Julia Quinn
er anderer
Meinung, aber er nahm an, sie würde ihm nicht glauben, wenn er es ihr sagte.
»Haben Sie schon bestimmte Kandidaten im Sinn?«
Sie schwieg auffallend lange, ehe
sie antwortete. »Nein.«
»Aber Sie denken doch an einen
bestimmten Mann.«
Wieder sagte sie eine ganze Weile
nichts. »Er ist nicht geeignet«, meinte sie schließlich in einem Tonfall,
der besagte, dass sie nicht weiter darüber sprechen wollte.
»Welche Ansprüche stellen Sie
denn?«
Sie seufzte matt. »Ich möchte nicht
geschlagen werden, ich möchte nicht betrogen werden ...«
»Donnerwetter, Sie verlangen ja
wirklich viel!«
»Vergessen Sie alles, was ich gesagt
habe!« fuhr sie ihn an. »Ich weiß ohnehin nicht, warum ich überhaupt mit
Ihnen darüber rede. Sie haben offensichtlich keine Ahnung, wie es ist, wenn man
verzweifelt ist, wenn man keine Möglichkeiten hat, wenn man von vornherein
weiß, dass alles, was man tut, sinnlos ist...«
»Elizabeth«, unterbrach er sie
sanft und griff behutsam nach ihrer Hand. »Es tut mir Leid.«
»Er muss Geld haben«, erklärte
sie dumpf. »Ich brauche Geld.«
»Ich verstehe.«
»Das bezweifle ich zwar, aber es
genügt auch, wenn Sie wissen, dass ich völlig mittellos bin.«
»Zahlt Lady Danbury Ihnen nicht
genug, dass Sie davon leben können?« erkundigte er sich ruhig.
»Doch, aber es reicht nicht, um
meine jüngeren Geschwister ebenfalls zu unterstützen. Und Lucas muss einfach nach Eton gehen.«
»Ja, das sollte jeder Junge«,
stimmte er zerstreut zu. »Er ist ein Baronet, sagten Sie?«
»Das sagte ich zwar nicht, aber es
stimmt.«
»Dann muss Lady Danbury es mir
erzählt haben.«
Sie zuckte die Achseln und lachte
verbittert auf. »Das ist hier jedem bekannt. Wir sind in dieser Gegend das
Paradebeispiel für verarmten Landadel. Sie sehen also, ich bin nicht gerade
eine gute Partie. Alles, was ich anbieten kann, ist der Stammbaum meiner
Familie, und nicht einmal der ist sonderlich beeindruckend. Schließlich
entstamme ich nicht dem Hochadel.«
»Nein«, räumte er nachdenklich
ein. »Dennoch sollte man meinen, dass viele Männer gern in den Landadel einheiraten möchten, vor allem, wenn ein Titel vorhanden ist. Dazu kommt, dass Sie
auffallend schön sind.«
Sie hob den Kopf und sah ihn scharf
an. »Machen Sie sich nicht über mich lustig!«
Er lächelte ungläubig. Sie hatte
eindeutig keine Ahnung, wie sie aussah und wie sie auf Männer wirkte.
»Man hat mir gesagt, ich sei
einigermaßen hübsch«, berichtete sie. Nun, etwas Ahnung davon hatte sie
vielleicht doch. »Aber schön ist sicherlich weit übertrieben.«
Er winkte ab. »Das werden Sie schon
mir überlassen müssen. Wie ich bereits sagte, es gibt bestimmt einige Männer
hier in der Umgebung, die Sie gern heiraten würden.«
»Einen gibt es«, gab sie mit
angewiderter Miene zu. »Einen Squire, hier aus dem Dorf. Aber er ist alt, fett
und böse. Meine Schwester hat bereits angedroht, ins Armenhaus zu gehen, wenn
ich ihn heirate.«
»Ich verstehe.« James rieb sich
das Kinn und suchte nach einer Lösung für ihr Dilemma. Es kam ihm wie ein
Verbrechen vor, wenn sie irgendeinen abstoßenden Squire heiraten sollte,
der doppelt so alt war wie sie. Vielleicht konnte er irgendetwas tun. Er hatte
genug Geld, um ihren Bruder hundert Mal nach Eton schicken zu können. Besser
gesagt, der Marquis of Riverdale hatte es. James Siddons, ein einfacher
Verwalter, verfügte nicht über diese Mittel. Aber er konnte möglicherweise eine
anonyme Schenkung arrangieren. Bestimmt war Elizabeth nicht so stolz, dass
sie einen solch unerwarteten Segen ablehnte. Ein Geschenk ganz für sich allein
würde sie mit absoluter Sicherheit ausschlagen, aber wenn es um das Schicksal
ihrer Familie ging ... James nahm sich vor, baldmöglichst seinen Anwalt zu
kontaktieren.
Sie lachte unbehaglich. »Nun denn,
wenn Sie nicht irgendwo heimlich ein Vermögen versteckt haben, sehe ich
wirklich nicht, wie Sie mir helfen könnten.«
»Ich dachte daran, Ihnen auf andere
Art zu helfen«, umging er eine direkte Lüge.
»Was meinen Sie damit?«
Er wählte seine folgenden Worte mit
äußerstem Bedacht. »Ich habe ein wenig Ahnung von der Kunst des Flirtens.
Ehe ich mir eine Anstellung suchte, hatte ich ... nun, ja,
nicht direkt, aber am Rande mit der gehobeneren Gesellschaft zu tun.«
»In London etwa?« fragte sie
zweifelnd.
»Ich werde die komplizierten Abläufe
einer Saison in London niemals durchschauen«, bemerkte er mitfühlend.
»Ach, das macht nichts,
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