Julia Sommerliebe Band 24
zittern. Ja, er hatte sich Hals über Kopf in diese störrische, forsche, wunderbare Frau verliebt, obwohl er sich geschworen hatte, niemals wieder so starke Gefühle zuzulassen.
Eine unverbindliche Affäre. War er wirklich so dumm gewesen zu glauben, dass das alles war, war er in ihr sah? Was ihn dazu gebracht hatte, sein freiwilliges Exil aufzugeben?
Was er für Bonnie empfand, war viel stärker. Längst hatte sie sein Herz erobert, schon nach ihrem ersten gemeinsamen Abend auf Bali. Alles in ihm verlangte nach ihr, sehnte sich nach einer gemeinsamen Zukunft, nach einem neuen Glück.
Er musste sich anstrengen, um nicht auf der Stelle anzuhalten, aus dem Auto zu springen und so schnell er konnte davonzulaufen.
Denn diese Liebe würde ihm das Herz brechen. Sie würde ihn endgültig zerstören. Seine Abwehrmechanismen hatten versagt, und er fühlte sich in die Enge getrieben wie ein wildes Tier.
Abermals gewann sein Fluchtinstinkt die Oberhand. Wie durch einen dichten Nebel hörte er sich sagen: „Wenn so etwas wie mit Tameeka noch einmal passiert, werde ich darum bitten, dass uns eine andere Krankenschwester zugeteilt wird.“
Bonnie sah ihn bestürzt an. Sollte das ein Witz sein? Aber Harry sah ganz und gar nicht aus, als würde er scherzen. Sein Gesicht war wie versteinert, sein Mund eine harte, dünne Linie. „Was hast du da gerade gesagt?“
„Ich werde meine Patientinnen nicht noch einmal einem solchen Risiko aussetzen. Ab sofort haben sich alle Schwangeren spätestens vier Wochen vor dem errechneten Geburtstermin in Alice Springs einzufinden.“
Bonnie konnte nicht fassen, was sie hörte. Woher kam dieser plötzliche Stimmungsumschwung? „Selbstverständlich, Herr Doktor. Vielleicht sollten wir sie sicherheitshalber direkt nach dem positiven Schwangerschaftstest verlegen.“
„Ich werde darüber nicht mehr diskutieren. Du kennst die Gründe für meine Entscheidung.“
Ungläubig schüttelte Bonnie den Kopf. „Nein. Ich kannte den Arzt, der vor fünf Minuten noch neben mir saß. Jetzt sitzt da ein Fremder.“
Sie hätte noch einiges mehr zu sagen gehabt, aber in diesem Augenblick passierten sie einen Viehtransporter, der am Straßenrand stand und eine Herde Rinder geladen hatte. Der Fahrer war ausgestiegen und gestikulierte wie wild.
Harry bremste scharf, und Bonnie kurbelte ihr Fenster herunter.
„Alles in Ordnung bei Ihnen?“, rief sie und sah im gleichen Moment, dass der Mann seinen rechten Arm dicht an den Körper gepresst hielt.
„Bin mit den Fingern im Gatter hängen geblieben, als ich das Vieh verladen habe.“ Er verzog vor Schmerz das Gesicht. „Ich glaube, ich hab’ mir die Hand gebrochen.“
„Lassen Sie mal sehen.“ Harry war bereits ausgestiegen. Bonnie eilte nach hinten, um Verbandsmaterial zu holen. Tante Dell und Bernie stiegen ebenfalls aus, blieben aber in respektvoller Entfernung stehen.
Als Bonnie zurückkam, saß der Fahrer auf einem Baumstumpf und Harry untersuchte seine Hand.
„Bonnie, das ist Blue“, sagte er, als wäre nichts zwischen ihnen vorgefallen.
Blue hatte feuerrote Haare und offensichtlich starke Schmerzen. Trotzdem glitt ein anerkennendes Lächeln über sein sommersprossiges Gesicht, als er Bonnie erblickte. Harry nahm es unwillig zur Kenntnis.
„Hallo Bonnie. Ich muss sagen, Ihr Anblick ist ein echter Trost für einen armen Trucker wie mich.“ Er tippte sich an den Hut und zwinkerte ihr zu.
Bonnie schien sich nichts daraus zu machen. Freundlich – vielleicht etwas zu freundlich für Harrys Geschmack – begrüßte sie den Mann.
„Hallo, Blue. Schön Sie kennenzulernen. Ich wette, Ihre Hand brennt wie Feuer.“
„Wahrscheinlich sind zwei Finger gebrochen und der Daumen gequetscht“, unterbrach Harry sie schroff. Er kannte sich selbst nicht mehr. War er etwa eifersüchtig? „Wenn ich mir diesen Schnitt hier ansehe, können Sie von Glück sagen, dass alle noch dran sind.“
Blue sah auf seine Hand. „Allerdings, Herr Doktor. Hab schon das Schlimmste befürchtet, nachdem ich meine Pfote aus dem Gatter gezogen hatte. Wenigstens sind mir die Viecher nicht ausgebüxt.“
Nachdem Harry Blues Hand geschient und verbunden hatte, musterte er den Truck. „Wir müssen Sie nach Uluru mitnehmen, um die Wunden zu nähen und eine Röntgenaufnahme zu machen. Am besten, Sie fahren mit uns im Rettungswagen. Es wird allerdings ein bisschen eng werden.“
Blue zögerte. Harry vermutete, dass er seine Ladung nicht im Stich lassen wollte. „Leider
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