Julia Saison Band 11
Stuhl um. Sie konnte einfach nicht länger still sitzen. „Es sei denn, du wolltest die Beerdigung verpassen.“
Sie hatte nur einen Augenblick, um erstaunt zu sein, ihn an Krücken zu sehen, bevor Cole sie mit seinen strahlend blauen Augen ansah.
„Du erinnerst dich bestimmt an Margaret Fisher. Sie ist mit uns zur Highschool gegangen“, stellte Ryan sie vor.
Es überraschte Margaret nicht, dass Ryan dachte, er müsse sie vorstellen. Ryan und Cole waren beliebt gewesen, während sie fleißig, schüchtern und leicht zu übersehen gewesen war. Ein Teil von ihr hatte sich immer gefragt, ob er seinen Freunden gegenüber erwähnt hatte, dass sie zusammen gewesen waren. Scheinbar nicht.
Coles Gesichtsausdruck verriet nichts. „Natürlich erinnere ich mich an Meg.“
„Meg?“ Ryan sah ihn erstaunt an. „Ich wusste nicht, dass sie jemand so nennt.“
„Ich meinte Margaret“, korrigierte sich Cole unbeirrt.
Der Anwalt sah ihn neugierig an, und Margaret hatte das Gefühl, er wusste, dass mehr dahinter steckte als ein einfacher Versprecher.
„Du siehst gut aus“, sagte Cole, als die Stille peinlich wurde.
Bis auf die Krücken und die Schiene an seinem rechten Knie konnte sie vermutlich das Gleiche über ihn sagen. Sein Haar war jetzt etwas länger und reichte ihm in einem modischen Schnitt bis auf den Kragen. Der maßgeschneiderte dunkle Anzug betonte seine breiten Schultern und die schmalen Hüften. Überraschenderweise hatte er auf eine Krawatte verzichtet und die obersten Knöpfe seines grauen Hemdes offen gelassen.
Widerwillig musste sie zugeben, dass er … attraktiv aussah. Margaret hob ihr Kinn. „Dein Freund scheint zu sehr Gentleman zu sein, um dir zu sagen, dass das hier ein privates Geschäftstreffen ist.“
Es freute sie, dass ihre Stimme so kühl und gleichgültig klang.
Cole runzelte die Stirn und sah Ryan verwirrt an. „Wolltest du nicht um diese Uhrzeit Tys und Joys Testament durchgehen?“
Margaret sah Cole mit schmalen Augen an. „Dir muss es wirklich schlecht gehen, wenn du den ganzen Weg gekommen bist, um zu sehen, ob sie dir etwas hinterlassen haben.“
Für einen Moment bedauerte sie ihre offenen Worte. Das war sonst gar nicht ihre Art. Aber dann erinnerte sie sich daran, wie er sie behandelt hatte, und entschied, dass sie eher noch zu freundlich gewesen war.
„Mir geht es sehr gut; nicht, dass es dich zu interessieren hat.“ Coles Gesichtsausdruck verdüsterte sich, und er wandte sich an Ryan. „Was zum Teufel macht sie hier?“
Der Anwalt hatte einen schuldbewussten Gesichtsausdruck, als er sie bedauernd ansah.
„Ryan?“, fragte Margaret erstickt. Plötzlich fiel ihr das Atmen schwer.
„Keiner von euch ist komplett im Bild. Noch nicht zumindest.“ Ryan bedeutete Cole, dass er sich setzen solle, und atmete schwer aus. „So wollten es Ty und Joy.“
Dann war dies kein zufälliges Treffen, sondern etwas, das Margarets älteste und liebste Freundin aus dem Jenseits inszeniert hatte. Oh Joy, was hast du nur getan?
„Ich denke, ich setze mich besser.“ Die Lippen fest zusammengepresst, ging Cole vorsichtig über den glatten Holzfußboden und setzte sich auf den einzigen leeren Stuhl im Raum, direkt neben ihrem.
Obwohl sich ein Großteil ihres Lebens um körperliche Rehabilitation drehte, ignorierte sie seinen unsicheren Gang und fragte auch nicht nach seiner Verletzung. Es interessierte sie einfach nicht. Es durfte sie nicht berühren.
Sie wollte nur wissen, warum er hier war … und wie schnell er wieder verschwinden würde.
2. KAPITEL
„Ihr wundert euch bestimmt, warum ihr beide heute hier seid.“ Ryan stützte sich auf seinem Schreibtisch auf und beugte sich vor, sein Blick wanderte von Cole zu Margaret.
Der Kommentar musste an Margaret gerichtet sein, denn Cole wusste genau, warum er hier war. Am Labor Day hatten ihm Ty und Joy erzählt, dass sie ihr Testament machen wollten. Als Joy ihm dann ihren Wunsch anvertraute, er möge Charlie aufziehen, falls ihnen beiden etwas zustoßen sollte, hatte etwas in ihrem Blick seine lang gehegten Vermutungen bestätigt.
Natürlich hatte er zugestimmt. Er war schon immer ein Teil von Charlies Leben gewesen. Nur über seine Leiche bekam jemand anderes das Kind.
Er sah zu Margaret. Mit hoch erhobenem Kopf konzentrierte sie sich auf Ryan. Genau wie das Mädchen, an das er sich erinnerte, wirkte sie unglaublich selbstsicher. Sie stellte schon immer hohe Ansprüche an sich … und an andere. Nur hatte er diesen Ansprüchen
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