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Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie

Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie

Titel: Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilia Milstein , Dmitri Popov
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jede Sekunde in Gefahr, das wussten alle. Auch Julia Timoschenko, die damals bereit gewesen wäre, für ihren Präsidenten das Leben hinzugeben.
    Übrigens kam sie hinter den Schilden der Miliz heil und ganz wieder hervor. Die Staatsmacht konnte sich nicht entschließen, sie festzuhalten, weil sie wusste, dass die Demonstranten dann das Gebäude auseinandergenommen hätten. Keine Schilde und keine Kugeln der Sondereinheiten hätten sie aufhalten können. Aber auch Julia Timoschenko gab in dieser Nacht nicht den Befehl, das Gebäude zu stürmen, obwohl sie genau wusste, dass ein Wort von ihr genügt hätte. Die Präsidialadministration zu besetzen, machte ohne Juschtschenko keinen Sinn, dem die Revolutionäre den Weg bahnen wollten. Aber es gab einen weiteren, noch wichtigeren Grund.
    Darüber sprach Julia Timoschenko am nächsten Tag auf dem Maidan: »Wir haben gesehen, dass dort nicht nur eine ukrainische Sondereinheit stand, sondern auch das Kontingent eines anderen Landes. (Damit meinte sie Angehörige russischer Spezialeinheiten.) Offiziere haben uns gewarnt, unsere Jungs würden nicht schießen, aber das ausländische Kontingent hatte eindeutigen Befehl: Wenn über 50 Personen die Straße vor der Präsidialadministration betreten, das Feuer eröffnen!«
    Julia Timoschenko ließ den Gedanken nicht zu, die Operation vom Vortag könne als Niederlage gesehen werden. Wie immer strahlte sie Entschlossenheit und Siegesgewissheit aus, mit der sie die Tausenden ihrer Gefolgsleute ansteckte: »Es wird keinen Präsidenten Janukowitsch geben! Nichts da mit Pessimismus! Mit ausgebreiteten Flügeln eilen wir zum Sieg!«, rief sie dem Maidan zu. Und die Menschen antworteten ihr im hunderttausendstimmigen Chor mit der kürzesten Losung der Revolution: »Julia! Julia! Julia!«
    Ein halbes Jahr später wird der berühmte Geschäftsmann und Philanthrop George Soros am Ende eines Besuches in der Ukraine eine äußerst scharfe, skandalöse Erklärung abgeben, die viel Staub aufwirbelt. Im Sommer 2005, als die blutige Niederschlagung des Aufruhrs in Andischan durch den usbekischen Präsidenten Karimow in aller Munde ist, beschuldigt Soros den russischen Präsidenten, er habe bei diesem Massenmord seine Hand im Spiel gehabt. Angeblich habe Putin alle Folgen dieser Ereignisse vorausberechnet – den Bruch Karimows mit dem Westen und den Rückfall Taschkents in die Rolle des von Moskau abhängigen Vasallen. Dieses Szenarium, so erklärt er, habe der Kreml-Chef in den Tagen des Maidans auch Kutschma empfohlen.
    Wörtlich erklärt Soros: »Wir wissen von dem Präzedenzfall, da Putin Präsident Kutschma während der Orangenen Revolution empfohlen hat, auf die Menschen schießen zu lassen. Es ist ein großes Glück, dass Kutschma diesen Rat nicht befolgt hat.« Im Unterschied zu Islam Karimow, der »den Ratschlag angenommen hat, weshalb es zu diesem größten Gemetzel in der jüngeren Geschichte gekommen ist«.
    Kann man Soros Glauben schenken? Bekanntlich hat der amerikanische Milliardär persönliche Rechnungen mit dem Kreml und verschiedenen seiner früheren und heutigen Bewohner von Beresowski bis Putin zu begleichen. Bekanntlich hat er durch die Finanzkrise in Russland über zwei Milliarden Dollar verloren und wurde vom heutigen Präsidenten faktisch aus dem Lande gejagt. Seitdem appelliert Soros an die Führer des Westens, die Russische Föderation aus den G8 auszuschließen und Russland als Atommacht abzuschreiben.
    Andererseits deutet alles, was wir von Putin wissen, darauf hin, dass dieser Mann wohl kaum ein überzeugter Gegner von Gewalt, etwa ein neuer Mahatma Gandhi ist. Auch sein Verhalten bei den Wahlen in der Ukraine passt in dieses Bild: Er wollte die Niederlage Jusch­tschenkos um jeden Preis. Dafür ließ er seine Polittechnologen überfallartig in Kiew einfliegen. Die gaben dort nicht wenig Geld aus, was ihnen aber offenbar kaum etwas einbrachte. Als der bekannte Propagandist Gleb Pawlowski nicht mehr weiterwusste, nannte er Juschtschenko gar einen Faschisten … Soros dagegen war vor dieser aufsehenerregenden Erklärung in Kiew sehr gastfreundlich von Jusch­tschenko empfangen worden. Dass aus dessen Pressebüro danach kein Dementi zu hören war, lässt eher vermuten, dass der ­Finanzier gar nichts Neues sagte.
    Mit der Blockade der Präsidialadministration hatten Julia Timoschenko und ihre Anhänger das wirksamste Instrument gefunden, wie sie die Staatsmacht unter Druck setzen konnten. Einen Tag nach ihrem Flug auf

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