewitt Hall stieß. Innerhalb
von Sekunden spürte sie, wie Blake Ravenscrofts warmer Körper sich von der
anderen Seite gegen sie presste.
    Caroline keuchte auf. Der Mann lag
praktisch auf ihr! Sie hätte ihm liebend gerne gehörig ihre Meinung gesagt, nur
wusste sie leider, sie durfte auf keinen Fall ihre Stimme erheben. Nicht zu
vergessen, dass sie mit dem Gesicht auf dem Boden lag und keinesfalls den
Wunsch hegte, Gras in den Mund zu bekommen.
    »Wie alt ist der Butler?«
    Sie hätte beinahe aufgekeucht. Sein
Atem strich warm über ihre Wange, und sie hätte schwören können, dass sie die
Bewegungen seiner Lippen an ihrem Ohr gespürt hatte. »Min ... mindestens
fünfzig«, antwortete sie flüsternd, »aber er ist ein Scharfschütze.«
    »Der Butler?«
    »Er hat in der Armee gedient«,
erklärte sie. »In den Kolonien. Ich glaube, er wurde für seine Tapferkeit
ausgezeichnet.«
    »Das ist wieder