Julia Saison Band 13
wurde sie von dem Duft von Zitronen und frisch gebrühtem Kaffee umhüllt – betörende Wohlgerüche, die sie wünschen ließen, Bryce an sich zu ziehen und ihren Kopf an seine Brust zu drücken.
„Was ich dir zutraue? Wenn ich es mir genau überlege – kein Kommentar.“
Lachend lehnte er sich zurück und beendete den Moment innigen Zaubers. Eve biss sich auf die Lippen, um nicht im selben Atemzug ihre alberne Geschäftsvereinbarung zu brechen.
„Wie geht es Tony? Ich habe seit Jahren nichts mehr von ihm gehört.“
„Gut geht es ihm. Er erobert die Wall Street im Sturm.“
„Arbeitet er immer noch im Investmentbanking?“
Sie nickte und wünschte sich, der einzige verbleibende Teil ihrer Familie würde nicht am anderen Ende der Welt leben.
„Ja, er war seit Jahren nicht in Australien. Ich bin überrascht, dass ihr keinen Kontakt mehr habt.“
„Wir Männer sind nicht sehr gut in Kontaktpflege. Nach der High School haben wir uns in unterschiedlichen Kreisen bewegt.“
Aber er war auf Tonys einundzwanzigstem Geburtstag gewesen, also hatten sie sich nicht völlig aus den Augen verloren.
Diese Nacht würde sie nie vergessen. Sie hatte sich so unwohl gefühlt. Wie linkisch und unbeholfen sie sich in ihrem neuen Kleid bewegt hatte – dem einzigen Kleid, das sie besaß – aus leuchtend blauem Taft, das bei jeder Bewegung eigenartig knisterte. Bryce dagegen war auf die Party gekommen mit einem großspurigen „Was-kostet-die-Welt“-Grinsen.
Und so ging es auch weiter. Er war Mittelpunkt der Party gewesen, hatte sich bestens unterhalten und gelacht, während sie sich versteckt hielt, beseelt von dem Wunsch, jemand wie er möge ein Mädchen wie sie bemerken.
Durch eine unerklärliche Kraft ging ihr Wunsch kurz darauf in Erfüllung. Bryce sah sie am Ende des Saals, als sie sich auf den Balkon des angesagten Albert Park Clubs zubewegte, den Tony für die Party gemietet hatte. Und er folgte ihr.
Die nächste Stunde unterhielten sie sich, lachten, neckten sich, und sie erblühte unter seiner Aufmerksamkeit. Noch nie hatte sie sich so gefühlt, und sie war fassungslos, dass einige wenige Veränderungen in ihrem Aussehen – Kontaktlinsen, ein neues Kleid, Lippenstift, hochhackige Schuhe – ihr die Macht gaben, mit jemandem wie Bryce zu flirten.
Selbst nach allem, was danach passiert war, hatte sie dieses neue Gefühl nie vergessen und war zum Äußersten entschlossen, es wieder aufleben zu lassen. Das gelang ihr, indem sie sich nach jener Nacht neu erfand und nie mehr zurückblickte.
Und zurückblicken würde sie auch jetzt nicht. Nicht mit Bryce, der sie so intensiv betrachtete, sein Grübchen nur eine Lippenberührung entfernt.
„Das letzte Mal habe ich Tony an seinem einundzwanzigsten Geburtstag gesehen.“ Sein Blick glitt über ihr Kostüm … Gänsehaut. „Dich auch, erinnerst du dich?“
Oh ja, sie erinnerte sich an jede Einzelheit. Von seiner verwaschenen Jeans bis hin zu der hellbraunen Bomberjacke, die er ihr um die Schultern gelegt hatte, weil sie so zitterte – dies allerdings mehr wegen seiner Nähe als wegen der Kälte.
Sie erinnerte sich daran, wie er ihr ein Glas Champagner gereicht hatte und an das Gefühl, als er ihre Finger streifte, und daran, wie ihr ein wenig schwindelig wurde – dies jedoch nicht wegen des perlenden Getränks, das ihre Kehle hinunterrann.
Sie erinnerte sich daran, wie sie am Balkongeländer gelehnt und die atemberaubende Aussicht auf Melbournes Skyline bewundert hatte, während die Lichter sich in der schimmernden Oberfläche des Sees von Albert Park spiegelten; wie Bryce dicht hinter ihr stand, sie herumdrehte und …
Eve blinzelte in dem verzweifelten Versuch, die Erinnerungen an das auszulöschen, was danach passiert war.
Bryce hob sanft ihren Kopf. Wie sinnlich er dabei lächelte …
„Wir müssen darüber reden, was in jener Nacht passiert ist.“
Eve konnte sich weder bewegen noch wegsehen, gefangen in der Hitze seines glutvollen Blicks, während ihre Haut unter der Berührung seiner Fingerspitzen verräterisch prickelte.
Das war nicht gut, diese … diese … Empfindungen . Wie konnte sie ihr Vorhaben rein platonisch halten, wenn sie sich jetzt schon verhielt wie ein unsterblich verliebtes Schulmädchen, sobald Bryce seinen Charme versprühte?
Und das würde er weiterhin tun, das war gewiss. Charme schien Bryce angeboren zu sein und hatte bei ihm rein gar nichts zu bedeuten. Eve hatte mitbekommen, wie er ihn als Teenager bewusst
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