JULIA SOMMERLIEBE Band 21
umrankten Pergola nur für eine Person gedeckt war.
Überrascht wandte sie sich an Massimo. „Hat der Sig nore schon gefrühstückt?“
„ Sì, Signora. Er war schon sehr früh auf und hat uns angewiesen, Sie nicht zu wecken.“ Seine Miene war sorgenvoll. „Er ist mit dem Wagen weggefahren. Vielleicht zum Arzt … wegen seines Unfalls.“
„Unfall?“, wiederholte Marisa irritiert.
„ Sì, Signora “, erklärte Evangelina, die gerade frischen Kaffee und Croissants brachte. „Vergangene Nacht ist Signor Lorenzo in der Dunkelheit gegen eine Tür gestoßen.“ Ihr missbilligender Blick verriet, dass sie der Meinung war, der Signore hätte die Nacht besser im Bett seiner jungen Frau verbracht, statt gegen Türen zu rennen.
Marisa spürte, wie eine feine Röte ihr Gesicht überzog. „Ach das“, entgegnete sie und bemühte sich um einen lässigen Tonfall. „Aber es ist nicht schlimm, oder?“
Evangelinas Miene machte ihre Hoffnung jedoch zunichte.
Marisa ahnte, dass Lorenzo heute vermutlich nicht nach ihren Annäherungsversuchen zumute sein und dass eine kurze Entschuldigung nicht ausreichen würde, um das Eis zu brechen.
Den ganzen Vormittag über blieb sie auf der Terrasse und wartete beklommen auf seine Rückkehr.
Schließlich richtete Massimo ihr sichtlich verblüfft aus, der Signore habe angerufen und ließe ausrichten, er werde in der Stadt zu Mittag essen.
Nur mit Mühe gelang es Marisa, ihre Enttäuschung zu verbergen. So nahm sie auch das leichte Mittagessen allein ein.
Sie war sich der fragenden Blicke bewusst, mit denen das Personal die junge Braut bedachte, die schon am Tag nach der Hochzeit von ihrem Ehemann so lange allein gelassen wurde.
Wenn Lorenzo so weitermacht, müssen Massimo und Evangelina nur eins und eins zusammenzählen, um zu wissen, dass diese Ehe eine große Lüge ist, dachte sie.
Nach dem Essen zog sie sich in ihr Schlafzimmer zurück. Doch sie stellte schnell fest, dass sie viel zu nervös war, um Ruhe zu finden. Also schlüpfte sie in den schwarzen Bikini, den sie sich für die Reise gekauft hatte, streifte ein durchscheinendes schwarz-weißes Shirt über und schlenderte zum Swimmingpool.
Der Weg führte durch ein atemberaubendes Blütenmeer. Ganz am Ende des terrassenartig angelegten Gartens lag der Pool mit der Sonnenterrasse. Auf den Liegestühlen lagen flauschige Kissen in Türkis, und die Sonnenschirme waren bereits aufgespannt.
Es war himmlisch ruhig hier, nur die Bienen summten und weit entfernt hörte man das Meer rauschen. Die Luft war erfüllt vom Blütenduft.
Marisa atmete tief ein. Fast kam es ihr wie das Paradies vor. Doch unter den gegebenen Umständen …
Aber sie wollte jetzt nicht darüber nachdenken. Im Moment war sie allein, und sie würde diesen Augenblick genießen. Auch wenn es nur die Ruhe vor dem Sturm war.
Sie zog ihr Shirt aus, tauchte einen Fuß ins Wasser, um die Temperatur zu prüfen, und ließ sich dann in das kühle Nass gleiten, das ihren erhitzten Körper umströmte.
Langsam schwamm sie Bahn für Bahn und spürte, wie sie sich zum ersten Mal seit Tagen entspannte. Nach dem Schwimmen streckte sie sich auf einer der Sonnenliegen aus und ließ die Gedanken schweifen.
Beim gemeinsamen Abendessen werde ich Lorenzo meine Entscheidung mitteilen, überlegte sie. Und dann würde sie sich mit dem köstlichen Wein Mut antrinken – etwas, das sie noch nie zuvor getan hatte. Aber früher oder später musste sie den Schritt wagen, denn sie konnte es nicht ewig aufschieben. Und mit ein wenig Alkohol war es vielleicht sogar erträglich.
Doch nun wollte sie nicht länger grübeln, sondern sich lieber anderen Dingen zuwenden.
Jetzt bedauerte sie, keine Bücher mitgenommen zu haben. Aber als sie ihre Lieblingsromane in den Koffer hatte packen wollen, hatte Julia sie kopfschüttelnd angesehen und gesagt, dass Lorenzo sicherlich anderes mit ihr vorhabe als zu lesen.
Schon wieder waren ihre Gedanken bei diesem unerfreulichen Thema gelandet. Seufzend setzte Marisa sich auf. Im salotto hatte sie gestern mehrere Magazine liegen sehen – luxuriöse Wohnzeitschriften, aber besser als nichts. Und außerdem konnte sie damit gleichzeitig ihr Italienisch verbessern.
Die Luft flirrte vor Hitze, und auf dem ansteigenden Pfad zum Haus machte Marisa immer wieder eine Pause, sah sich um und genoss die Aussicht.
Als sie jedoch die letzte Stufe nahm, schlug ihr Herz plötzlich so schnell, dass es ihr den Atem raubte.
Direkt vor ihr auf der Terrasse saß
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