JULIA VALENTINSBAND Band 21
gewesen. Jetzt war ihr ein großer Teil genommen, und sie war verunsichert. Und ihre unausgegorenen Gefühle für Ben waren dabei auch nicht sehr hilfreich. Konnte das irgendwohin führen? Und wenn, was bedeutete das dann für ihr weiteres Leben? Bis vor sechs Wochen war die Zukunft noch ganz klar vorgezeichnet gewesen, und jetzt? Jetzt war auf einmal alles möglich.
Sie folgte Ben in die Küche, und zusammen putzten sie den Salat und schnitten Tomaten und Schalotten. Dann legte er die Steaks auf den heißen Grillstein.
Er schien sich in seiner Küche sehr heimisch zu fühlen.
„Kochst du oft für dich?“
„Fast jeden Abend. Kannst du mir mal den Pfeffer geben, bitte?“ Ben würzte das Fleisch und wendete es. Ein würziger Duft erfüllte die Küche. Ob er wohl auch seine Soßen selbst machte? Vielleicht etwas Scharfes …
Ihr Blick wanderte zu seinem Mund, und dabei rutschte sie mit dem Messer aus. „Autsch!“
Ben inspizierte die Wunde. „Scheint nicht schlimm zu sein.“ Er drehte den Hahn auf und hielt Celestes Finger unter das fließende Wasser. Anschließend nahm er ein frisches Küchenhandtuch aus einer Schublade, betupfte den Schnitt mit Jod und klebte ein Pflaster darauf.
Dann senkte er den Kopf und küsste den Finger. Unwillkürlich richteten Celestes Brustspitzen sich auf. Es war nur eine kleine Berührung, und doch ging sie ihr durch und durch. Ahnte er auch nur im Entferntesten, welche Wirkung er auf sie hatte? Aber natürlich.
Jetzt ließ er ihre Hand fallen und wandte sich wieder dem Essen zu. „Die Steaks waren zu lange auf dem Grill.“
„Sie schmecken bestimmt wunderbar.“ Celeste hatte sich wieder erholt und fing an, den Salat zu mischen. Sie hob ihren Finger hoch. „Danke.“
Er lachte. „Vielleicht wäre es besser, wenn ich das Steak für dich schneide. Das senkt die Verletzungsgefahr.“
„Wahrscheinlich würdest du mich am liebsten auch gleich füttern.“
Das war natürlich scherzhaft gemeint, aber irgendwie hatte der Gedanke etwas sehr Verführerisches – vor allem die Vorstellung, dass sie dabei von ihrem sexuellen Verlangen so überwältigt wurden, dass sie sich hungrig aufeinanderstürzten.
Ben antwortete nicht, sondern nahm nur mit einem Lächeln die Teller und trug sie auf den Balkon hinaus. Celeste folgte ihm mit dem Salat und dem Wasser.
Es schmeckte ihr besser als alles, was sie selbst in letzter Zeit gekocht hatte, und sie ließ nur wenig auf dem Teller zurück. „Meinetwegen könntest du jeden Abend für mich kochen“, meinte sie, als sie sich den Mund abtupfte.
„Freut mich, dass es dir geschmeckt hat.“ Er schenkte Wasser nach, sah auf die Uhr und stand auf. „Fast Mitternacht.“
Celestes Nerven begannen zu flattern. Natürlich würde er sie küssen, vielleicht zuerst nur flüchtig, aber der Kuss würde sich vertiefen, bis ihr die Sinne schwanden. Was passierte dann? Würde sie ihm signalisieren, dass sie zu mehr bereit war? Aber wenn er nicht mehr wollte? Und wenn doch?
Um sie herum zischten die ersten Raketen in den Himmel. Rufe wurden laut, Pfiffe, Autos hupten, von irgendwoher erklang Musik. Die Einwohner von Sydney liebten Silvester, und mit jedem Jahr schienen sie noch ausgelassener zu feiern.
Die Spannung wuchs fast ins Unerträgliche. Celeste stand neben Ben am Geländer, die Hände ineinander verkrampft. Wieder sah er auf die Uhr, dann hinüber zur Hafenbrücke, die jeden Moment in flammendes Licht explodieren musste.
Und dann sah er sie an und sagte mit seiner tiefen, fast feierlichen Stimme: „Falls du gerade darüber nachdenkst: Ich werde dich gleich küssen.“
Ihre Knie wurden weich, aber sie hob nur scheinbar unbeeindruckt die Schultern. Was er konnte, konnte sie schon lange. „Eigentlich habe ich mir darüber noch keine Gedanken gemacht.“
Die letzten Sekunden des Jahres waren angebrochen. Zehn, neun, acht …
Ben nahm Celestes Hand, und sein Gesicht kam näher, unheimlich fast, im dramatischen Wechselspiel von Licht und Schatten. „Darauf hatte ich schon den ganzen Abend Lust.“
Fünf, vier, drei …
Wie sollte sie reagieren? Was sollte sie sagen? Sie sehnte sich nach diesem Kuss, mehr als nach allem anderen. Aber wollte er danach auch mehr?
In nächsten Moment brach unbeschreiblicher Jubel los, und der Himmel schien in tausend Farben zu explodieren. Winzige Sterne regneten daraus herunter und verglühten in allen Farben des Regenbogens.
„Das sind alles Sternschnuppen, Celeste“, flüsterte Ben dicht an ihrem
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