Julia Quinn
Angst und Zorn schlotterte, erweiterte James seine Drohung noch für den Fall, dass Fellport näher als zwanzig
Meter an Elizabeth oder ihr Haus herankam.
Denn wenn James seinen Plan, sie zu
heiraten, in die Tat umsetzte, dann würden sich ihre Wege in London unweigerlich kreuzen.
»Haben wir uns verstanden?«
erkundigte James sich mit Furcht erregender Gelassenheit.
Fellport nickte.
»Dann verschwinde jetzt auf der
Stelle.«
»Ich muss noch meine Sachen
zusammenpacken.«
»Ich werde sie dir
nachschicken«, wehrte James schroff ab. »Bist du mit deiner eigenen
Kutsche gekommen?«
Fellport schüttelte den Kopf. »Nein,
ich bin bei Binsby mitgefahren.«
»Gut. Bis zum Dorf ist es nur eine
knappe Meile. Dort kannst du eine Mietdroschke nach London nehmen.«
Fellport nickte.
»Und wenn du auch nur ein Wort von
all dem hier verlauten lässt; wenn du auch nur ein Wort über meine Anwesenheit hier verlierst, hat dein letztes Stündlein geschlagen«, teilte
James ihm eiskalt mit.
Fellport sah aus, als hätte er nur
zu gern den Befehl befolgt, von hier zu verschwinden, aber James hielt ihn immer noch am Kragen fest.
»Noch eins. Wenn du mich erwähnst,
werde ich dich, wie gesagt, töten. Aber wenn du Miss Hotchkiss erwähnst ...
dann werde ich das ganz langsam tun.« Abrupt ließ er Fellport los. Der
Baronet strauchelte, fing sich aber und rannte wie gehetzt davon. James sah ihm
nach, bis er verschwunden war, dann ging er zum Stall zurück. Es hatte ihm
nicht behagt, Elizabeth nach einem so entsetzlichen Erlebnis allein lassen zu
müssen, aber er hatte keine andere Wahl gehabt. Er hatte sich mit Fellport
beschäftigen müssen, und er glaubte nicht, dass Elizabeth auch nur eine Minute
länger als nötig mit diesem Schuft zusammen in einem Raum hatte sein wollen.
Ganz zu schweigen davon, dass Fellport jeden Moment James' wahre Identität
hätte verraten können.
Schon als er den Stall betrat, hörte
er sie weinen. »Verdammt«, flüsterte er vor sich hin. Er wusste nicht,
wie er sie trösten sollte, er hatte nicht die geringste Ahnung, was er tun
konnte. Ihm war nur klar, dass sie ihn brauchte, und er hoffte inständig, dass
er nicht versagte.
Die Boxentür hing noch immer schief
in den Angeln. Elizabeth kauerte an der gegenüberliegenden Wand, sie hatte
die Arme um die angezogenen Beine geschlungen und den Kopf auf die Knie gelegt.
Dem Kater war es irgendwie gelungen, sich trotzdem auf ihren Schoß zu schieben,
und zu James' Erstaunen sah es so aus, als versuchte er sie zu trösten.
»Elizabeth«, flüsterte er.
»Ach, Elizabeth.«
Sie schwankte leicht hin und her,
und er sah, wie sich ihre Schultern bei jedem stockenden Atemzug hoben und
senkten.
Er kannte diese Art zu atmen. So
atmete man, wenn man mit aller Kraft versuchte, seine Empfindungen zu unterdrücken, aber einfach nicht stark genug dafür war.
Mit ruhigen Bewegungen setzte er
sich neben sie ins Stroh und legte den Arm um ihre Schultern. »Er ist
fort«, sagte er leise.
Sie antwortete nicht, aber er
spürte, wie sich ihr Körper anspannte.
James betrachtete sie verstohlen. Ihr
Kleid war zwar schmutzig, doch nicht zerrissen. Obwohl er sich zwar ziemlich sicher war, dass es Fellport
nicht gelungen war, sie zu vergewaltigen, betete er insgeheim doch, dass es
nicht zu mehr gekommen war als zu einem brutalen Kuss. Ein Kuss? Was
immer Fellport ihr auch angetan hatte, wie sehr er ihr seinen Mund aufgezwungen
haben mochte – ein Kuss war das nicht gewesen.
Er ließ den Blick höher wandern. In
ihrem hellblonden Haar hatten sich Strohhalme verfangen, und obwohl er ihr
Gesicht nicht sehen konnte, wirkte sie unendlich verloren.
Er ballte die Hand zur Faust. Es
stürzte wieder über ihm zusammen – das altvertraute Gefühl der Hilflosigkeit.
Er konnte ihr Grauen förmlich spüren, es übertrug sich auf ihn und ließ ihn
erschauern. »Bitte«, flüsterte er. »Sag mir, was ich für dich tun
kann.«
Sie sagte nichts, schmiegte sich
aber dichter an ihn.
»Er wird dich nie wieder
belästigen«, teilte er ihr leidenschaftlich mit. »Das verspreche ich
dir.«
»Ich habe mich so bemüht, stark zu
sein«, stieß sie hervor. »Jeden Tag, ich habe mich so bemüht...«
James drehte sie zu sich herum und
packte sie bei den Schultern, so dass sie gezwungen war, ihn aus verweinten
Augen anzusehen. »Du bist stark. Du bist die stärkste Frau, die ich
kenne.«
»Ich habe mir solche Mühe
gegeben«, wiederholte sie, als wolle sie sich das immer wieder
Weitere Kostenlose Bücher