Julia Saison Band 01
nicht. Ich will nur dich, selbst wenn du gerade kratzbürstig bist. Du sollst deinen Beruf ebenso ausüben wie ich meinen, trotz der verrückten Arbeitszeiten. Wir sind beide selbstständige Menschen, die längst bewiesen haben, dass sie es allein schaffen. Wenn wir zusammen sind, dann deshalb, weil wir es so wollen. Weil wir füreinander bestimmt sind.“ Er trat einen Schritt näher, und diesmal wich sie nicht zurück. „Eigentlich brauchst du nicht an mich und nicht mal an dich selbst zu glauben, obwohl du das tun solltest. Hauptsache, du glaubst an uns beide. An das, was wir haben, was wir zusammen sein können.“
„Ich muss auf eigenen Füßen stehen und will mich nicht auf jemand anderen stützen.“
„Etwas anderes kann ich mir von dir auch nicht vorstellen. Du bist die eigenständigste Frau, die ich kenne. Außerdem gehören zu einer guten Beziehung zwei Menschen, die allein zurechtkommen, aber wissen, dass sie sich aufeinander stützen können, falls es nötig sein sollte. Ich bin für dich da, wann immer du dich anlehnen willst, aber ich suche nicht nach einer Klette. Ich brauche jemanden, der mir nicht böse ist, wenn die Pflicht auch an Feiertagen ruft. Jemanden, der versteht, dass der Beruf Vorrang hat. Auch wenn ich jetzt im Büro sitze, habe ich keine geregelten Arbeitszeiten, und das wird so bleiben. Aber ich denke, das macht unsere gemeinsame Zeit umso kostbarer.“
Carly äußerte sich nicht dazu, weil sie nicht wusste, was sie dazu sagen sollte.
Nach einer Weile brach Chuck das Schweigen. „Ich will dich. Ich liebe dich. Daran wird sich nichts ändern. Sag mir Bescheid, wenn du dich entschieden hast.“
Sie machte sich darauf gefasst, dass er sich umdrehte und ging. Stattdessen zog er sie in die Arme und küsste sie.
Doch kaum entspannte sie sich und wurde nachgiebig, da wich er zurück. „Komm zu mir, wenn du so weit bist. Lass nur nicht zu lange auf dich warten, okay?“
Diesmal ging er wirklich.
Alles Weitere lag bei ihr. Sie hielt die Fäden in der Hand.
Der Gedanke wirkte ebenso befreiend wie damals die Vorbereitung ihrer ersten Liebesnacht mit Chuck.
Sie musste sich entscheiden. Er vertraute darauf, dass sie die richtige Entscheidung traf.
Und sie musste ihm recht geben. Die Frage war nicht, ob sie ihm vertraute, sondern sich selbst.
Sie spähte durch den Vorhang. Ihre Freundinnen tanzten immer noch. Zwei Paare, die alle Hürden genommen und es entgegen aller Wahrscheinlichkeit geschafft hatten.
Auch Chucks Eltern waren noch auf dem Parkett und sahen so aus, als wären sie füreinander bestimmt.
Und Anderson saß immer noch am Tisch und beobachtete die Tanzenden. Allein. In Trauer um die Frau, die er geliebt und verloren hatte. Vermutlich hätte er alles für eine zweite Chance mit Julia gegeben.
Einen Moment lang schloss Carly die Augen. Was hätte er dazu gesagt, dass Angst sie davon abhielt, zu dem Mann zu stehen, für den ihr Herz schlug?
War ihre Angst größer als ihre Liebe?
Spontan eilte sie von der Bühne, lief die Treppe hinunter – und stieß mit Chuck zusammen.
Demonstrativ blickte er zur Uhr. „Das hat länger gedauert, als ich gehofft hatte.“
„Du bist doch erst vor ein paar Minuten gegangen.“
Er grinste. „Aber ein paar Minuten nicht zu wissen, ob du mir folgst, ist wie eine Ewigkeit.“ Zögernd fragte er: „Du warst doch auf dem Weg zu mir, oder?“
Sie nickte. „Viel zu lange habe ich versucht, meinem Exmann die perfekte Ehefrau zu sein. Als das nicht gereicht und er mich verlassen hat, war ich total am Boden zerstört. Aber in den letzten Monaten habe ich mein Leben wieder in den Griff gekriegt und zu mir selbst zurückgefunden. Du hast recht. Ich komme gut zurecht, kann meine Kinder allein großziehen und stehe vor einem beruflichen Neubeginn. Und ich erwarte mehr, als bloß eine sechswöchige Affäre für jemanden zu sein. Ich weiß, dass du mein Gerede von der Farbe seltsam findest, aber ich habe festgestellt, dass ich nie in deinem Schatten gestanden habe, im Gegensatz zu früher bei meinem Exmann. Das würdest du gar nicht wollen. Du nimmst mir meine Farbe nicht, sondern lässt sie heller strahlen – in gewisser Weise wie diese Neon-Textmarker, die du mir geschenkt hast.“
Sie holte tief Luft und küsste ihn. Den Mann, den sie liebte. Den Mann, dem sie vertraute. Und weil sie endlich wusste, dass sie an sich selbst glauben konnte, gestand sie ihm: „Ich liebe dich.“
„Die Sache mit der Farbe verstehe ich wirklich nicht. Aber
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