Julia-Weihnachten Band 23
dachte nicht oft an seine leibliche Mutter. Sie war bei seiner Geburt gestorben. Aber sie hatte ihm während der Schwangerschaft immer etwas vorgesungen und große Pläne gehegt, um ihm ein glückliches Zuhause und eine rosige Zukunft zu bieten. Das wusste er von Tia Guadalupe, seiner Tante.
Er war mit allem gesegnet, was seine Mutter sich für ihn gewünscht hatte. Doch es machte ihn traurig, dass sie es nicht miterleben, nicht daran teilhaben durfte. Und dass sie nie erfahren würde, wie sehr er sich darum bemühte, dass sie stolz auf ihn sein konnte.
Nun fragte er sich, ob es Connie mit ihrem Baby ebenso erging. Hegte sie Hoffnungen, schmiedete sie Pläne für die Zukunft ihres Kindes? War das Ungeborene für sie bereits zu einem realen Lebewesen geworden?
Zu seiner Verwunderung war ihm die Antwort darauf außerordentlich wichtig. „Wie willst du deine Tochter nennen?“, fragte er.
„Ich neige zu Amanda. Aber ich will erst mal abwarten, wie sie aussieht. Vielleicht passt Megan oder Tricia besser zu ihr.“
Das erschien ihm sinnvoll. Er wusste nicht, welchen Namen seine Mutter ihm zugedacht hatte. Die Wahl seiner Tante war auf Gregorio gefallen – nach dem Pater, der ihn auf die Welt geholt hatte.
Stille trat ein. Offensichtlich verlor sich jeder in seine eigenen Gedanken.
Die Kerzen verbreiteten einen sanften Schein im Raum; die Flammen züngelten im Kamin. Das Knistern der Scheite und das Prasseln des Regens an die Fensterscheiben zauberten eine romantisch-sinnliche Atmosphäre, die allein durch Connies Schwangerschaft gedämpft wurde.
„Willst du nach der Entbindung auf der Ranch bleiben?“, fragte Greg.
„Ja. Ich denke, Brighton Valley ist ein guter Ort, um ein Kind aufzuziehen.“
„Das mag sein. Aber ich bekomme einen Lagerkoller, wenn ich für längere Zeit in einem Nest wie diesem festsitze.“
„Ich schätze, bei deiner Karriere ist es eine gute Sache, dass du gern herumreist.“
„Das stimmt. Ich vermute, dass du dagegen lieber Wurzeln schlägst.“
„Jetzt mehr denn je.“ Sie warf ihm erneut ein Lächeln zu, und es ging ihm unter die Haut. „Nach dem Chaos, in das ich mich manövriert habe, hoffe ich auf ein ruhiges, beschauliches Leben.“
Normalerweise war es nicht Gregs Art, andere Leute auszufragen. Doch Connies Vorgeschichte interessierte ihn brennend. „Was für ein Chaos denn?“
„Sagen wir nur, dass die Schwangerschaft nicht geplant war.“
„Ich gehe davon aus, dass du nicht mehr mit dem Vater zusammen bist?“ Aufmerksam beobachtete er ihr Gesicht.
Sie nickte mit finsterer Miene. „Mich mit dem Mann einzulassen, war der größte Fehler meines Lebens.“
„Weiß er von dem Baby?“
„Nein. Und wenn ich es verhindern kann, wird er auch nie davon erfahren.“
„Der Kerl muss ein Schuft sein.“
Sie befingerte den Häkelrand der Decke, bevor sie zu Greg aufblickte. „Er ist gemein und krankhaft eifersüchtig, wenn er getrunken hat. Zum Schluss war er kaum noch nüchtern.“
Greg kannte solche Männer zur Genüge. Und obwohl er gern weiter gefragt hätte, dachte er sich, dass manche Erinnerungen lieber unangetastet bleiben sollten.
Eine Weile plauderten sie über belanglose unpersönliche Dinge. Als die antike Uhr auf dem Sims schließlich neun schlug, gähnte Connie und raffte sich mühsam vom Sofa auf. „Ich bin ziemlich erledigt. Ich gehe lieber ins Bett.“
„In Ordnung. Schlaf gut.“ Er blickte ihr nach und dachte versonnen, dass sie von hinten überhaupt nicht schwanger aussah.
Nach gerade einmal fünf Schritten blieb sie abrupt stehen und starrte erschrocken auf den Fußboden. Zu ihren Füßen breitete sich eine Pfütze aus. Sie wandte den Kopf zu Greg um und blickte ihn flehend und hilflos an, wie um ihn zu fragen, was sie tun sollte.
Er hatte keinen blassen Schimmer.
2. KAPITEL
Connie blinzelte mehrmals in der Hoffnung, dass sie sich irrte und die Fruchtblase nicht geplatzt war. Doch die Pfütze zu ihren Füßen blieb. Angst schnürte ihr die Kehle zu. Der Schmerz im Rücken, der sie nun schon den ganzen Nachmittag plagte, verstärkte sich derart, dass ihr der Atem stockte. Dann breitete er sich nach vorn aus und durchfuhr sie wie ein Blitz.
Unwillkürlich krümmte Connie sich und hielt sich den Bauch.
Augenblicklich war Greg an ihrer Seite und legte einen Arm um sie. „Was ist? Was hast du?“
Kraftlos lehnte sie sich an ihn. „Ich … ich weiß nicht.“ Erlebte sie gerade ihre erste Wehe? Es musste wohl so sein.
Konzentrier dich,
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