Julia Saison Band 11
das Wetter zusammen die Leute bewogen, ausnahmsweise mal Kalorien zu zählen und zu Hause zu bleiben. Ich weiß es nicht“, gestand sie im nächsten Moment. „Ich habe zu Leroy gesagt, wir sollten die Gelegenheit beim Schopfe packen. ‚Dreh das Schild um und schließ ab‘, habe ich gesagt.“
„Sag ihr die Wahrheit“, entgegnete Leroy weich.
Alvie stapfte vor bis in die Mitte des Raumes und verkündete: „Schätzchen, du darfst nicht kündigen. Zugegeben, ich habe Angst bekommen, als ich dich mit Cain sah. Du weißt, dass du für mich quasi wie mein eigen Fleisch und Blut bist. Ich träume davon, dass du das Café übernimmst, wenn die Arthritis mich unterkriegt.“
Merritt stand nur da, die Arme um den Oberkörper geschlungen, sowohl wegen der Kälte als auch wegen der jüngsten weltbewegenden Neuigkeiten. Vermutlich sollte sie sich freuen. Es tat gut zu hören, was Alvie tatsächlich für sie empfand, und die Chance, selbst ein Café zu führen, wäre die um ein Jahrzehnt oder länger vorgezogene Erfüllung ihrer Träume – sofern ihre Vergangenheit diese Träume nicht zunichte machte.
Doch genauso wie Alvie musste sie wohl alles noch einmal überdenken. Zum Teil auch wegen Cain. „Tja“, begann sie. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich bin froh und dankbar, dass du nicht mehr böse auf mich bist. Aber ich kann nicht leugnen, dass deine Worte mich tief verletzt haben.“
Alvies Miene wurde flehend. „Ich weiß, ich war nicht fair, aber ich hatte Angst, Cain könnte wieder in Schwierigkeiten geraten und dich mit runterziehen.“
Merritt schüttelte den Kopf. Sie musste widersprechen. „Es ist falsch, von ‚wieder‘ zu sprechen. Seine Absicht, für seinen Onkel Gerechtigkeit einzufordern, war vielleicht naiv. Aber er hat die Wahrheit gesagt, als er abstritt, Dane Jones zusammengeschlagen zu haben. Das hat ein anderer getan. Man hat Cain lediglich die Schuld in die Schuhe geschoben.“
Alvie wandte den Blick ab. Das Thema war ihr sichtlich unangenehm.
„Ich glaube, der Grund ist, dass Mr Paxton selbst es so wollte“, fuhr Merritt fort. „Es dauert eine Weile, sich einen guten Vormann heranzuziehen. Den wollte er wohl nicht verlieren. Lieber wollte er auf Cains Anblick verzichten, denn er erinnerte Mr Paxton an alles, was er verloren hatte. Wenn du einem Paxton etwas übel nehmen willst, dann bist du bei Sanford an der richtigen Adresse.“
„Ich hatte gehofft, alles würde gut, als Cain in die Army eintrat“, sagte Alvie. „Er musste dringend fort von hier.“
Merritt hatte nicht geglaubt, noch eine weitere Überraschung zu erleben, doch Alvie belehrte sie eines Besseren. „Cain war beim Militär?“
„Er war Marineinfanterist. Ist mit achtzehn eingetreten und hatte zwei Einsätze. Er hätte dabei bleiben sollen. Vielleicht wäre dann alles anders gelaufen.“
Merritt presste die Hand an die Stirn. In ihrem Kopf drehte sich alles bei dem Gedanken an die Ungerechtigkeiten, die Cain hatte hinnehmen müssen. „Wie konnte Sanford seinen eigenen Enkel so behandeln? Er gab einem unschuldigen Kind einen so negativ belasteten biblischen Namen. Kannst du dir vorstellen, wie Cain in der Schule behandelt wurde? Und in der Army?“
„Ach, die Army wollte ihn nicht gehen lassen“, sagte Alvie. „Wie gesagt, er war für eine Auszeichnung vorgeschlagen oder so. Sie wollten, dass er sich auf Lebenszeit verpflichtet.“
Doch er wollte nach Hause, dachte Merritt. Vermutlich gefiel es ihm beim Militär genauso wenig wie in seiner Außenseiterrolle zu Hause. „Er hat es nicht verdient, in der Stadt wieder als Fußabtreter missbraucht zu werden“, knirschte sie.
Leroy räusperte sich und stand auf, nachdem er die Asche aus dem Ofen geschaufelt hatte. „Du hast recht“, sagte er. „Aber er hat sich auch selbst keinen Gefallen getan, als er seinen Ruf in der Damenwelt weiter ausbaute. Held oder nicht, er ist mehr als einmal von einem wütenden Daddy sozusagen vom Hühnerhof gejagt worden.“
Zwar schmerzte die Vorstellung von Cain mit einigen der beliebtesten – und schönsten – Frauen der Stadt, doch Merritts Sinn für Gerechtigkeit blieb unerschütterlich. „Das alles ist so scheinheilig. Dieselben Mädchen hätten mit dem besten Quarterback der Umgebung erwischt werden können, und ihre Väter hätten bereitwillig eine Hochzeit ausgerichtet.“
Alvie sagte seufzend: „Wie auch immer, lass es nur nicht bekannt werden, dass Cain und du beide im Haus geschlafen habt, okay?
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