Julia Quinn
bin davon überzeugt, dass ich
Ihnen helfen kann.«
»Ich höre gar nicht zu.«
Er nahm ihre Hände und drückte sie
nach unten. »Ich kann Ihnen helfen«, wiederholte er.
»Mir ist nicht mehr zu helfen.«
Er lachte leise auf. »Na, na, na!
Seien Sie doch nicht so pessimistisch!«
»Warum lesen Sie das bloß?«
wollte sie wissen. Liebe Güte, was konnte ein so gut aussehender, charmanter
Mann nur so interessant an diesem Buch finden? Ganz simpel ausgedrückt, war es
eine Abhandlung für verzweifelte Frauen. Und mieden Männer solche Frauen nicht
meist wie die Pest?
»Führen Sie es auf meine
unersättliche Neugier zurück«, erklärte er. »Wie hätte ich denn
widerstehen können, nachdem ich mir das Buch heute Morgen auf so heldenhafte
Weise angeeignet habe?«
»Heldenhaft?« spottete sie.
»Sie haben es einfach unter mir weggezogen!«
»Das Wort ,heldenhaft' kann
vielfältig interpretiert werden«, gab er zurück und bedachte sie mit
seinem gefährlichen, aufregenden Lächeln.
Elizabeth schloss die Augen und
seufzte verwirrt. Das war eine der seltsamsten Unterhaltungen, die sie je
geführt hatte, und doch kam ihr alles ziemlich selbstverständlich vor. Das
Erstaunlichste war, dass sie nicht wirklich verlegen war. Sicher, ihre Wangen
waren bestimmt leicht gerötet, und sie konnte selbst nicht fassen, welche
Worte da über ihre Lippen kamen, aber
normalerweise hätte sie längst vor Scham im Boden versinken müssen.
Sie erkannte, dass es an James lag.
Er hatte etwas an sich, dass sie sich in seiner Gegenwart sehr entspannt
fühlte. Sicher, es gab an ihm auch eine gefährliche, geheimnisvolle Seite, und
manchmal sah er sie so glühend an, dass es ihr buchstäblich den Atem verschlug,
aber abgesehen davon war es unmöglich, sich in seiner Gesellschaft nicht wohl
zu fühlen.
»Worüber
denken Sie gerade nach?«
Sie schlug die Augen wieder auf.
»Dass ich mich nicht erinnern kann, wann ich mich das letzte Mal so lächerlich
gefühlt habe.«
»Unsinn.«
»Manchmal komme ich eben nicht
dagegen an«, erwiderte sie bescheiden.
Er überhörte ihre Bemerkung und
hielt das Buch hoch. »Das hier beinhaltet gewisse Probleme.«
»Das
Buch?«
»Viele
Probleme sogar.«
»Ich freue mich, das zu hören. Ich
muss gestehen, es kam mir außerordentlich kompliziert vor, alle ihre Edikte zu
befolgen.«
James begann, auf und ab zu gehen,
der Blick seiner braunen Augen war eindeutig gedankenverloren. »Für mich steht
ganz fest, dass diese Mrs. Seeton – falls das wirklich ihr richtiger Name ist –
niemals einen Mann beim Aufstellen ihrer Regeln zu Rate gezogen
hat.«
Elizabeth
fand das so interessant, dass sie sich setzte.
»Sie kann so viele Regeln und
Vorschriften anbieten, wie sie will, aber ihre Methode ist fehlerhaft«,
führte er weiter aus. »Sie behauptet, dass man einen Marquis heiraten wird,
wenn man sich genau an ihre Edikte hält...«
»Ich glaube, sie meinte generell
irgendeinen Gentleman«, unterbrach ihn Elizabeth. »Mit dem Titel ,Marquis'
wollte sie die potenziellen Leserinnen nur noch aufmerksamer auf ihr Buch
machen.«
Er schüttelte den Kopf. »Das macht
keinen großen Unterschied. Ob Marquis oder ganz allgemein ein Gentleman –
letztlich sind wir alle Männer.«
»Nun
ja«, sagte sie gedehnt. »Das sollte man meinen.«
Er beugte sich vor und sah sie
eindringlich an. »Ich frage Sie eines: Wie kann Mrs. Seeton, wenn sie
tatsächlich so heißt, beurteilen, welche ihrer Regeln sinnvoll ist und welche
nicht?«
Elizabeth überlegte. »Wahrscheinlich
war sie Anstandsdame bei einigen jungen Debütantinnen und ...«
»Unlogisch«, fiel er ihr ins
Wort. »Der einzige Mensch, der wahrhaftig beurteilen kann, ob diese Regeln
sinnvoll sind, ist ein Marquis.«
»Oder ganz allgemein ein lediger
Gentleman.«
»Oder ganz allgemein ein lediger
Gentleman«, stimmte er zu. »Da das auf mich ja auch einigermaßen zutrifft,
kann ich Ihnen jedoch versichern, dass falls eine solche Frau, die alle diese
Regeln befolgt, auf mich zukäme ...«
»Aber das würde sie ja nicht
tun!« erinnerte sie ihn. »Nicht, wenn sie sich an Mrs. Seetons
Empfehlungen hält. So etwas wäre strikt gegen die Regeln. Eine Dame muss
abwarten, bis ein Gentleman auf sie zukommt. Ich weiß nicht mehr genau,
welches Edikt das war, aber es steht in dem Buch, da bin ich mir sicher.«
»Was nur beweist, wie unsinnig das
meiste in diesem Buch ist. Was ich jedoch sagen wollte, war – wenn mir je ein
Schützling von Mrs. Seeton begegnen
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