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JULIA SOMMERLIEBE Band 21

JULIA SOMMERLIEBE Band 21

Titel: JULIA SOMMERLIEBE Band 21 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: SUSAN NAPIER VIOLET WINSPEAR SARA CRAVEN
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Ich kann Sie beruhigen, ich lebe nicht hier. Genau wie Sie bin ich vor einiger Zeit hierhergekommen, um die Aussicht zu bewundern. Dann habe ich den verwilderten Garten gesehen und seither kümmere ich mich um die Pflanzen.“ Sie lachte. „Die Leute halten mich deshalb vermutlich für ein bisschen verrückt.“ Freundlich sah sie Marisa an. „Bitte, bleiben Sie. Ich wollte Sie nicht erschrecken. Im ersten Moment habe ich geglaubt, Adriana sei zurückgekehrt. Aber offensichtlich sind Sie kein Geist aus früherer Zeit.“ Sie streifte die Gartenhandschuhe ab und streckte die Hand aus. „Ich bin übrigens Dorothy Morton.“
    „Marisa Brendon“, erwiderte Marisa und bemerkte erst im Nachhinein, dass sie sich mit ihrem Mädchennamen vorgestellt hatte.
    „Marisa“, wiederholte Mrs. Morton. „Ein schöner Name. Italienisch, nicht wahr?“
    „Der Name meiner Patin. Sie ist vor ein paar Jahren gestorben.“
    „Lebte sie hier? Haben Sie eine persönliche Verbindung zu diesem wunderschönen Landstrich?“
    Marisa schüttelte den Kopf. „Nein, ich bin zum ersten Mal hier.“ Und garantiert zum letzten Mal. „Ich mache … Urlaub.“
    „Mein Mann und ich haben uns hier zur Ruhe gesetzt.“ Die alte Dame blickte sich glücklich um. „Wir haben eine Wohnung in der Nähe, allerdings nur mit Balkon. Ich vermisse meinen Garten. Und deshalb komme ich hierher, sooft ich kann.“ Sie seufzte. „Aber wie Sie sehen, ist es eine mühselige Aufgabe.“
    Marisa zeigte auf die Bank unter dem Zitronenbaum. „Wollen wir uns setzen? Ich meine, falls Sie Zeit haben.“
    „Gern.“ Mrs. Morton nahm Platz. „Tja, zum Glück habe ich einen sehr verständnisvollen Mann.“
    Marisa erinnerte sich an den Ring in ihrer Tasche und wechselte eilig das Thema. „Warum ist der Garten in einem solch schlechten Zustand? Kümmert sich die Besitzerin – diese Adriana – nicht darum?“
    „Das würde sie sicher tun. Aber sie lebt nicht mehr. Das Haus steht seit fast fünfzig Jahren leer.“
    „Gab es keine Erben?“
    „Adriana und ihr Mann waren jung verheiratet“, erzählte Mrs. Morton. „Sie hatten in ihrem Letzten Willen den jeweils anderen bedacht. Und als Filippo vor ihr starb, machte Adriana kein neues Testament. Sie wollte nicht glauben, dass er wirklich tot war.“
    Fragend sah Marisa sie an.
    „Filippo war ein erfahrener und guter Seemann. Eines Tages geriet er mit seinem Boot vor Ischia in einen Sturm. Weder er noch sein Schiff wurden je gefunden. Filippo wurde für tot erklärt, doch Adriana beteuerte stets, sie spüre es in ihrem Herzen, dass er noch lebe.“ Die alte Dame seufzte. „Jeden Tag saß sie auf dieser Bank und blickte aufs Meer hinaus. ‚Wenn er zurückkommt‘, sagte sie, ‚wird er sehen, dass ich auf ihn gewartet habe.‘“
    Marisa erschauerte. „Eine tragische Geschichte. Die arme Frau.“
    Mrs. Morton lächelte. „Ich glaube nicht, dass Adriana es so gesehen hat. Sie war eine Frau, die von Herzen geliebt hat und geliebt wurde. Das gab ihr Kraft und Hoffnung. Vielleicht war sie glücklicher als die meisten von uns.“
    „Wie ging es weiter?“, wollte Marisa wissen.
    „An einem kühlen Wintertag holte sie sich hier oben eine Erkältung, die sie verschleppte. Aus der harmlosen Erkältung wurde so eine Lungenentzündung. Gegen ihren Willen wurde sie ins Krankenhaus gebracht, und dort starb sie noch in derselben Woche.“ Sie zog die Arbeitshandschuhe an und stand auf. „Aber dieser Tag ist viel zu schön für derart traurige Geschichten. Hoffentlich habe ich Sie nicht von hier vergrault?“
    „Überhaupt nicht. Wenn es Sie nicht stört, würde ich gern noch bleiben.“
    Mrs. Morton nickte. „Sie sehen aus, als bräuchten Sie einen stillen Ort zum Nachdenken.“ Damit lächelte sie Marisa zu und ging.
    Erst am späten Nachmittag kehrte Marisa zurück und erwartete, mit Vorwürfen empfangen zu werden, weil sie nicht zum Lunch erschienen war. Doch niemand sagte ein Wort.
    Und auch als sie an den nächsten Tagen wieder zu ihren einsamen Spaziergängen aufbrach, wurde sie nicht gefragt, wohin sie ging. Fast magisch zog es sie in Adrianas Garten. Sie las und zeichnete und zwischendurch ließ sie ihre Gedanken schweifen und fragte sich, wie ihr Leben weitergehen sollte.
    Gelegentlich traf sie Mrs. Morton, wechselte ein paar Worte mit ihr und kehrte dann zu ihrem Aussichtspunkt zurück. Ihr war bewusst, dass die alte Dame sie beobachtete und sich wunderte, dass sie so viel Zeit allein verbrachte.
    Eines Tages

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