Julia Quinn
gesagt, dass ihre Freunde
alle reich und von Adel sind.«
»Ja, aber an solchen Tagen gibt sie
mir' immer frei. Sie meint, sie braucht meine Gesellschaft nicht, wenn das Haus
voller Gäste ist.«
»Du wirst eben einen Weg finden
müssen, das zu umgehen. Denke dir irgendeinen Grund aus, warum du sie
unbedingt aufsuchen musst. Und was ist mit diesem Ball Ende des Monats? Sagtest
du nicht, zu so etwas würdest du immer eingeladen?«
»Es soll sogar ein Maskenball
werden. Das hat sie mir gestern verraten.«
»Umso besser! Vielleicht sind wir
nicht geschickt genug, dir ein hochmodisches Ballkleid zu nähen, aber ein Kostüm
bringen wir sicher zu Stande.« Susan wedelte lebhaft mit den Händen,
während sie sprach, und einen seltsamen Augenblick lang glaubte Elizabeth,
sich selbst als Vierzehnjährige vor sich zu sehen – damals, als sie noch der
Überzeugung gewesen war, alles wäre möglich. Ehe ihr Vater gestorben war und
sie mit einem Berg von Verantwortung zurückgelassen hatte. Ehe er gestorben
war und die Unschuld ihrer Kindheit mit sich fortgenommen hatte.
»Wir sehen uns so ähnlich, du und
ich«, flüsterte sie.
Susan zuckte zusammen. »Wie
bitte?«
»Ach, nichts.« Elizabeth
zögerte und lächelte dann wehmütig. »Manchmal erinnert mich unsere große Ähnlichkeit nur daran, dass ich früher genauso war wie du jetzt.«
»Und nun bist du es nicht mehr?«
»Nein, im Grunde nicht. Nur manchmal, ein ganz klein wenig.« Impulsiv küsste sie
ihre Schwester auf die Wange. »Diese Momente liebe ich am meisten.«
Susans Augen schimmerten verdächtig
feucht, doch dann gab sie sich einen Ruck und setzte wieder ihr vernünftiges
Gesicht auf. »Wir müssen auf das eigentliche Thema zurückkommen.«
Elizabeth lächelte. »Ich habe
inzwischen ganz vergessen, was das war.«
Susan seufzte ungeduldig. »Wann
empfängt Lady Danbury das nächste Mal Gäste? Ich meine nicht den Maskenball, sondern ganz normalen Besuch.«
»Ach, das.« Elizabeths Miene
verfinsterte sich. »Ende dieser Woche erwartet sie ein paar Leute. Es ist eher
ein zwangloses Treffen, kein offizielles Fest. Ich habe die Einladungen geschrieben.«
»Wie viele werden kommen?«
»Wohl nicht mehr als zehn oder
zwölf. Es ist nur für einen Nachmittag. London ist schließlich nicht weit entfernt, so dass die Leute nicht in Danbury House zu übernachten brauchen und
wieder zurückfahren können.«
»Du musst dabei sein.«
»Susan, ich bin nicht
eingeladen!«
»Bestimmt nur, weil sie glaubt, du
würdest ohnehin nicht zusagen. Wenn du ihr sagst ...«
»Ich werde nicht um eine Einladung
betteln«, unterbrach Elizabeth sie hitzig. »Selbst ich habe viel zu viel
Stolz für so etwas.«
»Kannst du denn Freitag nicht
zufällig irgendetwas dort liegen lassen? Dann müsstest du Samstag hingehen, um
es zu holen.« Susans Gesichtsausdruck spiegelte mehr Hoffnung als innere
Überzeugung wider. »Vielleicht wirst du dann eingeladen, dich der Gesellschaft
anzuschließen.«
»Meinst du nicht, dass Lady Danbury
das sehr merkwürdig vorkommen würde?« wehrte Elizabeth ab. »Seit fünf
Jahren bin ich nun schon ihre Gesellschaftsdame, und noch nie habe ich etwas
dort liegen gelassen!«
»Vielleicht findet sie es
merkwürdig, vielleicht auch nicht«, gab Susan achselzuckend zurück. »Wenn
du es allerdings nicht ausprobierst, wirst du es nie erfahren. Außerdem findest
du ganz sicher keinen Ehemann, wenn du dich hier versteckst.«
»Also gut«, sagte Elizabeth
widerwillig. »Ich werde es tun. Aber erst, nachdem ich die Gästeliste überprüft
habe, und dann auch nur, wenn ich ganz sicher sein kann, dass wenigstens ein
Junggeselle dabei ist. Ich werde diese Peinlichkeit doch nicht auf mich
nehmen, wenn ich hinterher feststelle, dass nur Ehepaare anwesend sind!«
Susan klatschte in die Hände.
»Ausgezeichnet! Und bis dahin wirst du weiterhin an Mr. Siddons üben.«
»Nein. Das werde ich ganz sicher
nicht.«
»Aber ...«
»Ich sagte Nein. Ich werde keinen
Schritt mehr auf ihn zu tun.«
Susan zog unschuldsvoll die Brauen
hoch. »Gut. Das ist auch nicht nötig. Mrs. Seeton ist ohnehin dagegen. Doch
wenn du ihm zufällig über den Weg laufen solltest ...«
»Das ist unwahrscheinlich, da ich
vorhabe, ihm aus dem Weg zu gehen, als hätte er eine ansteckende
Krankheit.«
»Nur für den Fall, dass ...«
»Susan!« Elizabeth bedachte sie
mit einem strengen Blick.
»Schön, aber wenn du ...«
Elizabeth hielt die Hand hoch.
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