Julia Saison Band 01
blinzelte Lilian ihren Vater an. „Soweit ich weiß mit Termingeschäften.“
„Indem ich Risiken eingegangen bin und mit den Möglichkeiten gespielt habe. Man kann die Zukunft nicht vorherbestimmen, Lilian, und es gibt keine Garantien im Leben. Was man machen kann, ist, sich seine Schritte genau zu überlegen und dann zu entscheiden, ob man es riskieren will oder nicht. Ich bin bereit, mit Molly dieses Risiko einzugehen. Und es tut mir aufrichtig leid, dass du nicht bereit bist, dasselbe mit Christopher zu tun.“
Früher hatte Lilian schon ab und zu mit ihrem Vater hier gesessen. Eigentlich immer dann, wenn er ihr wieder von seinen neuen Heiratsplänen erzählte. Und jedes Mal waren sie am Schluss mit ihrer Diskussion bei Lilian gelandet. „Was weißt du denn schon von Christopher und mir?“
„Ich weiß nur, dass er einverstanden war, von mir eine größere Summe für seine Farm anzunehmen. Und dann bist du aufgetaucht, und er hat das Geld zurückgegeben. Das sagt mir alles, was ich wissen will. Es war keineswegs so, dass er das Geld nicht gebraucht hätte. Er wollte nur nicht, dass das Geld mit dir in Zusammenhang gebracht wird. Und er hat sich für das entschieden, was ihm wichtiger war. Für dich.“
„Er hat mich angelogen.“
„Nein, er ist dir zu nahegekommen, und das hat dir eine Heidenangst gemacht.“
„Das ist nicht …“ Wahr, hatte sie sagen wollen, aber das Wort blieb ihr im Hals stecken.
Und plötzlich begriff sie.
Langsam schüttelte sie den Kopf. „Ich war ganz schön dumm, nicht wahr?“
„Jeder ist mal dumm in seinem Leben. Man muss es nur einsehen.“
„Du hast ja so recht.“ Sie stand auf. „Tut mir leid, ich kann leider nicht länger bleiben.“
Carter grinste. „Geh nur, Kleines. Wir essen später auf, wenn wir wieder in Vermont sind.“
Christopher stand auf dem Waldpfad, während die Ziegen um ihn herum im Unterholz fraßen. Der Wind rauschte in den Bäumen und fegte die Blätter herunter, und der Boden war bereits dick mit Laub bedeckt. Christopher war froh über den Wechsel der Jahreszeit, weil der Wald jetzt anders aussah als vor ein paar Wochen, als er mit Lilian hier war. So tat es weniger weh.
Tallulah kam zu ihm und rieb ihren Kopf an seinem Knie. „Sie ist immer noch nicht zurück, Kleines.“ Die kleine Ziege trottete zu einem Ahornsetzling und nagte lustlos daran, dann kam sie mit einem traurigen Meckern zu Christopher zurück.
Er kniete sich vor sie hin und kraulte sie hinter den Ohren. „Was soll ich sagen? Du musst dich einfach damit abfinden, dass sie weg ist.“
„Oder sie hebt den Kopf und überzeugt sich selbst“, sagte eine Stimme hinter ihm.
Und da stand Lilian mit offenen Haaren, in Jeans und T-Shirt, und sah umwerfend aus. Sie hielt einen Zweig in der Hand und drehte ihn zwischen den Fingern. Sofort lief Tallulah zu ihr.
„Weißt du, damals, als wir mit den Ziegen in den Wald gegangen sind, fand ich es seltsam, dass sie bei dir geblieben sind statt wegzulaufen. Aber ich glaube, jetzt kann ich das verstehen. Sie wissen, dass es da draußen Raubtiere gibt, und sind darauf getrimmt, vorsichtig zu sein. Und daran lässt sich so leicht nichts ändern.“
Christopher kam langsam aus der Hocke hoch.
Lilian schluckte. „Du hast mich damals gebeten, nicht so sang- und klanglos wegzugehen, weil wir noch so viel zu bereden hätten. Das stimmt, es gibt einiges, was ich dir erklären muss. Darf ich anfangen?“
„Ja.“
„Du hattest recht – ich habe Angst. Genau wie die Ziegen bin ich mein Leben lang darauf getrimmt worden, vorsichtig zu sein. Immer habe ich etwas Böses draußen in der Welt gewittert. Die Ziegen bleiben bei dir, weil sie sich bei dir sicher fühlen.“ Sie blinzelte. „An dem Morgen, nachdem wir zum ersten Mal miteinander geschlafen hatten, bin ich aufgewacht und habe mich unglaublich sicher und geborgen gefühlt. Zum ersten Mal in meinem Leben.“
Sein Herz klopfte zum Zerspringen, aber er wagte nicht, sie zu unterbrechen.
Sie sah ihn fest an. „Christopher, ich will es mit dir versuchen. Ich will hier auf der Farm mit dir leben. Noch nie im Leben habe ich etwas so sehr gewollt.“ Hastig fuhr sie fort: „Ich hatte Angst, und vielleicht kommt diese Angst ab und zu wieder. Aber ich will es so sehr. Bitte, Christopher, sag mir, dass du es auch versuchen willst.“
Er streckte die Arme nach ihr aus und zog sie fest an sich. „Nichts anderes wollte ich die ganze Zeit. Es versuchen.“
Sie biss sich auf die Lippen.
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