JULIA VALENTINSBAND Band 21
Kraftakt von einer Last befreit, sich aber gleichzeitig auch sehr unsicher gefühlt, wie es jetzt mit ihr weitergehen sollte. Und sie hatte einfach ein bisschen Zuwendung gebraucht. Nur deshalb hatte sie Bens Einladung angenommen. Aber hatte sie wirklich selbst entschieden, dass sie mit ihm schlafen wollte? Oder hatte er sie einfach mit seinem Charme verführt, so wie zweifellos unzählige Frauen vor ihr?
Malcolm zog sie mit sich fort. „Ist das dein Ernst?“, fragte Ben, als er sie eingeholt hatte. „Billard gilt bei Frauen eigentlich nicht unbedingt als klassische Beschäftigung an Silvester.“
Celeste lachte. Ben konnte wirklich ein Schatz sein, aber seine Ansichten über die Rollen von Männern und Frauen waren doch sehr verbesserungsbedürftig. Schließlich hatten Frauen nicht alle nur Klamotten, Schuhe und Eroberungen im Sinn. Sie jedenfalls nicht.
Der Lärm drang zum Glück nur gedämpft in den Nebenraum, der von einem ausladenden Billardtisch beherrscht wurde.
Malcolm nahm ein Queue von der Wand und kreidete die Spitze ein. „Ich bin bereit.“ In der Mitte des mit grünem Filz bespannten Tisches wartete das Dreieck mit den bunten Kugeln auf Spieler. „Du fängst an.“
Auch Ben nahm sich ein Queue und blinzelte Celeste zu. „Malcolm und ich haben eine Abmachung.“
Malcolm strich über seinen Bart. „Genau. Wir spielen, er gewinnt. Aber nicht dieses Mal.“ Er hob triumphierend sein Queue. „Dieses Mal mache ich dich platt.“
Celeste nahm auf einem Hocker Platz und klatschte Beifall, wenn einer der Männer eine Kugel versenkte. Es war ein gutes und schnelles Spiel, aus dem Ben offenbar wie immer als Sieger hervorging.
Malcolm stellte sein Queue ab und fuhr sich mit beiden Händen durch das dichte rote Haar. „Eines noch“, bettelte er, während er die Kugeln wieder einsammelte und in den Rahmen legte.
Ben rieb sich den Nacken. „Heute nicht mehr.“
„Du bist mir eine Revanche schuldig. Celeste hat bestimmt nichts dagegen, wie ich sie einschätze.“
Celeste rutschte von ihrem Hocker und nahm sich Malcolms Queue, warf einen prüfenden Blick auf die Kugeln, schloss ein Auge und zielte. Im nächsten Moment stoben die Kugeln auseinander, und die mit der Nummer zehn rollte schnurgerade in die rechte hintere Einfalltasche. Celeste drehte die Queuespitze in der Kreide und blies dann darüber. „Nein, ich habe nichts dagegen“, sagte sie dann. „Ich spiele gern.“
Bens Augen wurden schmal, und er verschränkte die Arme vor der Brust. „Ein Glückstreffer.“
Celeste versenkte die Kugel mit der Neun in die linke Mitteltasche. „Wenn du meinst.“
Ben lachte ungläubig. „ Du kannst Billard spielen?“
„Schockierend, nicht?“, gab Celeste mit gespieltem Erschaudern zurück.
Malcolms Grinsen wurde immer breiter, und er machte es sich auf Celestes Hocker bequem. „Das wird interessant.“
In Bens Gesicht spiegelte sich eine leichte Überheblichkeit, als er die Kugeln wieder zu einem Dreieck legte. „Du eröffnest.“
„Ich möchte dir gegenüber nicht unfair sein.“
Mit einem Lächeln ging er an ihr vorbei. „Fang einfach an.“
Celeste versenkte sechs Kugeln, bevor Ben seine erste Chance bekam. Mittlerweile wirkte er doch ein wenig nervös.
Er straffte entschlossen die Schultern. „Ich bin dran.“ Beinahe hätte er sie grob beiseitegeschoben.
Celeste stützte sich auf ihr Queue und sah ihm zu. Sie amüsierte sich königlich.
Als Ben sieben Kugeln eingelocht hatte, stand ihm der Schweiß auf der Stirn. Jetzt fehlte noch die schwarze Acht. Er beugte sich weit über den Tisch, positionierte die Queuebrücke und zielte. Dann stieß er mit einer geübten, geschmeidigen Bewegung an die weiße Kugel. Celeste hielt den Atem an, als die Kugel die schwarze traf und in gerader Linie in Richtung der linken hinteren Tasche schickte. Eine Haaresbreite davor blieb die Kugel stehen.
Ben richtete sich auf und blinzelte. Offensichtlich frustriert, leerte er in einem Zug sein Glas.
Celeste ließ sich ihren Triumph nicht anmerken, als sie ihre eigene siebte Kugel versenkte und dann ebenfalls Ziel auf die entscheidende schwarze nahm.
Da öffnete sich die Glasschiebetür zum Balkon, und ein Mann kam hereingestolpert, lachend und ganz deutlich angetrunken. Er stieß an den Billardtisch, und die schwarze Kugel verschwand ohne Celestes Zutun in der Tasche.
Sie stieß eine Verwünschung aus, Ben lächelte, und Malcolm sprang vom Stuhl. „Das Spiel muss wiederholt werden“, forderte
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