Julia Saison Band 01
wollte.
Und welche Farbe ich jetzt bin.
Denn Carly, die Studentin, war nun ebenso Vergangenheit wie Carly, die perfekte Anwaltsgattin. Carly, die alleinerziehende Mutter, Single und Krankenschwester, hoffte nun darauf, ihren Platz im Leben zu finden.
2. KAPITEL
Am Montag fuhr Carly zum Polizeipräsidium und parkte neben dem Rathaus. Abseits der Straßen, die geräumt und abgetrocknet waren, lagen überall große Schneehaufen, und die Zweige der Bäume duckten sich unter der schweren weißen Last.
Die hübsche Weihnachtsbeleuchtung im Stadtpark hätte Carly normalerweise veranlasst, innezuhalten und sich umzublicken, wäre sie nicht zu einem Termin mit einem Cop unterwegs gewesen.
Die Polizei, dein Freund und Helfer . Sie redete sich ein, dass er sicherlich nicht nur fair und gerecht, sondern auch sympathisch war.
Sie holte tief Luft und betrat die Wache. Im Vorraum gab es ein paar Stühle, einen großen verglasten Schalter mit einer Tür, und an den Wänden hingen einige Bilder von Polizisten.
Die Panzerglasscheibe wies unten einen Schlitz zum Durchreichen von Gegenständen und weiter oben eine Sprechöffnung auf, deren Höhe vermutlich dem durchschnittlichen Erwachsenen angepasst war. Carly musste sich jedoch auf die Zehenspitzen stellen. „Entschuldigung?“
Eine Frau in Zivil arbeitete an einem Schreibtisch hinter der Scheibe. Sie blickte auf. „Ja?“
„Ich habe einen Termin mit dem Beauftragten für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit . Mein Name ist Carly Lewis. Es geht um das Projekt Sicherheitsschulung.“
„Ich sage Chuck, dass Sie hier sind.“
Jemand, der so heißt, ist bestimmt ein angenehmer Mensch, dachte sie. Ihr Magen beruhigte sich ein wenig, und sie knöpfte sich den Mantel auf.
Die Tür neben dem Schalter öffnete sich. „Mrs. Lewis?“, fragte ein großer Uniformierter. Sein braunes Haar war noch kürzer als ihres. Es wirkte militärisch – und vertraut. Ihr schien, dass sie ungebührlich lange brauchte, um zu begreifen, doch vermutlich war es nur eine Sekunde. „Sie? Sind Sie etwa der Beauftragte für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit ?“
„Sie erinnern sich also an mich.“
„Als ob ich Sie vergessen könnte! Sie waren der erste Polizist am Tatort. Derjenige, der angeblich nicht mehr oft aus dem Büro kommt. Derjenige, dessen Zweitsprache Sarkasmus ist.“
„Meine Mutter sagt immer: Wenn man ein Talent hat, soll man es auch nutzen. Und ich habe nur die Stellung gehalten, bis die Jungs vom Streifendienst von einem Unfallort abkömmlich waren.“ Er hielt die Tür weit auf. „Möchten Sie nicht in mein Büro kommen, damit ich Ihnen den Terminplan für die Sicherheitsschulung geben kann?“
„Habe ich denn eine Wahl?“ Sie marschierte an ihm vorbei in eine Halle und wartete, bis er an ihr vorbeiging und sie in sein Büro führte.
„Natürlich haben Sie eine Wahl. Viele unserer Delinquenten begreifen das nicht. Sie können sich entscheiden, das Richtige zu tun oder nicht. In diesem Fall können Sie wählen, ob Sie an dem Projekt teilnehmen, oder ob ich Andy anrufen und ihm sagen soll, dass Sie Ihre Sozialstunden nicht ableisten wollen.“
„Andy?“
Er blieb stehen und drehte sich zu ihr um. „Anderson Bradley. Richter Bradley.“
Sie musste den Kopf in den Nacken legen, um dem Lieutenant ins Gesicht blicken zu können. „Sie nennen den Richter Andy ?“
Er ging weiter und sagte über die Schulter, ohne sich umzudrehen: „Er ist mein Schwager.“
Carly schüttelte den Kopf und seufzte. Sie sollte den nächsten Monat über mit dem Schwager des Richters zusammenarbeiten? Na toll!
Der Lieutenant öffnete die Tür zu einem winzigen Raum. Stapelweise Papiere türmten sich auf dem Schreibtisch. Die Wände waren nackt. Ein Bücherregal war mit Ordnern und Büchern vollgestopft.
Ihr fielen gleich mehrere Möglichkeiten ein, den kleinen Raum gemütlicher und vor allem benutzerfreundlicher zu gestalten. Aber sie hatte sich endgültig vom Projekt Büroeinrichtung verabschiedet und sagte daher nichts.
„Setzen Sie sich.“ Er deutete auf zwei funktionelle, aber unbequem aussehende Klappstühle. „Also, Andy hat das Urteil gefällt, dass Sie an der Sicherheitsschulung mitarbeiten. Ich habe einen Terminplan für Sie.“
Der Polizist suchte in einem Stapel zu seiner Rechten und zauberte einen Aktendeckel hervor, den er ihr reichte. „Ich weiß, dass Andy gesagt hat, dass Sie über Brandschutz reden sollen. Das ist ein Steckenpferd von ihm. Sie dürfen
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