JULIA VALENTINSBAND Band 21
hinterlassen.“
„Hast du die Wohnung nach irgendwelchen Hinweisen auf ihren Aufenthaltsort abgesucht?“
„Selbstverständlich. Aber ich habe nichts Wichtiges gefunden.“
„Verdammt“, fluchte Max, „wir können doch nicht hier sitzen bleiben und warten.“
„Die Nanny meinte, dass sie es langsam auch mit der Angst zu tun bekommen hatte und kurz davor war, die Polizei zu rufen, als ich kam.“
„Aber dann hat sie es doch nicht getan?“
„Nein.“
„Gut.“ Max nickte wieder. „Wir werden einen Anwalt engagieren, bevor wir die Behörden informieren.“
Tito musterte ihn eindringlich. „Du hast also vor, das Baby zu dir zu nehmen?“
„Was sonst?“
Tito nickte. Wie auf Befehl begann das Kind wieder zu weinen.
Max starrte auf das Bett. Tito auch. Das Baby weinte noch lauter.
„Es weint“, erklärte Tito schließlich.
„Ja. Scheint so.“ Max entfernte sich ein paar Schritte. Mit schreienden Babys hatte er bisher kaum Erfahrung gemacht, und er war sich nicht sicher, dass er sie unbedingt vermisste.
Tito wackelte mit dem Finger vor der Nase des Babys herum. Aber es schrie nur noch lauter.
„Er hört nicht auf“, bemerkte er mit besorgtem Blick.
Max schien sich ebenfalls unbehaglich zu fühlen. „Nein.“ Er schaute seinen Assistenten an. „Hat es vorher auch geschrien?“
Tito schüttelte den Kopf. „Es hat geschlafen. Glaube ich jedenfalls. Auf jeden Fall hat es nicht einen solchen Lärm gemacht.“
„Aber jetzt.“ Max zuckte zusammen, als der Lärmpegel noch weiter anstieg.
„Und was macht man, wenn sie schreien?“, fragte Tito seinen Boss, der ziemlich verloren dreinschaute.
Die Sorgenfalten auf Max’ Stirn wurden tiefer. „Zum Teufel noch mal, woher soll ich das wissen?“
Die beiden Männer starrten einander an und dann wieder auf das Baby. Die Stimmung war düster.
Inzwischen hatte Cari es geschafft, das Zimmer zu durchqueren, und stand nun direkt hinter ihnen. Sie konnte das Kind kaum sehen. Es schrie, als würde ihm das Herz brechen. Ihre Angst, ihre Panik hatten sich verflüchtigt. Ihr Herz pochte aufgeregt, aber sie hatte sich unter Kontrolle. Mit einem tiefen Atemzug drängte sie sich an den Männern vorbei ans Bett.
„Rennen Sie sich auf der Suche nach dem Aus-Schalter bloß nicht über den Haufen“, stieß sie knapp hervor. „Babys haben keinen.“
Max trat zurück und schien erleichtert, als Cari die Gitterstäbe am Bett umfasste. Innerlich straffte sie sich, senkte den Blick und machte sich auf das Schlimmste gefasst. Ein dichter dunkler Haarschopf, dicke, rot geweinte Wangen und fest geschlossene Augen.
Zwei Fäuste, die wild in der Luft umherfuchelten – nein, das Kind besaß keinerlei Ähnlichkeit mit ihrer Tochter. Erleichterung durchströmte sie, und zwei Sekunden lang schloss sie die Augen, bevor sie wieder hinunterschaute und mit dem kleinen Kerlchen sprach.
„Sie wissen, wie man mit Babys umgeht?“, fragte der Mann, mit dem sie hergekommen war.
Cari nickte, ohne ihn anzuschauen. Sie wollte nicht, dass er ihre feuchten Augen bemerkte.
Max starrte sie an. Ganz bestimmt war er Frauen und ihren Gefühlen gegenüber nicht immer so aufmerksam, wie er es eigentlich sein sollte. Aber er bemerkte sehr genau, dass in dieser Wohnung gerade irgendetwas Bedeutendes passierte. Krampfhaft grübelte er darüber nach, worum es sich handeln könnte, als Tito ihm von der Schlafzimmertür aus zuwinkte.
Er zögerte einen Moment und vergewisserte sich, dass mit ihr alles in Ordnung war, bevor er ins Schlafzimmer ging, um die Nanny zu befragen.
Cari wiegte den kleinen Jungen in ihren Armen, bis das Weinen verklungen war. Das Baby schloss die Augen, die langen, dunklen Wimpern flatterten noch einen Moment auf den rundlichen Wagen, dann war es still. Sie küsste ihn auf die Stirn und summte ihm leise ein Lied vor.
Es fühlte sich alles so natürlich an. All das, was sie bei ihrem eigenen Baby gelernt hatte, kam nun vollkommen natürlich zu ihr zurück – auch wenn sie daran jetzt nicht denken wollte. Die Vergangenheit auszublenden war immer noch ein Teil ihres Plans, um die Gegenwart akzeptieren zu können. Sie war lange genug in ihrer Trauer versunken gewesen und hatte erkannt, dass sie so nicht den Rest ihres Lebens verbringen konnte. Viel zu lange hatte sie versucht, jede Begegnung mit Babys zu vermeiden weil sie hoffte, so dem Schmerz aus dem Weg zu gehen, den die Erinnerungen mit sich brachten.
Doch jetzt, wo sie ohne Vorwarnung ins kalte Wasser
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