Julia-Weihnachten Band 23
Begeisterung angesteckt hatte.
Nach dem Tod ihrer kleinen Schwester sah Guadalupe keinen Grund mehr, in den Staaten zu bleiben. Also kehrte sie mit ihrem Neffen Gregorio gleich nach seiner Taufe zurück in ihr Heimatdorf Rio San Juan. Dort zog sie ihn so liebevoll wie einen eigenen Sohn auf. Fast täglich erzählte sie ihm Geschichten von seiner Mutter, einer Träumerin mit großen Plänen für seine Zukunft.
Maria hatte von Anfang an, auch ohne ärztliche Untersuchung, vorausgesehen, dass es ein Junge wurde. „Ich hatte eine Vision. Dieser kleine Junge wird zu einem ganz besonderen Menschen heranwachsen. Vielleicht wird er sogar Präsident der Vereinigten Staaten.“
Gregorio, der mit dem Optimismus und der Zielstrebigkeit seiner Mutter gesegnet war, glaubte bald selbst daran.
Doch das Schicksal war eigensinnig. Wie so oft zerstörte es auch diesmal die schönsten Träume, vereitelte die kühnsten Pläne.
Kurz nach seinem sechsten Geburtstag erkrankte Guadalupe, die körperlich nie besonders kräftig gewesen war, an Blinddarmentzündung. Ein Arzt aus dem Nachbarort operierte sie, doch es stellten sich Komplikationen ein. Sie bekam eine Lungenentzündung und starb wenige Tage später.
Da keine weiteren Angehörigen vorhanden waren, landete Gregorio in einem Waisenhaus. Dort wurde der Junge, der von sich glaubte, zu Höherem berufen zu sein, eines unter vielen armen Waisenkindern.
Es war eine traurige Zeit in seinem Leben, aber er hörte nicht auf, an sich selbst und an den Erfolg zu glauben, den seine Mutter ihm vorausgesagt hatte. Und er hielt an der Vorstellung fest, dass die Vereinigten Staaten das Land sind, in dem Milch und Honig fließen.
Daher interessierte er sich sehr für die amerikanischen Hilfskräfte, die mit verschiedenen Wohlfahrtsverbänden nach Mexiko kamen und Kleidung, Lebensmittel und Spielzeug für die unterprivilegierten Kinder mitbrachten. Sie nahmen Reparaturen an den Gebäuden vor und beschäftigten sich mit den Waisen, lasen ihnen vor und brachten ihnen Spiele und Lieder bei.
Gregorio war klüger als die meisten. Er wusste, dass er Englischkenntnisse brauchte, wenn er irgendwann in die USA ziehen und den Traum seiner Mutter wahr machen wollte. Also nutzte er jede Gelegenheit, die Sprache der Besucher zu lernen. Und mit zwölf hatte er sich ein solides Grundwissen angeeignet.
Immer wieder schlug das Schicksal Türen vor ihm zu, doch er fuhr fort, nach einem offenen Fenster zu suchen. Eines Tages schließlich, während einer Exkursion, bot sich ihm die Gelegenheit, dem Leben im Waisenheim zu entfliehen, und er packte sie beim Schopf.
Seitdem dankte er jeden Tag seinem Glücksstern dafür, dass er schließlich Granny gefunden hatte und sie zu seiner Mutter geworden war.
Dass Greg sich auf der Rocking C eingelebt und sein neues Zuhause zu schätzen gelernt hatte, bedeutete allerdings nicht, dass er auf Dauer an diesen Ort gefesselt sein wollte. Er brauchte das sprühende Leben, das er für sich erschaffen hatte, und erst im strahlenden Rampenlicht der Musikwelt blühte er richtig auf.
Wann immer er auf der Bühne stand, mit seiner Gitarre in der Hand und dem Applaus seiner Fans in den Ohren, wusste er, dass er angekommen war. Dass er das Leben führte, das seine leibliche Mutter sich für ihn gewünscht hatte, das ihm vorherbestimmt war.
Nun, während er in der Küche mit Töpfen und Pfannen hantierte, um eine Mahlzeit für sich und Connie zu bereiten, wurde ihm bewusst, wie weit das Dasein auf der Ranch von dem Leben entfernt war, wie er es liebte. Doch es dauerte ja nicht mehr lange bis zu seiner nächsten Tournee.
Er war kein besonders guter Koch, hatte es nie sein müssen. Solange er denken konnte, war immer jemand da gewesen, der ihm die Mahlzeiten zubereitete – Guadalupe, die Köche im Waisenhaus, Granny. Und seit er erwachsen war, aß er meistens in Restaurants.
Er ging in die Speisekammer und holte die Packung Makkaroni, auf der in großen Lettern stand: kinderleichte Zubereitung. Also befolgte er die Anweisungen und stellte fest, dass die Behauptung zutraf.
Er holte sich ein Bier aus dem Kühlschrank und schenkte ein Glas Milch für Connie ein, stellte alles auf ein Tablett und trug es ins Wohnzimmer. Zum Nachtisch sollte es Apfelkuchen geben. Den wollte er später holen. Zwei Stücke waren nur noch übrig.
Sie stand in einem hellblauen Bademantel beim Kamin und betrachtete ein Foto, das Granny am ersten gemeinsamen Weihnachtsfest von Greg und seinen Brüdern
Weitere Kostenlose Bücher