Julia Sommerliebe Band 22
Richtung der Reiter, die neben ihnen zum Stehen gekommen waren. „Was ist, wenn Sie …“, wiederholte sie, unfähig, die Angst in ihrer Stimme zu verbergen, „… krank werden?“
„Das wird nicht passieren.“
Das war keine besonders hilfreiche Antwort, doch sie erschien Gabby ziemlich typisch für Rafik, diesen zupackenden Prinzen, der sehr viel mehr Verantwortungsgefühl zeigte als die meisten Menschen.
„Die Frauen werden sich Ihrer annehmen.“ Er hatte sich umgedreht und sprach in Richtung der Gruppe, die von den Zelten gekommen war. Sie waren unterschiedlichen Alters und schienen durch das, was Rafik ihnen sagte, getröstet.
Auf den Weg zu den wartenden Männern drehte er sich nur ein einziges Mal um, und dann sprang er mühelos in den Sattel des Pferdes. Gabby sah ihnen hinterher, bis sie nur noch winzige Pünktchen in der glitzernden Wüstenlandschaft waren.
Die Frauen kümmerten sich um Gabby, aber da sie kein Englisch beherrschten und Gabby nicht Arabisch sprach, war keine Unterhaltung möglich. Sie wurde immer unruhiger, und als später von den Feuerstellen Rauchwolken in den sich verfinsternden Himmel aufstiegen, gab es noch immer kein Lebenszeichen von Rafik.
Mehrere Male hatte sie versucht, herauszufinden, wann Rafik zurückkehren könnte, doch außer Lächeln und Gekicher hatte sie nichts aus den Frauen herausbekommen.
Erst als der Morgen bereits dämmerte, rollte sich Gabby völlig erschöpft auf einer dicken Wolldecke neben einem der Feuer zusammen. Ihre Erschöpfung war jedoch nichts gegen die Müdigkeit, die in das bleiche, dreckverschmierte Gesicht geschrieben stand, in das sie blickte, als sie wenige Stunden später erwachte.
„Rafik!“
Er streckte seine langen Beine aus, überkreuzte die Unterschenkel und sah Gabby über den Rand seiner Kaffeetasse hinweg an.
„Guten Morgen. Es tut mir leid, dass ich Sie so lange allein gelassen habe.“
Gabby winkte ab, schlug die Decke, die ihr jemand übergelegt hatte, zurück und richtete sich auf.
„Sie hätten mich wecken sollen! Seit wann sitzen Sie hier? Sind Sie verletzt?“ Ihr entsetzter Blick heftete sich auf eine blutende Wunde an seiner Stirn.
„Mir geht es gut.“
An der Art, wie er das sagte, erkannte Gabby, dass das nicht für alle Betroffenen galt. „Sind viele Menschen verletzt?“, fragte sie leise.
„Es gab einen Toten“, sagte Rafik und stellte seine Tasse auf einen flachen Stein. Trotz seiner übertrieben ruhigen Bewegung war deutlich zu sehen, wie seine Hand zitterte. „Und zwanzig Verletzte. Fünf davon schweben in Lebensgefahr, und ein Mann hat einen Arm verloren.“ Seufzend rieb er sich über die Augen.
Gabby hatte ein so starkes Bedürfnis, ihn in die Arme zu nehmen und zu trösten, dass sie sich kaum zurückhalten konnte. Sie konnte all seinen Schmerz mitfühlen.
„Es tut mir leid!“ Dieser Prinz hatte ein ganz besonderes Pflichtbewusstsein gegenüber der Bevölkerung seines Landes. Er sorgte sich wirklich um sie.
Er lächelte schwach. „Jetzt werden sie gerade weggeflogen. Aber der Hubschrauber ist bald wieder hier für Sie.“
„Kommen Sie nicht mit?“
Er schüttelte den Kopf. „Ich muss hierbleiben.“
Gabby versuchte erst gar nicht, ihn vom Gegenteil zu überzeugen. Er würde sich doch nicht umstimmen lassen.
„Was ist mit meinem Prinzessinnen-Unterricht?“
Rafik spürte, wie sich sein Herz zusammenkrampfte, als er sie ansah. Er schluckte und schüttelte den Kopf. „Nun, ich denke, wir können die Besteckstunde ruhigen Gewissens weglassen, nachdem Sie durch die Feuerprobe unserer Kultur gegangen sind.“
„Und? Habe ich bestanden?“
Er sah sie einen Augenblick lang schweigend an, bevor er sich erhob. „Ja, Sie haben bestanden. Sogar mit Bravour.“
7. KAPITEL
Pauls Gesicht hellte sich auf, als er seine Schwester erblickte. Er rannte auf Gabby zu und umarmte sie stürmisch, bevor er sie hochhob und mit ihr im Kreis herumwirbelte.
Sie lachte. „Lass mich runter, du Idiot.“ Und nachdem sie auf dem Boden stand, sagte sie „danke“ und strich ihr langes, seidiges Haar glatt, dessen sich ein offenbar berühmter Friseur angenommen hatte.
Paul schüttelte den Kopf. „Nein, du brauchst mir nicht zu danken. Ich bin es, der sich bedanken muss.“ Er sah sie bewundernd an. „Ich weiß nicht, wie du es geschafft hast, Schwesterherz, aber … vielen Dank!“
Hastig wandte sie den Blick ab. „Ich habe gar nichts gemacht.“ Sie hatte lange überlegt, ob sie Paul die Wahrheit
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