JULIA VALENTINSBAND Band 21
denke ich an eine eher verbindlichere Übereinkunft.“
„Wie zum Beispiel eine Ehe?“
„Vielleicht.“
„Ein bisschen spät, findest du nicht?“
„Besser spät als gar nicht. Außerdem wissen wir beide, dass ich damals einen ziemlich kläglichen Ehemann abgegeben hätte. Ich war zu jung und ein Klugscheißer.“
„Erwarte nicht, dass ich dir da widerspreche. Aber ich bin trotzdem neugierig. Warum meinst du, wärst du jetzt ein besserer Ehemann? Im vergangenen Jahr hast du gerade mal ein paar Wochen in dieser leeren Scheune verbracht, die du dein Zuhause nennst. Da wäre dann noch diese ganz unbedeutende Sache mit deinem Job.“
Mit dem Kopf deutete Harry auf die Narben, die Rorys Handrücken zierten.
„Meinst du, du kannst ewig durch Autoscheiben springen und Klienten aus brennenden Fahrzeugen retten?“
„Ja, okay, das war auch ein Teil meiner Überlegungen.“
Rory blickte nach unten und ballte die Hand zur Faust. Diese einfache Übung hatte er monatelang nicht ausführen können, nachdem der Auftrag in Seattle so schiefgelaufen war.
„Wir beide wissen, wie die Chancen stehen, Harry. Je hochkarätiger unsere Kunden sind, desto größer die Gefahr, mit ihnen unterzugehen. Andersherum, je größer das Risiko, desto höher der Verdienst. Ich habe mehr Geld auf der Bank, als ich in meinem Leben ausgeben kann.“
„Und niemanden, dem du’s vererben könntest“, bemerkte sein langjähriger Freund und Mentor, „außer einem halben Dutzend Wohltätigkeitsorganisationen, die du ständig an der Backe hast. Du wirst also eine reiche Witwe aus Caroline machen.“
„Hoffentlich nicht so bald. Aber so oder so wird sie für ihr Leben ausgesorgt haben.“
„Nur mal aus reiner Neugierde“, sagte Harry. „Weshalb bist du so sicher, dass Caroline dich überhaupt haben will?“
„Ich bin gar nicht so sicher. Aber irgendwas gibt es zwischen uns, das nicht weggeht. Ein Funken, ein Feuer. Was auch immer. Es schwelt schon die ganzen Jahre.“
„Ja, ich habe dich letzte Woche am Strand gesehen, wie du die Flammen entfacht hast.“ Er fuhr sich mit der Hand über sein kurz geschnittenes, grau meliertes Haar und blickte Rory nachdenklich an. „Hast du ihr von deinen Plänen für ihre Zukunft schon erzählt?“
„Noch nicht.“
„Wann hast du denn vor, sie ihr offenzulegen?“
„Ich bin mir nicht sicher. Heute Abend vielleicht, in Barcelona.“
Harry nickte bedächtig. „Ich sag es noch einmal, mein Junge. Tu dem Mädchen noch einmal weh, dann wirst du mir Rede und Antwort stehen.“
„Hab verstanden. Und jetzt gib mir eine kurze Zusammenfassung von dem, was du über diesen Casteel herausgefunden hast.“
Caroline beschloss, dass dieses Treffen mit Rorys hochkarätigem zukünftigem Klienten eine etwas professionellere Kleidung verlangte als ihre eher legeren Outfits, die sie zu den Konferenzen getragen hatte. Sie schlüpfte in schwarze Pumps und in ihren engen schwarzen Rock mit dem dazu passenden Jackett über ihrem aquamarinblauen Seidentop.
Sie war froh, dass sie sich umgezogen hatte, als sie Rory in der Lobby traf. Er hatte ebenfalls die Kleidung gewechselt und sich in seinem maßgeschneiderten dunkelgrauen Anzug mit der Seidenkrawatte in den formellen Geschäftsmann zurückverwandelt. Fast wirkte er wieder wie ein Fremder, bis er sie mit diesen bernsteinfarbenen Augen anblickte und ihr erneut ein heißer Schauer über den Rücken lief.
„Fertig?“
Als sie nickte, nahm er ihre Reisetasche und trug sie zusammen mit seiner eigenen zu dem silberfarbenen BMW, der vor dem Eingang parkte. Der lächelnde Empfangsangestellte öffnete ihr die Autotür. Sie schlug mit einem gedämpften Klicken zu und schloss Caroline mit Rory in einen mit watteweichem Leder und hochmoderner Technik ausgestatteten Käfig.
Auf der Fahrt in die Stadt sagte Caroline kaum etwas. Während sie die „autopista“ A7 entlangrasten, gingen ihr wieder Bruchstücke der Unterhaltung mit Devon und Sabrina durch den Kopf.
Die Zeit läuft aus.
Soll ich meinem Instinkt folgen oder diesmal Vernunft walten lassen?
Sie umklammerte den Plan, den Señor Casteel ihr von dem Weg zu seinem Büro geschickt hatte. Bei einem kurzen Seitenblick auf den Mann neben sich konnte sie in dem scharf geschnittenen Profil nur noch Spuren des Teenagers, auf den sie so scharf gewesen war, entdecken.
Dieser Rory Burke war so anders und auf gefährliche Art beeindruckend. Die kantige Kinnpartie, die Fältchen in den Augenwinkeln, der abgeflachte
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