Julia Quinn
nichts anderes vor sich als ein kleines rotes Buch mit endlosen
Edikten. WIE HEIRATET MAN EINEN MARQUIS. Nein, das war unmöglich. »Nein, das
kann nicht sein ...«
Caroline sah James fragend an.
»James?« In ihren Blick trat ein erschrockener Ausdruck, als sie plötzlich
begriff, ungewollt ein Geheimnis verraten zu haben. »O nein, das tut mir Leid!
Ich konnte doch nicht ahnen, dass du inkognito in Danbury House sein
könntest! Du sagtest schließlich, das alles hättest du hinter dir!«
»Was alles?« Elizabeths Stimme
klang ungewöhnlich hoch.
»Hier geht es nicht um das
Kriegsministerium«, stieß James hervor.
»Worum
dann?« fragte Caroline.
»Der Marquis of Riverdale«,
murmelte Elizabeth verstört vor sich hin. »Du bist ein Marquis?«
»Elizabeth.« James ignorierte
Caroline völlig. »Gib mir einen Moment Zeit, dir alles zu erklären.«
Ein Marquis. James war ein Marquis.
Bestimmt lachte er schon seit Wochen heimlich über sie. »Du Schuft!«
zischte sie plötzlich. Und dann besann sie sich auf alles, was sie je über das
Boxen gelernt hatte, holte aus und schlug zu.
James geriet ins Wanken, und
Caroline schrie leise auf. Elizabeth eilte davon.
»Elizabeth!« rief James und
lief hinter ihr her. »Komm sofort zurück! Du wirst mich erst anhören!« Er
packte sie am Ellenbogen.
»Lass mich
los!«
»Erst, wenn
du mir zugehört hast.«
»Ach, du musst ja so viel Spaß
gehabt haben mit mir«, keuchte sie. »Es muss ja so lustig gewesen sein, so
zu tun, als brächtest du mir bei, wie man einen Marquis heiratet! Du Schuft. Du
elender Schuft!«
Er zuckte zusammen beim Klang ihrer
Stimme. »Elizabeth, ich habe niemals ...«
»Hast du
auch mit deinen Freunden über mich gelacht?
Habt ihr alle herzhaft gelacht über
die arme kleine Gesellschaftsdame, die allen Ernstes glaubte, sich einen
Marquis angeln zu können?«
»Elizabeth, ich hatte gute Gründe
dafür, meine Identität geheim zu halten. Du ziehst voreilige Schlüsse.«
»Sprich nicht so schulmeisterlich
mit mir«, schleuderte sie ihm entgegen und versuchte sich aus seinem Griff
zu befreien. »Sprich überhaupt nie wieder mit mir!«
»Ich werde dich nicht gehen lassen,
ehe du mich nicht angehört hast.«
»Und ich habe es zugelassen, dass du
mich berührst«, sagte sie tonlos, das Entsetzen stand ihr ins Gesicht
geschrieben. »Ich habe zugelassen, dass du mich berührst, und es war alles nur
eine Lüge.«
Er packte nun auch ihren anderen Arm
und riss sie an sich. »Wage niemals, das eine Lüge zu nennen!« fuhr er sie
an.
»Was war es dann? Du liebst mich
doch gar nicht. Du respektierst mich ja nicht einmal genug, um mir zu verraten, wer du wirklich bist.«
»Du weißt, dass das nicht wahr
ist.« Er hob den Kopf und merkte, dass sich rund um Caroline, die etwa
zehn Meter weiter entfernt stand, eine kleine neugierige Menge gebildet
hatte. »Komm mit, Elizabeth«, forderte er sie auf und zog sie um die
Hausecke. »Darüber werden wir unter vier Augen reden.«
»Ich gehe nirgends mit dir
hin.« Vergeblich versuchte sie sich ihm zu widersetzen, aber er war zu
stark für sie. »Ich gehe jetzt nach Hause, und wenn du mich auch nur einmal
wieder ansprichst, übernehme ich keine Garantie für die Konsequenzen.«
»Elizabeth, du bist
unvernünftig.«
Sie wusste nicht, ob es an seinen
Worten oder an seiner Stimme lag, jedenfalls explodierte sie. »Sag du mir
nicht, was ich bin!« Sie trommelte mit den Fäusten gegen seine Brust. »Sag
du mir nie wieder etwas!«
James stand bewegungslos da und ließ
ihre Hiebe über sich ergehen. Er verhielt sich so still, dass sie irgendwann
aufhörte.
Sie wich zurück, und ihre Brust hob
und senkte sich schwer. »Ich hasse dich«, stieß sie hervor.
Er schwieg.
»Du hast keine Ahnung, was du
angerichtet hast«, flüsterte sie und schüttelte ungläubig den Kopf. »Du
glaubst bestimmt sogar, gar nichts Falsches getan zu haben.«
»Elizabeth.« Er hätte nie
gedacht, wie viel Kraft es kosten könnte, ein einziges Wort auszusprechen.
In ihre Augen trat plötzlich ein
beinahe mitleidiger Ausdruck, als begriffe sie auf einmal, dass er ihrer
Liebe und Achtung niemals würdig sein könnte. »Ich gehe jetzt nach Hause. Du
kannst Lady Danbury mitteilen, dass ich kündige.«
»Du kannst nicht kündigen.«
»Und weshalb nicht?«
»Sie braucht dich. Und du brauchst
...«
»Das Geld?« spie sie förmlich
aus. »Wolltest du das sagen?«
Er spürte, wie seine Wangen heiß
wurden, und wusste, dass sie die Antwort in
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