Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie
Angehörige der Präsidialadministration hinter ihm stehen. Erfolg – das sind Beziehungen und eine eigene Mannschaft.
Charakter hat sie Gott sei Dank genug. Was ihren Einfluss betrifft, so ist ihr weiblicher Charme eine starke, aber nicht ausreichend zuverlässige Waffe im Kampf um die Macht. Ihre Beziehungen beschränken sich auf Pawlo Lasarenko, dem sie auf Gedeih und Verderb Gefolgschaft leisten muss. Mit seiner Hilfe ist sie Oligarchin geworden, musste allerdings großzügig mit ihm teilen. Mit seiner Unterstützung ist sie in die Oberste Rada gelangt. Der Regierungschef wirft einen zu langen Schatten.
Die Abgeordnete der Obersten Rada Julia Timoschenko begreift all das sehr gut und beginnt das Jahr 1997 mit dem klaren strategischen Ziel, die demütigende Abhängigkeit vom Ministerpräsidenten abzuschütteln. Endlich zu einer selbstständigen Figur in der ukrainischen Politik zu werden.
In diesem Frühjahr geht Julia Timoschenko einige wichtige und kühne Schritte, die danach in allen Zeitungen erörtert werden. Ende März schreibt sie einen offenen Brief an US-Präsident Bill Clinton, in dem sie vor dessen Begegnung mit Boris Jelzin das Monopol von Gazprom in den GUS-Staaten anprangert und ihm dringend empfiehlt, über diese Frage mit dem russischen Präsidenten zu sprechen.
Der Sinn des Briefes erschließt sich nicht sofort. Julia Timoschenko unterhält ausgezeichnete Beziehungen zu Wjachirew, und Gazprom ist ihr zuverlässiger Partner. Außerdem pfeift Wjachirew sowieso auf alle, selbst auf Clinton. Vielleicht wollte Julia, als sie diesen Brief schrieb, die amerikanische Besorgnis über die imperialen Ambitionen Russlands ein wenig anstacheln. Aber es war kaum zu erwarten, dass Bill Clinton im Gespräch mit Jelzin Einzelheiten des Gashandels zwischen Moskau und Kiew ansprechen werde. Der Brief, der in der einflussreichen Times erscheint, bringt ihr jedoch in politischen Kreisen der USA eine gewisse Aufmerksamkeit. Das war wahrscheinlich der Hauptzweck der Aktion. Auf alle Fälle hat die Abgeordnete der Obersten Rada mit diesem Eingreifen in den Dialog zwischen dem amerikanischen und dem russischen Präsidenten klargestellt, wie weit ihre politischen Ambitionen gehen.
Im April folgen ein Artikel in der Washington Post und eine Reise nach Amerika, wo Julia am Institut für Internationale Beziehungen der Johns Hopkins University einen Vortrag hält. Der ist gründlich durchdacht und klug aufgebaut. Er enthält genau das Quäntchen Banalität, das man in Amerika erwartet, wenn es um Osteuropa geht. Julia Timoschenko spricht von der Korruption in ihrem Heimatland, von der Bürokratie und dem Einfluss der Schattenwirtschaft auf die Geschäftswelt. Sich selbst stellt sie als Politikerin dar, die für marktwirtschaftliche Reformen eintritt, und als Abgeordnete, die auf demokratischen Gesetzen bestehen wird. Ein Augenzeuge berichtet, am Ende hätten »die gerührten Amerikaner begeistert applaudiert«.
Was sie da tut, ist eindrucksvoll, aber noch nicht sehr zielstrebig. Julia Timoschenko ertastet erst die Konturen ihres künftigen Weges. Ein neues Image hat sich noch nicht gebildet. Aber der Schwung ist bereits da. Weder zu dieser Zeit noch später soll es ihr gelingen, den Westen zu erobern. Dort fürchtet man diesen Schwung und diese Ambitionen ein wenig. Ihr wiederum fehlt es in dem pragmatischen, seelenlosen Westen an der Wärme und Herzlichkeit, die sie bei den Frauen im Gebiet Kirowograd, ihren Wählerinnen, gefunden hat. Die Liebe, nach der sie dürstet und die sie in der Politik sucht, kann sie im Westen nicht finden.
Zu einer wirklich starken politischen Figur wird Julia Timoschenko nur im eigenen Land.
Dort aber ziehen sich im Frühjahr 1997 dunkle Wolken über ihr zusammen. Während sie noch in Übersee glänzt, ist in dem düsteren Gebäude der Präsidialadministration der Rücktritt Pawlo Lasarenkos bereits besiegelt. Ein Krieg bricht aus, in dessen Mittelpunkt die Gasprinzessin und ihr geliebtes Monster JeESU stehen.
Neuntes Kapitel
Unter Kutschma drehen sich die Räder!
Der erste Krieg gegen Leonid Kutschma wurde Julia Timoschenko aufgezwungen. Das war nicht ihr Krieg. Der Präsident kämpfte um den Sieg bei den kommenden Wahlen, Lasarenko ums politische Überleben.
Bis zu Lasarenkos Rücktritt im Juni 1997 hatte Julia keinen Grund, dem Präsidenten besonders gram zu sein. Er war ihr Landsmann. Direktoren sowjetischer Rüstungsgiganten dieser Art kannte Julia zur Genüge. Kutschma erinnerte
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