Julia Saison Band 11
solcher Gewalt, dass es sie von den Füßen riss. Zum Glück stürzte sie auf Futter- oder Düngersäcke, aber doch hart genug, um den Stoß bis in die Knochen zu spüren.
Als sie sich mühsam aufrappelte, sah sie, wie Cain sich durch die Trümmer in der Fahrerkabine hindurch nach draußen quetschte. Sie stürzte zu ihm, um ihm zu helfen, zog und stützte ihn, dann war er endlich frei, sank auf dem Boden aus gestampftem Lehm vor dem Pick-up zusammen und zog Merritt mit sich. Erschöpft blieben sie liegen. Er keuchte, erdrückte Merritt fast mit seinem Gewicht, doch trotz ihres vorherigen Zorns auf ihn war sie froh, dass er überlebt hatte.
„Ich treibe dich nur ungern an“, schnaufte sie. „Aber könntest du wenigstens ein bisschen zur Seite rücken? Ich glaube, deine Rippen bohren sich gleich in meine Lunge.“
Knurrend wälzte er sich auf die Seite und blieb auf dem Rücken liegen. Jetzt konnte Merritt sich auf die Knie hochkämpfen, ihre Taschenlampe aufheben und Cain näher in Augenschein nehmen.
„Oh, nein … du blutest.“
Sie kramte in ihrer Tasche nach Papiertaschentüchern und wehrte sich gegen die aufsteigende Panik beim Anblick von so viel Blut. Sie wusste, dass Kopfwunden immer stark bluteten, und hoffte, dass er nicht allzu schwer verletzt war. Als der Lichtstrahl auf die Platzwunde an seiner Schläfe traf, erkannte Merritt, dass sie wohl genäht werden müsste. Aber sie hatten keine Möglichkeit, zum Krankenhaus zu fahren oder Hilfe herbei zu rufen. „Hier.“ Sie drückte ihm ein Taschentuch in die Hand und führte es an die Verletzung. „Drück es fest auf die Wunde. Wir müssen die Blutung stillen. Verdammt … Du hast bestimmt eine Gehirnerschütterung. Weißt du, wie du heißt und wo du bist?“
Er hielt die Augen geschlossen und sagte: „Leider ja.“
„Weißt du, wer ich bin?“
„Ja.“
„Drück weiter auf die Wunde. Sie muss aufhören zu bluten.“ Merritt legte die Taschenlampe ab und schob behutsam die Finger durch sein Haar, suchte nach Verletzungen, die seinen Transport unmöglich machen würden. „Ich glaube, es geht. Kannst du etwas sehen? Du guckst so komisch. Bitte sag mir, dass du sehen kannst.“
Seit der Lichtstrahl ihn nicht mehr blendete, beobachtete er Merritt. Mit einer Miene, die sie denken ließ, dass er sie für eine Halluzination aufgrund seiner Kopfverletzung, für ein Trugbild seiner Fantasie hielt.
„Cain. Jag mir keine Angst ein. Sag was.“
Sie wollte gerade zwei Finger heben und ihn fragen, wie viele er sah, als er sich aufrichtete, seine Hände um ihr Gesicht legte, Merritt zu Boden drückte und sie küsste. Mit einer solchen Reaktion hatte sie zuallerletzt gerechnet. Doch es war anders als Dennis’ betrunkene Versuche, ihr einen nassen Zungenkuss aufzuzwingen. Und sie musste auch nicht gleich vor Ekel würgen. Im Gegenteil. Cains Kuss fühlte sich zu ihrem Erstaunen meisterhaft und köstlich an, so verführerisch und einladend, dass sich jeder vernünftige Gedanke verflüchtigte.
Ihr Körper reagierte zwangsläufig. Nach Jahren des Verzichts auf Zärtlichkeiten verlangte er nach mehr, und als Cain sie bei den Oberarmen packte und über sich zog, ließ sie es zu. Die intime Berührung ließ Nerven vibrieren, von denen sie nichts wusste, und weckte ein scharfes Verlangen. So sollte es sich anfühlen, erkannte sie und umklammerte unwillkürlich seine Schenkel mit ihren Beinen. Sie spürte den Drang, die Hüften zu bewegen, die Zunge einzusetzen, nicht nur seine Finger, sondern seinen Mund an ihren Brüsten zu spüren.
Seine Finger?
Als ihre Gedanken ihre körperlichen Reaktionen einholten, wurde ihr bewusst, dass Cain eine Hand unter ihre Jacke geschoben hatte und sie durch den dünnen Pullover streichelte. In Panik tat sie das, was ihr als Erstes in den Sinn kam: Sie biss ihn heftig in die Lippe.
Cain stieß einen kehligen Laut aus und stieß sie von sich. „Was zum Teufel ist in dich gefahren?“, schnauzte er sie an.
Hastig wich Merritt bis an den stützenden Stapel Futtersäcke zurück und bot ihm Paroli. „In mich? Was bildest du dir ein?“
Er sah sie böse an und rieb sich die Lippe, während sie auf die Füße kam. Dann wich der Ausdruck von Zorn langsam aus seinem Gesicht, und er betrachtete verwundert seine Finger. Seufzend setzte er sich auf.
„Der Schlag auf den Kopf hat mir wohl den letzten Rest Verstand geraubt.“
„Die Taschentücher liegen auf deinem Schoß“, schimpfte sie. „Halte eins an die Wunde, sonst
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