Julia Saison Band 17

Caleb dem Wunsch widerstehen, sie in die Arme zu nehmen und zu trösten. Ihr zu zeigen, dass sie in Sicherheit war und er sie beschützen würde. Doch er wusste, dass es sie ganz und gar nicht beruhigen würde, wenn er sie anfasste. Im Gegenteil.
    Stattdessen legte er ihr nur vorsichtig eine Hand auf die Schulter, was Irina ohne zusammenzuzucken tolerierte. Immerhin. Sie machten Fortschritte. Während der letzten Woche hatte sie sich an harmlosen Körperkontakt mit ihm gewöhnt.
    „Alles wird gut“, sagte er. „Es ist gut, Gefühle zu haben und sie auch zu zeigen.“
    Sie sah ihn an und lachte dann wieder, diesmal jedoch wesentlich unbeschwerter. „Ihr Amerikaner immer mit euren Gefühlen.“
    „Ja, so sind wir nun einmal. Wir können nicht anders“, witzelte Caleb, wurde dann jedoch wieder ernst. „Du bist in Sicherheit, Irina. Niemand wird dich jemals wieder verletzen.“
    Er hörte, wie sie seufzte.
    „Caleb? Können wir nun heimfahren?“
    „Natürlich.“ Er startete den Motor und wartete, bis die Straße frei war, dann wendete er, um zum Highway zurückzufahren.
    Mehrere Minuten lang fuhren sie schweigend durch die Nacht. Schließlich nahm Caleb die Unterhaltung wieder auf.
    „Wird es in Marys Kochbuch auch Fotos geben?“
    „Ja, allerdings.“ Offenbar war auch Irina nur zu gern bereit, wieder über unverfängliche Dinge zu plaudern. „Zoe wird die Bilder machen.“ Zoe war Calebs jüngste Schwester, das Nesthäkchen. Sie war eine begabte Hobbyfotografin.
    „Das ist eine großartige Idee! Zoe hat schon mehrere Preise für ihre Fotos gewonnen; einige ihrer Arbeiten wurden sogar in Zeitschriften abgedruckt.“
    „Das sagt Mary auch. Es wird Bilder geben von uns allen, wie wir Rezepte kochen. Immer in Küche, denn Küche ist Herz der Familie. Mary will, dass wir gegenseitig helfen, sodass auf Zoes Fotos alle Frauen von Familie sich helfen. Große Gemeinschaft. Und immer in Küche von einer. Mary sagt, auch Männer, die Lust haben, können mitmachen.“
    „Wir Männer sind doch in der Küche nicht zu gebrauchen. Wir können bestenfalls Barbecues machen.“
    „Barbecues!“, rief Irina begeistert. „Caleb, du bist genial! Ich werde Mary sagen, wir brauchen ganzes Kapitel mit Bravo-Männern, die Barbecue-Rezepte kochen. Das passt zu euch!“
    „Gabe ist ein wahrer Experte darin. Seine Lachsburger sind legendär.“ Caleb sah sie von der Seite an. „Ich fände es übrigens schön, wenn du die argovischen Rezepte in unserem Haus kochen würdest.“
    „Meinst du?“
    „Ja, sicher. Wir haben doch eine schöne Küche.“
    „Wir haben sogar sehr schöne Küche.“ Erfreut registrierte Caleb, dass aus ihren Worten nicht nur ein gewisser Stolz klang, sondern dass sie außerdem ‚wir‘ gesagt hatte.
    Dann kam er zum wichtigsten Punkt. „Und wenn die Fotos gemacht sind, darf ich alles aufessen, nicht wahr?“
    „Wie gut, dass ich so hilfsbereiten Mann geheiratet habe.“
    In den folgenden Wochen dachte Irina immer wieder an die Unterhaltung am Straßenrand zurück. Sie erinnerte sich daran, wie sanft und verständnisvoll Caleb geklungen hatte, als er ihr versicherte, dass es vollkommen in Ordnung sei, Gefühle zu haben.
    Obwohl sie ihn ausgelacht hatte, musste sie sich eingestehen, dass sie immer öfter hoffte, er möge recht haben.
    Konnte es denn wirklich sein, dass sie außer Gefahr war und alles sich zum Guten gewendet hatte? Die letzten Wochen waren die schönsten ihres Lebens gewesen. Wie immer führte sie Caleb den Haushalt, kochte, putzte und kümmerte sich um alles.
    Wenn sie nachts neben ihm in seinem Bett lag, hielten sie sich an den Händen, bis sie einschliefen. Manchmal nahm sie all ihren Mut zusammen und küsste ihn. Vorsichtig, fast ängstlich. Und ganz langsam. Jeder Kuss fiel ihr leichter als der vorherige; fast genoss sie es, seinen frischen, männlichen Duft einzuatmen. Sie wollte ihm so gern für alles danken und ihm gefallen. Und Irina wusste nur zu gut, dass Sex eine großartige Möglichkeit dafür wäre.
    Calebs Geduld mit ihr überraschte sie immer wieder. Obwohl er eine Menge positiver Eigenschaften hatte, wäre es Irina in all der Zeit, die sie für ihn gearbeitet hatte, niemals in den Sinn gekommen, dass Geduld zu seinen Tugenden zählen könnte. Doch ihr zuliebe hatte er zugestimmt, seine Frauengeschichten aufzugeben, und sie nie gedrängt, mit ihm zu schlafen.
    Und er schien fest entschlossen, dieses Versprechen auch einzuhalten.
    Ihr war klar, dass sie seine