Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie
Turkmenien Gas importierte. Das Unternehmen zerfiel jedoch sehr bald wieder. Pintschuk ging eigene Wege, und Julia Timoschenko baute JeESU auf.
Warum es zum Bruch zwischen ihnen kam, darüber haben Journalisten viel gemutmaßt. Nach einer Version habe Julia Timoschenko Viktor Pintschuk »fallen gelassen«, wobei niemand genau sagen kann, was das bedeuten soll. Andere behaupten, Julia habe sich während der kurzen Zusammenarbeit Pintschuks Methoden angeeignet, der ein wahrer Meister beim Erfinden neuer Geschäftsideen sein soll. Danach habe sie ihn nicht mehr gebraucht. Gerüchte wollen wissen, an der Trennung von »Sodruschestwo« seien echte Kriminelle beteiligt gewesen, und zwar auf der Seite der zarten Prinzessin.
Am beliebtesten ist bei der Sensationspresse die Version von der Liebe im Büro. Mit einem intimen Verhältnis zwischen beiden suchen die Reporter zu erklären, weshalb sie sich später so hassten. Pintschuk, der zum Schwiegersohn von Präsident Kutschma und Milliardär mit dem zweitgrößten Vermögen der Ukraine aufstieg, sollte später Julia Timoschenkos Imperium gnadenlos zerschlagen. Mit gleicher Leidenschaft versuchte die Ministerpräsidentin Timoschenko nach der Orangenen Revolution Pintschuks Firmenverband in ein Trümmerfeld zu verwandeln.
Was auch immer zwischen ihnen vorgefallen sein mag, Hauptgrund für den Bruch war sicher die Tatsache, dass zwei starke, einander so ähnliche Charaktere es einfach nicht lange miteinander aushielten. Eine echte Liebesbeziehung hätte nur mit einem Mann vom Schlage Pintschuks entstehen können. Aber zwischen ihnen hielten nicht einmal die geschäftlichen Bande.
Der ukrainische Journalist Oleksandr Kotschetkow äußert die Vermutung, diese erste Wahl habe Julia Timoschenkos Leben grundlegend verändert. Es war ein wirklicher Bruch in ihrer Sicht auf sich selbst, auf die Welt und die Rolle, die sie darin zu spielen hatte. »Sie kam wirklich zu der Überzeugung, sie müsse dem Volk der Ukraine das Glück bringen. Ihr pragmatisches Ziel, die reichste und unabhängigste Frau des Landes zu werden, erhielt so eine edle Seite. Sie wollte den Menschen ein kleines Stückchen Glück geben. Was für ein Glück? Das war nicht wichtig, sie hatten doch sowieso nichts … Wichtiger war, dass die Großmütter und Großväter auf den Dörfern ›ihre Julia‹ förmlich vergötterten. Diese kniefällige Hingabe war offenbar für sie die erste Dosis der mächtig wirkenden Psychodroge, die sich ›Macht über die Menge‹ nennt.«
Jedoch sind bei Julia Timoschenko Gefühle stets mit nüchternem Rechnen gepaart. Wenn sie von der Laufbahn einer landesweit bekannten Politikerin träumt, muss sie lernen, wie man den Klassenhass überwindet. Sie weiß: Eine wirkliche Perspektive hat sie in diesem Lande nur dann, wenn sie die elenden und enttäuschten Menschen, für die jeder Parlamentsabgeordnete oder Regierungsbeamte von vornherein ein Bandit und Betrüger ist, dazu bringt, wieder an eine Idee zu glauben.
Die Idee hat sie noch nicht. Dafür aber Zeit. Die Zeit der Suche nach einer nationalen Idee füllt sie mit Geld. Auf ihre Weise teilt sie so ihre Liebe mit den Landsleuten und hofft auf Gegenseitigkeit.
Nach den Wahlen im Kirowograder Gebiet geht es mit ihr aufwärts wie bei einem Raketenstart. Nichts kann sie mehr aufhalten.
Als Matthew Brzezinski sie nach ihren Plänen fragt, lässt sie wie nebenbei fallen, sie wolle Präsidentin der Ukraine werden. Was meint sie damit konkret? Die Präsidentschaftswahl von 1999, die schon fast vor der Tür steht? Hat sie tatsächlich vor, sowohl gegen Kutschma, den Schutzherrn ihrer Parlamentsfraktion, als auch gegen Lasarenko anzutreten, der ebenfalls ins Rennen gehen will? Als der Amerikaner mit dem großen Namen leichte Verwirrung zeigt, deutet sie an, er möge das nicht so wörtlich nehmen. Eher als eine schlagfertige Replik, die man sofort wieder vergessen kann. Nur sollte der Brzezinski-Clan sie sich für alle Fälle merken.
Ihre Zukunftspläne sind nur teilweise eitel; in der Hauptsache prägt sie pragmatische Berechnung. Im Grunde träumt sie von der großen Freiheit.
Den Zenit ihrer Wirtschaftskarriere hat sie erreicht, indem sie sich auf die Mächtigen dieser Welt stützte. Von diesen Lasarenkos und Kutschmas ist sie jetzt abhängig. Von deren Launen und persönlichen Sichten. Ihnen muss sie sich anpassen, diesen groben, schlauen, knauserigen und knallharten Männern. Das kann sie, aber eigentlich hat sie es satt. Wenn sie
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