Julia Saison Band 17
Desserts saßen, bestanden die Küchenhelfer darauf, Alex und sie zu bekochen. Also schauten sie beide zu, wie Teig geknetet, Spaghetti geformt und gekocht wurden. Dazu gab es die restliche Bolognese, die in einem großen Topf köchelte. Der Lokalbesitzer persönlich reichte Georgia eine Portion, bevor er Alex einen Riesenberg servierte und auf Italienisch ein paar Worte mit ihm wechselte.
Fasziniert betrachtete sie die gigantische Portion auf dem Teller ihres Begleiters. „Sind Sie schwanger?“
Er grinste. „Ich brauche alle Kohlenhydrate, die ich kriegen kann.“
„Warum?“
„Am Vortag eines großen Rennens nimmt man jede Menge Kohlenhydrate und Wasser auf, um Energie zu speichern.“
„Energie, die Sie verbrennen, wenn Sie fünfzig Kilometer laufen?“ Mit vom heißen Wasser runzligen Fingern nahm Georgia eine Gabel, die sie eigenhändig abgewaschen und abgetrocknet hatte.
„Genau.“
„Wo findet das Rennen denn statt?“
Als Alex zögerte, unterdrückte Georgia einen Seufzer. „Sie reden aber ungern über Ihr Hobby.“
„Ich bin nicht daran gewöhnt, dass jemand danach fragt. Normalerweise ist es ausschließlich mein Ding.“
Sie wickelte Spaghetti um die Gabel. „Keine Sorge. Ich hatte nicht vor, mich noch einmal selbst einzuladen.“
„Ich weiß.“
Georgia schob sich den Bissen in den Mund. Klar, sie mochte Nudeln. Und ja, sie hatte einen Bärenhunger. Aber diese Mischung aus hausgemachter Bolognese und frischer Pasta … „Es schmeckt unglaublich gut!“
Alex lächelte zufrieden. „Dieses Lokal ist eins meiner bevorzugten Schlupflöcher.“
„Vor wem oder was flüchten Sie denn?“
„Leben. Arbeit. Alles.“ Plötzlich wirkte er angespannt.
Georgia erinnerte sich an den Mann, der wütend aus seinem Büro gestürmt war. Wenn das öfter vorkam, konnte sie Alex verstehen. „Wir können uns wohl beide etwas vom Chefkoch abgucken“, meinte sie leise.
„In welcher Hinsicht?“
„Er führt ein strenges Regiment, und er stellt hohe Ansprüche, aber er bleibt fair. Jeder hier kooperiert mit ihm.“
Alex blickte sich um. Die Hilfskräfte waren dabei, aufzuräumen. „Warum glauben Sie, dass es bei mir anders ist?“
Um Einzelheiten der Liste mit Casey abzustimmen, war Georgia während der letzten Wochen immer mal wieder bei Radio EROS gewesen. Alex konnte also nicht wissen, wovon genau sie sprach. „Jemand aus Ihrem Team hat etwas in der Richtung erwähnt. Ich wäre ein Lamm auf dem Weg zur Schlachtbank, hieß es.“
Alex blinzelte irritiert. Dann aß er weiter, allerdings mit düsterem Blick.
„Damit will ich nicht sagen, dass ich zustimme“, stellte Georgia klar. „Bisher waren Sie stets nett zu mir.“ Wenn man das Wort „nett“ großzügig auslegte. „Aber der Mensch aus Ihrem Sender dachte offenbar, Sie würden mir das Leben schwer machen.“
Alex überlegte kurz. „Das liegt nahe.“
„Wieso?“
„Weil meine Mitarbeiter es so kennen.“
Georgia glaubte, in seinen dunklen Augen einen Anflug von Bedauern zu sehen, der gleich wieder verschwand. „Warum machen Sie Ihren Leuten denn das Leben schwer?“, fragte sie.
„Weil ich ihr Chef bin. Der Konzern überbringt die guten und ich überbringe die schlechten Nachrichten. Dafür werde ich bezahlt.“
„Klingt nicht nach einem schönen Job. Warum machen Sie ihn?“
Alex musste lachen. „Sie haben doch gesehen, in welchem Stadtteil ich wohne.“
„Und Sie haben gesehen, in welchem ich wohne. Das sagt doch nichts über uns als Menschen aus.“
„Wirklich nicht? Ihr Apartment liegt in einem einfachen, aber gepflegten Haus. Jemand kümmert sich um das Gebäude. Ich schätze, von innen ist es ähnlich. Alles hat seinen Platz, Überflüssiges fehlt. Genau wie bei Ihnen, oder?“
Georgia hielt inne. „So sehen Sie mich? Ordentlich und langweilig?“
„Ich sehe Sie als jemanden, der in einen bestimmten Trott geraten ist. Vielleicht schon vor einiger Zeit.“
„Sie sollten nicht so sehr nach Äußerlichkeiten gehen, Alex. In einen bestimmten Trott kann man unabhängig vom Viertel geraten, in dem man wohnt.“
„Sind Sie bereit, den Gegenbeweis anzutreten?“
„Wie meinen Sie das?“
„Zeigen Sie mir Ihre Wohnung.“
Georgia schluckte. „Wann?“
„Wie wäre es mit jetzt gleich?“, schlug Alex vor.
„Es ist nicht aufgeräumt.“
„Doch, ist es.“
„Sie haben morgen früh ein Rennen.“
Er wurde ernst. „Ich will nicht bei Ihnen übernachten, sondern nur einen kurzen Blick in Ihr
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