Julia Quinn
»Kein
Wort mehr, Susan. Ich gehe jetzt nach Danbury House, wo ich mich um Lady
Danbury kümmern werde. Und zwar ausschließlich um sie. Habe ich mich klar
ausgedrückt?«
Susan nickte nicht sehr überzeugend.
»Dann einen schönen Tag für dich.
Ich bin sicher, wenn ich wieder nach Hause komme, werde ich nichts zu berichten haben.« Elizabeth öffnete die Haustür. »Heute wird es sehr ereignislos
werden. Dessen bin ich mir ganz gewiss. Höchstwahrscheinlich werde ich Mr.
Siddons nicht einmal von weitem zu Gesicht bekommen.«
Da sollte sie sich täuschen. Denn er
erwartete sie bereits am Eingang.
»Miss Hotchkiss«, begann er mit
so liebenswürdiger Stimme, dass Elizabeth ihm nicht ganz traute. »Es ist mir
ein Vergnügen, Sie wieder zu sehen!«
Elizabeth war hin- und hergerissen.
Einerseits wäre sie am liebsten ins Haus geflüchtet, andererseits hätte sie nur
zu gern das selbstsichere Lächeln aus seinem Gesicht vertrieben. Ihr Stolz setzte sich
durch. Sie setzte einen hochmütigen Ausdruck auf, den sie sich von Lady Danbury abgeguckt hatte, und fragte etwas unterkühlt: »Ach, tatsächlich?«
Sein rechter Mundwinkel zuckte
leicht. »Sie scheinen mir nicht zu glauben.«
Elizabeth atmete tief durch. Was
sollte sie jetzt machen? Sie hatte sich geschworen, die Regeln aus diesem Buch
nicht mehr an diesem Mann auszuprobieren. Er war eindeutig zu versiert in der
Kunst des Flirtens, um sich von ihren unbeholfenen Versuchen beeindrucken zu
lassen. Und nach dem gestrigen Debakel mit den Steckrüben hielt er sie
wahrscheinlich ohnehin für eine Närrin. Und das alles beschwor die Frage herauf
was wollte er eigentlich von ihr?
»Miss Hotchkiss«, meinte er
zögernd, nachdem er vergeblich auf eine Bemerkung von ihr gewartet hatte.
»Ich hatte nur gehofft, dass wir irgendwie Freundschaft schließen könnten.
Immerhin werden wir beide in Danbury House arbeiten, und wir haben beide eine
gewisse Sonderstellung inne. Wegen unserer Abstammung zählen wir nicht zur
einfachen Dienerschaft, andererseits aber auch noch lange nicht zur
Familie.«
Sie dachte über seine Worte nach,
oder genauer gesagt über seinen Tonfall, der verdächtig freundlich war. Dann
betrachtete sie seine Miene, und sie wirkte ebenso freundlich und
liebenswürdig. Bis auf seine Augen ... In ihnen verbarg sich etwas. Etwas ...
Wissendes. »Warum sind Sie so nett zu mir?« entfuhr es ihr.
Er sah sie erstaunt an. »Ich glaube,
ich kann Ihnen nicht recht folgen.«
Sie richtete den Zeigefinger auf
ihn. »Ich weiß, was Sie vorhaben, also machen Sie mir nichts vor.«
Er zog eine Braue hoch. »Wie
bitte?«
»Sie sind sehr charmant, wissen
Sie.«
Eine Weile sagte er gar nichts. »Da
bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als mich zu bedanken.«
»Das war nicht unbedingt ein
Kompliment.«
»Aber es hätte eins sein
können?«
Sie schüttelte den Kopf. »Sie wollen
etwas von mir.«
»Nur Ihre Freundschaft.«
»Nein, Sie wollen noch etwas, und
Sie setzen Ihren Charme ein, um es zu bekommen.«
»Funktioniert es?«
»Nein!«
Er seufzte. »Schade. Normalerweise
schon.«
»Sie geben es also zu?«
»Das werde ich wohl müssen.« Er
hob resigniert die Hände. »Aber wenn ich Ihre Fragen beantworten soll, werden
Sie mir den Gefallen tun und ein paar Minuten mit mir spazieren gehen
müssen.«
Elizabeth schüttelte den Kopf. Mit
diesem Mann würde sie nirgendwo allein hingehen, es war viel zu gefährlich.
»Das geht nicht. Lady Danbury erwartet mich.«
Er klappte seine Taschenuhr auf.
»Erst in einer Viertelstunde.«
»Und woher wollen Sie das
wissen?«
»Bitte bedenken Sie, dass ich
eingestellt wurde, um mich um ihre Angelegenheiten zu kümmern.«
»Sie sind aber nicht ihr
Sekretär.« Elizabeth verschränkte die Arme vor der Brust. »Verwalter
organisieren nicht den Tagesablauf ihrer Arbeitgeber.«
Vielleicht bildete sie es sich nur
ein, aber sein Blick schien wärmer zu werden. »Ich war immer schon der Meinung, dass nichts kostbarer ist als gute Informationen. Lady Danbury ist eine
sehr anspruchsvolle Frau. Ich hielt es für klug, mich mit ihrem Tagesablauf
vertraut zu machen, damit ich sie nicht unnötig störe.«
Elizabeth presste die Lippen
aufeinander. Natürlich hatte er Recht, dieser verwünschte Mann. Das war das
Erste, was sie selbst auch getan hatte, als sie Lady Danburys
Gesellschaftsdame geworden war.
»Ich sehe, Sie stimmen mir zu, auch
wenn Sie mir nicht die Freude machen wollen, es zuzugeben.«
Sie sah ihn aufgebracht an. Er
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