JULIA VALENTINSBAND Band 21
Nun, von ihrem Standpunkt aus gesehen ergab das sicher Sinn. Aber anstelle der arroganten Sirene, die er sich nach den Geschichten seiner Mutter immer vorgestellt hatte – eine Frau, deren Ego so dick gepanzert war, dass nichts sie so leicht verletzten konnte – fasste die Frau vor ihm seine Worte persönlich auf. Glaubte sie etwa, dass er einen Blick riskiert und dann entschieden hatte, dass es sich nicht lohnte, Zeit auf sie zu verschwenden? Auch wenn er keine Lust auf dieses Blind Date gehabt hatte – verletzen wollte er sie auf keinen Fall.
„Meine Mutter lässt Sie herzlich grüßen“, sagte er und ließ den Blick anerkennend über ihr Gesicht schweifen. Interessanterweise passte sie gar nicht in sein übliches Beuteschema. Normalerweise bevorzugte er den Modell-Typ, große, kühle Frauen, die dekorativ waren, aber auch klug genug zu wissen, was gespielt wurde. Die jungen Unschuldslämmer wollten sich ständig nur verlieben. Doch diese Anhänglichkeit entsprach nicht seiner Natur und stand auch gar nicht zur Debatte.
Solange er zurückdenken konnte, beschäftigte er sich schon mit dem menschlichen Wesen. Seiner Meinung nach war Verliebtsein nur etwas für Dummköpfe, die die Augen vor der Realität verschlossen und auf ein Märchen hofften. Er hielt sich für viel zu klug, um auf solchen Unsinn hereinzufallen.
Aber trotzdem wirkte die junge Frau irgendwie anziehend auf ihn. Sie sah intelligent und schlagfertig aus. Ihre Augen funkelten in einem ungewöhnlichen Blau und waren umrahmt von dichten, dunklen Wimpern. Die leichten Sommersprossen auf ihrer kleinen Nase wirkten wie Zimtstaub. Und ihr Haar, das wie der Sonnenschein leuchtete, war beinahe nachlässig frisiert, sodass ihr immer wieder einige Strähnen ins Gesicht fielen, die sie dann mit der Hand energisch nach hinten schob.
Kaum das, womit Max gerechnet hatte. Nach den Geschichten seiner Mutter war er fest davon überzeugt gewesen, sie auf den ersten Blick nicht ausstehen zu können. Jetzt war er sich nicht mehr so sicher.
„Ich hoffe, wir können unseren Abend irgendwann nachholen“, sagte er und meinte es aufrichtig. „Darf ich Sie morgen anrufen?“
„Oh“, wiederholte sie und starrte ihn mit aufgerissenen Augen an. „Ich … ich denke, ja.“
Zugegeben, ihr Wortschatz war nicht besonders groß. Aber vielleicht bin ich auch ein wenig zu brüsk gewesen, überlegte er. Das hatten seine Freunde und seine Angestellten ihm jedenfalls schon öfter vorgeworfen, und er bedauerte es sehr. Denn er hatte nicht die Absicht, ruppig zu sein.
Trotzdem hatte Max keine Zeit mehr. Schulterzuckend lächelte er sie an und wandte sich dem Ausgang zu. Er war schon fast aus der Tür, als er sich an die dumme Rose in seiner Hand erinnerte. Warum sie nicht ihr in die Hand drücken? Was sollte er auch sonst damit anstellen?
Als Max sich umdrehte, stellte er fest, dass sie ihn immer noch mit aufgerissenen Augen anstarrte. Irgendetwas in dem Blick aus diesen großen blauen Augen war äußerst merkwürdig …
„Oh, zum Teufel noch mal“, fluchte er heftig. Wenn er sie in der Lounge sitzen ließe, würde er sich vorkommen, als würde er einem Welpen verbieten, ihm nach Hause zu folgen. „Warum begleiten Sie mich nicht einfach? Wir können irgendwo anhalten und uns was zu essen holen.“
Insgeheim gratulierte Max sich zu seinem Vorschlag. Das war eine gute Idee. So konnte er sich seiner ursprünglichen Verpflichtung entledigen, ohne gleich die Hoffnung auf eine zukünftige Beziehung zu zerstören. Gleichzeitig musste er kein schlechtes Gewissen haben, wenn er später seine Mutter anrief. Brillant!
„Ich … äh … vielleicht.“ Cari räusperte sich.
Sie begriff nicht, warum sie nicht in der Lage war, auch nur einen einzigen klaren Satz zu äußern. Das war so gar nicht typisch für sie. Aber die Tatsache, dass der Mann vollkommen anders aussah, als sie ihn sich vorgestellt hatte, hatte ihr schier die Sprache verschlagen, und sie brauchte ein paar Minuten, um den Schock zu überwinden. Im Augenblick schien sie Wachs in seinen Händen zu sein, und das Nächste, was sie mitbekam, war, wie er seine Hand zwischen ihre Schulterblätter legte und sie sanft durch die Menge steuerte.
Cari begleitete ihn tatsächlich. So sah es jedenfalls aus. Unsicher schaute sie zurück und wusste nicht genau, ob es klug war, mit einem Fremden in die Nacht hinauszueilen. Wobei Fremder nicht ganz stimmte, er war der Cousin von Maras Ehemann. Zumindest hatte ihre Freundin das
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