JULIA SOMMERLIEBE Band 21
drehte den Knauf um. Sauber gefaltete Bettlaken und Decken lagen auf den Regalen in dem Kämmerchen, wobei sie wieder den Duft nach Lorbeerblättern einfing. Als sie die nächste Tür öffnete, atmete sie erleichtert auf, weil sie sich in einem großen Badezimmer wiederfand.
Schnell schloss Linda die Tür hinter sich und sah sich um. Weiße, flauschige Badetücher lagen aufgestapelt neben einer Wanne, die tief in den Boden eingelassen war. Auf einer gefliesten Ablage standen Glasgefäße mit Badesalz in verschiedenen Farben. Linda entschied sich für das grüne, und als sie den Deckel aufschraubte, stieg ihr der Duft von Pinien in die Nase. Das Piniensalz würde ihren Körper und ihren Geist erfrischen, sodass sie endlich in der Lage sein würde, der Nacht im Kastell des Fremden gefasst entgegenzusehen.
Während sie das Wasser aufdrehte, versuchte Linda sich einzureden, dass es nur ihre Einbildung war, in die Hände eines Mannes gefallen zu sein, dem all dies gehörte. Eine so entschieden dominante Ausstrahlung war sie bei Männern sonst nicht gewohnt. Zumal ihre männlichen Bekanntschaften sich auf die Musikprofessoren, die Studenten am College und auf Larry Nevins beschränkten, der keiner Fliege etwas zuleide tun konnte. Für eine kurze Stunde war sie von Don Ramos bezaubert gewesen, aber das Treffen hatte sie nicht auf einen Mann wie Karim el Khalid de Torres vorbereitet.
In einer Wolke aus Pinienduft und Dampf zog Linda ihre Kleider aus und glitt in die große Wanne. Es war ein Vergnügen, in dem herrlich weichen und duftenden Wasser zu liegen und sich nach Herzenslust bewegen zu können. Ohne die Angst, dass das Wasser überschwappte, wie in der kleinen Wanne zu Hause.
Wie reich dieser Mann sein muss, dachte sie. Ob ihm vielleicht Ölquellen in Arabien gehörten? Oder war er ein Prinz, dessen Waren nicht wie früher auf den schaukelnden Rücken der Kamele, sondern in riesigen Trucks durch die Wüste geschickt wurden?
Linda war so in ihre Gedanken vertieft, dass sie nicht hörte, wie die Badezimmertür geöffnet wurde und eine große dunkle Gestalt auf der Schwelle stehen blieb. Die gleiche Gestalt, die ihre Gedanken erfüllte. „Da sind Sie also! Adoracion kam zu mir und sagte, Sie wären davongelaufen.“
Linda wurde starr wie eine marmorne Nymphe, während ihr Blick durch das nasse Wirrwarr ihrer Haare auf ihn gerichtet war. Das piniengrüne Wasser war nur wie ein dünner Schleier, sodass ihr heller, nackter Körper seinem Blick ausgesetzt war. Obwohl dieser Moment gleich nach dem Unfall der schrecklichste ihres Lebens war, sank sie diesmal nicht in gnädige Ohnmacht.
„Ich … ich nehme ein Bad“, sagte sie beunruhigt, während ihre Hand nach dem großen grünen Badeschwamm suchte, der sie zumindest ein wenig vor diesem eindringlichen Blick schützen könnte.
„Das sehe ich.“
„Sie … Sie sollten nicht hier sein …“ Linda drückte sich gegen die Marmorwand, ohne zu wissen, wie sie sich vor seinem Blick schützen könnte. Schließlich war er nichts als ein Fremder für sie.
„Ich glaube, für eine junge Frau mit einer schrecklichen Beule am Kopf haben Sie jetzt lange genug gebadet.“
Entschieden griff er nach einem großen, weißen Handtuch und trat an die Badewanne. „Raus mit Ihnen, bevor Sie wieder ohnmächtig werden. Das Wasser ist tief.“
In seinen Worten schwang etwas mit, das Linda beinahe wieder schwindeln ließ. „Ich … ich komme auch ohne Ihre Hilfe zurecht“, erwiderte sie. „Wenn Sie glauben, dass ich herauskomme …“
„Raus mit Ihnen!“ Absichtlich zog er an der Kette mit dem Wannenstöpsel. Das Wasser begann so schnell abzufließen, dass Linda in weniger als einer Minute gänzlich schutzlos seinem Blick ausgesetzt sein würde. Schnell stieg sie die Stufen hinauf und flüchtete sich in das ausgebreitete Handtuch. Sie spürte, dass er es fest um ihren nassen Körper schlang.
„Na also. War das so schlimm?“, murmelte er.
„Ich bin es nicht gewohnt, vor Publikum zu baden“, gab sie zurück.
„Das war offensichtlich.“ Eindringlich sah er ihr ins Gesicht, das nun von einem rötlichen Schimmer überzogen war. „Als Adoracion zurück ins Schlafzimmer kam und Sie nicht vorgefunden hat, ist ihr nicht in den Sinn gekommen, dass Sie ein Bad nehmen könnten. Mir allerdings schon, weil sie schließlich eine lange Reise hinter sich haben und sich vermutlich verschwitzt und schmutzig fühlen. Stimmt’s?“
Sie nickte und wünschte sich, er würde gehen, damit
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