Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie

Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie

Titel: Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilia Milstein , Dmitri Popov
Vom Netzwerk:
damals noch weit entfernt. Selbst im Vergleich zu Russland blühte dort Anfang der Neunzigerjahre die Bürokratie, verelendete das Volk, und die Reformen beschränkten sich auf die Kontrolle der Nomenklatura über das in Stücke gerissene Staatseigentum. Die Nationalbank der Ukraine wurde zu einer Schule des Liberalismus. Wadim Hetman stampfte sie quasi aus dem Boden und holte sich Juschtschenko als seinen Stellvertreter. Allerdings vollzog sich der Liberalismus entgegen der eigentlichen Idee auch hier nach den Regeln, die überall im Lande herrschten. Die Wirtschaft war ein Tummelplatz der Clans, und nützliche Bekannte in höchsten Kreisen waren der beste Weg zu persönlicher Bereicherung. Geld wurde in verschiedenen Zweigen gemacht, aber die Methoden waren stets die gleichen. Ein Mittel zur Bereicherung waren zum Beispiel Staatsanleihen, die die Nationalbank großzügig ausgab. Hetmans Beitrag zu Theorie und Praxis des ukrainischen Liberalismus bestand darin, dass er seinen eigenen Clan aufbaute.
    1993 musste Hetman zurücktreten. Als überzeugter Verfechter der Unabhängigkeit, der bereits 1990, noch vor dem Zerfall der UdSSR, insgeheim in München über den Druck einer eigenen ukrainischen Währung verhandelt hatte, war Hetman 1993 der Einzige, der sich kategorisch dagegen aussprach, dass die Ukraine überstürzt aus der Rubelzone ausschied. Als Fachmann sah er alle schweren Folgen dieses patriotischen, aber überstürzten Schrittes voraus. Er sollte recht behalten.
    Eine indirekte Kontrolle über die Nationalbank blieb ihm allerdings, denn er setzte die Ernennung Viktor Juschtschenkos auf seinen Posten durch. Und natürlich blieb Hetman auch weiterhin der Ruf eines der wichtigsten Akteure im Finanzwesen der Ukraine. Er war der Erste, der Juschtschenko, den stattlichen, bescheidenen und ausgeglichenen Sammler von Tripolje-Scherben, in eine politische Führungsrolle drängte.
    Wäre es dem Tandem Hetman-Juschtschenko gelungen, den Gipfel der Macht zu erklimmen, dann hätte der »Pate« stets die erste Geige gespielt. Selbst wenn Juschtschenko an die Spitze der Ukraine getreten wäre, hätte die wirkliche Führung bei Hetman gelegen. Zum Beispiel in der Funktion des Ministerpräsidenten.
    1997, als man Viktor Juschtschenko nach Umfragen der Zeitschrift Global Finance zu einem der sechs besten Banker der Welt kürte, wurde bekannt, dass er die Absicht habe, bei der Präsidentschaftswahl anzutreten. Der Stab von Leonid Kutschma, dem Anwärter Nummer eins, reagierte darauf mit einer ganzen Welle kompromittierenden Materials gegen Hetmans Mannschaft, vor allem aber gegen den neuen Rivalen im Kampf um den Thron. Viktor Juschtschenkos erster Anlauf auf den Präsidentenstuhl endete mit einer Tragödie.
    Im Frühjahr 1998 wurde Hetman im Alter von 63 Jahren im Fahrstuhl seines eigenen Hauses erschossen. Die Spurensicherung fand am Tatort sechs Patronenhülsen des Kalibers 7,62. Die Untersuchungen ergaben, dass man aus einer TT-Pistole geschossen hatte. Die einzige Spur führte ins Nichts. Der Mord ist bis heute nicht aufgeklärt.
    Ein Jahr später verzichtete Juschtschenko auf seine Kandidatur. Zum Dank wurde ihm der Posten des Regierungschefs angeboten.
    Das neue Staatsoberhaupt und der neue Ministerpräsident waren einander dankbar. Kutschma vergaß Juschtschenko nicht, dass der ihm im Präsidentenamt den Vortritt gelassen hatte. Juschtschenko wusste zu würdigen, dass man ihm vertraute. An die Rolle des zweiten Mannes gewohnt, der sich einem Führer unterordnete, war Juschtschenko nach Hetmans Tod auf der Suche nach einem neuen Schutzherrn. Als man ihn später einmal nach seinem Verhältnis zu Kutschma fragt, entschlüpft ihm, der sei für ihn fast wie ein Vater. Daran ist kein Quäntchen Schmeichelei. Damals dachte und fühlte er wirklich so.
    Neben Wadim Hetman gab es einen weiteren Menschen, der Jusch­tschenko half, an seine eigene Kraft zu glauben und über seine Bestimmung nachzudenken.
    Sie lernten sich im Flugzeug kennen. Zwei Ukrainer, die verschiedenen Geschäften nachgingen, welche sich als gemeinsame herausstellten. Nur – der Banker Viktor Juschtschenko hatte einen ukrainischen Pass, die Diplomökonomin der Universität Chicago Kateryna Chumachenko dagegen einen amerikanischen. Sie arbeitete im State Department. Wenn man die Political Correctness beiseitelässt, dann hatte sie blutigen Anfängern die Grundlagen der westlichen Marktwirtschaft beizubringen. Seit 1992 lebte sie in der Ukraine und

Weitere Kostenlose Bücher