Julia Saison Band 01
geht’s dir, Kleines?“
Lilian schluckte. „Ganz okay, und wie geht’s dir?“, fragte sie betont fröhlich.
„Ich bin in L.A. Hast du Lust auf einen späten Lunch mit deinem alten Herrn?“
Zum ersten Mal seit sie Vermont verlassen hatte, lächelte sie wirklich. „Du bist hier? Wie schön. Ich kann in einer halben Stunde bei dir sein.“
Sie trafen sich in einem der unspektakulären Steakhäuser, die Carter am liebsten mochte. Wo die Martinis wirklich eiskalt und die Steaks dick und saftig waren. Sie küsste ihn auf die Wange und setzte sich auf die Bank ihm gegenüber.
„Was führt dich denn nach L.A.? Hast du etwa genug vom Landleben?“
Carter verzog das Gesicht zu einem breiten Lächeln. „Keineswegs. Ich arbeite noch immer auf Christophers Farm und habe einen Riesenspaß dabei. Er hat jetzt einen dicken Vertrag mit einer Biomarktkette, das heißt, wir müssen ganz schön ranklotzen.“
„Gut, dass er dich hat.“
„Tja, lange wird er mich nicht mehr haben. Auch bei mir gibt’s eine Änderung.“ Seine Augen funkelten unternehmungslustig.
Lilian sank das Herz. Diesen Blick kannte sie zu Genüge.
Carter trank von seinem Martini, dann legte er seine verschränkten Hände auf den Tisch. „Molly und ich werden heiraten.“
Sie antwortete nicht sofort, sondern schob ihr Besteck hin und her.
Carter beobachtete sie. „Ich vermute mal, das gefällt dir nicht sonderlich.“
„Weißt du, ich mag Molly sehr gern, wirklich. Es ist nur … ich dachte, diesmal lässt du dir etwas Zeit, um sie näher kennenzulernen.“
„Glaub mir, ich kenne sie schon sehr gut.“
„Dad, wie kannst du so etwas behaupten? Ihr habt euch doch erst vor zwei Monaten kennengelernt.“ Sie selbst kannte Christopher überhaupt nicht. Nein, er war ganz anders, als sie gedacht hatte.
„Es ist gut und richtig so, glaub mir, Lilian. Molly ist vollkommen anders als meine Exfrauen.“ In seiner Stimme lag eine ruhige Gewissheit, doch auch das war für Lilian nichts Neues.
„Wenn du dir so sicher bist, warum nicht noch eine Weile warten? Nächstes Jahr wird es immer noch gut und richtig sein. Ich meine, du bist erst seit Januar geschieden. Kannst du nicht wenigstens mal ein Jahr warten, bevor du schon wieder ein Eheversprechen gibst?“
In seinen Augen sah sie den störrischen Blick, den sie so gut kannte. „Aber vielleicht will ich das nicht.“
Plötzlich überkam Lilian ein Gefühl der Frustration. „Ich verstehe dich nicht. Du heiratest, und es funktioniert nicht, du heiratest wieder, und es funktioniert wieder nicht. Wie oft willst du das noch wiederholen? Jedes Mal bist du überzeugt, dass es die Richtige ist, und jedes Mal täuschst du dich. Wie kannst du dir denn selbst noch trauen?“
„Danke, dass du mich an meine Vergangenheit erinnerst“, bemerkte er leicht gekränkt.
„Ich will dir ja nicht die Freude verderben, ich begreife es nur einfach nicht. Viermal hat es für dich nicht funktioniert, und trotzdem versuchst du es immer wieder.“
„Und ich begreife nicht, warum du es nicht wenigstens ein einziges Mal versuchst“, konterte er. „Ich meine nicht, dass du eine Affäre anfängst, sondern dass du dich auf eine wirkliche Beziehung einlässt.“
„So wie du mit Celine und Michelle und Kayla?“, fragte sie spöttisch.
„Nein, so wie ich sie mit deiner Mutter hatte.“
Die plötzliche Stille zwischen ihnen war beinahe spürbar, denn jetzt am Nachmittag war außer ihnen niemand im Lokal.
Langsam stieß Carter den Atem aus. „Ich habe viele Fehler gemacht, Lilian. Immer wieder habe ich nach einer Beziehung gesucht, wie ich sie mit deiner Mutter hatte. Wenn du das einmal erlebt hast …“, er schluckte, „… dann ist es ganz schön schwer, alleine zurechtzukommen. Ich mache mir nicht deshalb Vorwürfe, weil ich es immer wieder versucht habe. Was ich mir vorwerfe, ist, dass mein Verhalten eine so fatale Auswirkung auf dich hatte. Du hast solche Angst vor einer Bindung, dass du es noch nicht einmal versuchst.“
„Das ist nicht wahr“, sagte sie leise, obwohl sie genau wusste, dass es stimmte.
„Früher dachte ich immer, dass du einfach noch zu jung bist. Und bei unserem Wiedersehen hatte ich gehofft, dass du in der Zwischenzeit jemanden gefunden hast. Als ich dann dich und Christopher auf der Farm zusammen sah, wie ihr nebeneinander arbeitet, wie ihr euch anschaut …“ Er holte Luft. „Weißt du, wie ich zu meinem Geld gekommen bin?“
Verdutzt über den plötzlichen Themenwechsel
Weitere Kostenlose Bücher