Julia Sommerliebe Band 22
Voraussetzungen.“
Hakim staunte. „Ist das derselbe Mann, der mir früher einmal gesagt hat, dass eine königliche Braut einen untadeligen Ruf haben muss und keine pikanten Geheimnisse oder gar Leichen im Keller haben darf? Als Nächstes wirst du mir noch sagen, dass sie keine Jungfrau zu sein braucht!“
Rafik stimmte nicht in das amüsierte Gelächter seines Bruders ein. „Es ist wichtiger, der letzte Mann im Leben einer Frau zu sein, als der erste.“ Am besten war natürlich beides. Aber Rafik akzeptierte, dass die moderne Welt die Auswahlmöglichkeiten der Männer einschränkte.
Er selbst hatte ohnehin keine Wahl mehr, aber Hakim hatte noch ein ganzes Leben voller Entscheidungen vor sich. Natürlich war ihm nicht klar, was für ein Glück er hatte, denn es ist eine menschliche Eigenart, dass man alles, was man hat, erst dann wertzuschätzen weiß, wenn es einem genommen wird.
Hakim hörte auf zu lachen. „Meinst du, der Geist, der die Herrschaft über deinen Körper übernommen hat, wird mir erlauben, mit meinem Bruder zu sprechen, Rafik?“
„Hör auf mit dem Unsinn.“ Rafik runzelte ärgerlich die Stirn.
„Weißt du, wie du redest?“ Hakim sah seinen Bruder nachdenklich an. „Du redest wie einer, der sich verliebt hat. Warst du schon einmal verliebt, Rafik?“
„Nicht so oft wie du, kleiner Bruder.“
„Eine geschickte Antwort“, sagte Hakim anerkennend. „Aber du hast meine Frage nicht beantwortet.“
„Das werde ich auch nicht tun.“
9. KAPITEL
„Gabby, Gabby, warum bist du nur Gabby …?“, proklamierte jemand theatralisch.
Gabby, die in einem Sessel gesessen und über den erleuchteten Palast hinweg in den sternbedeckten dunklen Himmel gestarrt hatte, sprang auf. Vorsichtig, mit einigem Abstand zum Geländer, sah sie hinab.
Prinz Hakim stand unter dem Balkon, die Hand auf das Herz gepresst und ein Grinsen in seinem hübschen Gesicht. „Als ich noch zur Schule gegangen bin“, rief er nach oben, „wollte ich immer Romeo sein, aber weil ich der hübscheste Junge der Schule war – und bis zu meinem siebzehnten Lebensjahr war ich obendrein der Kleinste –, musste ich immer Julia sein.“
„Aber nach dem zu urteilen, was ich gehört habe, hast du inzwischen Übung darin, den Romeo zu spielen.“
Er zog eine Grimasse. „Oh. Jemand hat dir Geschichten erzählt … Wenn du dich ein bisschen vorbeugst, kann ich an deinem Haar heraufklettern.“
Gabby griff sich ins Haar. Nach einer Wäsche fiel es wieder so locker wie früher. „Du musst dich schon entscheiden. Bin ich Julia oder Rapunzel?“, fragte sie und warf sich eine blonde Strähne über die Schulter.
„Ich wünschte, ich könnte hierbleiben und es herausfinden, aber leider fliege ich schon heute Abend zurück nach Paris.“
„Kommt das nicht ein bisschen plötzlich?“
„Ja, da hast du recht. Aber mein Bruder hat etwas gesagt, und daraufhin habe ich einen Entschluss gefasst …“
„Rafik hat etwas gesagt …“ Sie erstarrte. „Also hat er dir erzählt …“ Im ersten Moment verspürte sie eine gewisse Erleichterung, doch die wich umgehend einer Mischung aus Entrüstung und Sorge. „Aber dann muss dir doch klar sein, dass du nicht einfach abreisen kannst!“
„Warum sollte ich denn nicht abreisen?“
Aus lauter Angst, Hakim nicht davon überzeugen zu können, dass er hierbleiben und für seinen kranken Bruder da sein musste, überschlugen sich ihre Worte. „Ich weiß ja, sein Plan mit mir ist verrückt, aber keine Sorge, das vergeht schon wieder. Wahrscheinlich ist das seine Art, damit umzugehen. Er will einfach die Kontrolle behalten. Er braucht dich hier. Ich weiß, dass er niemanden an sich heranlässt und dass er so tut, als würde ihm das alles nichts ausmachen, aber …“
„Warum braucht mich Rafik?“, unterbrach er sie alarmiert. Ohne sein Lachen und den leichten spöttischen Unterton klang Hakims Stimme fast wie die seines Bruders.
„Warum?“ Sie schloss die Augen und hielt sich die Hand vor den Mund. Dazu ist es jetzt ein bisschen zu spät, Gabby! Sie stöhnte. „Du weißt es nicht, oder?“ Was hatte sie nur getan!
„Was weiß ich nicht?“
„Das darf ich dir nicht sagen. Ich habe mein Ehrenwort gegeben.“
Hakim fluchte ausgiebig, bevor er die Haltbarkeit der schmiedeeisernen Balkonstützen überprüfte und schließlich hinaufzuklettern begann.
Von oben beobachtete Gabby mit klopfendem Herzen seinen Aufstieg.
Am anderen Ende des Innenhofes stand Rafik und beobachtete die Szene
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