Julia-Weihnachten Band 23
in der Nähe?“
„Nicht weit entfernt.“ Sie redete nicht gern über sich selbst. Sie war keine gute Lügnerin, und da die Wahrheit wehtat, zog sie es vor, das Thema zu wechseln.
„Granny hat gesagt, dass du die Feiertage hier verbringen möchtest.“
„Ich halte es für besser, wegen der ärztlichen Versorgung in der Nähe von Brighton Valley zu bleiben.“
„Du meinst Doc Graham? Soweit ich weiß, ist er der einzige Doktor in der Stadt, oder?“
„Er ist vor ein paar Monaten in den Ruhestand getreten. Frau Dr. Bramblett hat die Praxis übernommen.“
„Ach so? Ist dir das recht? Der Doc ist ja schon ziemlich betagt und die meisten wären an seiner Stelle schon vor zehn Jahren in Pension gegangen, aber er soll ein ausgezeichneter Diagnostiker sein, zumindest für einen Landarzt.“
„Ja, ich war ein bisschen enttäuscht, als er mich an Frau Dr. Bramblett verwiesen hat. Aber ich mag sie auch.“ Trotzdem war Connie nervös und ängstlich, was die Entbindung anging.
„Wird deine Mutter bei der Geburt dabei sein?“
„Ich denke nicht“, erwiderte sie vage. In Wirklichkeit wusste weder ihre Mutter noch ihre Schwester von der Schwangerschaft. Beide mochten Ross nicht und waren erleichtert über die Trennung, obwohl sie nichts von seinem Alkoholproblem und seinem Hang zur Gewalttätigkeit ahnten.
Ein wenig war Connie versucht, klein beizugeben und heim zu Mama zu laufen. Aber sie schreckte davor zurück, ihre Mutter durch ein uneheliches Enkelkind in Verlegenheit zu bringen. Denn Dinah Rawlings war eine bekannte Größe beim Fernsehen. Da ihr Publikum ebenso konservativ war wie sie selbst, konnte sie eine derartige Publicity ganz gewiss nicht gebrauchen.
Außerdem hatte sich die Mutter-Tochter-Beziehung seit dem Tod von Connies Vater ständig verschlechtert und war inzwischen praktisch nur noch Fassade. Zum Teil lag die Kluft an Dinahs Besessenheit von ihrem Beruf und den dummen Einschaltquoten. Aber es steckte noch mehr dahinter: die ungleiche Verteilung ihrer Zuwendung zugunsten ihrer älteren Tochter Becky.
Außerdem gab es einen weiteren Grund für Connie, sich von ihren Angehörigen zu distanzieren. Sie musste befürchten, dass Ross sie über ihre Familie ausfindig machen könnte. Das galt es unbedingt zu verhindern. Ebenso wenig durfte er erfahren, dass sie schwanger war. Er hatte mehrmals die Beherrschung verloren und sie zu einem Opfer häuslicher Gewalt gemacht. Wie viel mehr konnte er erst einem hilflosen Neugeborenen antun?
Nach dem Essen herrschte eine angespannte Atmosphäre im Haus. Da sich der Abend endlos auszudehnen drohte, schaltete Greg den Fernseher ein. Es schien zu helfen. Der Actionfilm ließ zumindest die Zeit schneller vergehen. Falls Connie seine Wahl missfiel, so ließ sie sich nichts anmerken.
Gegen acht Uhr, kurz vor dem Showdown, fiel der Strom aus. Mit einem Knistern wurde der Bildschirm schwarz und das gesamte Haus finster.
Der einzige verbleibende Lichtschein stammte vom Feuer im Kamin.
„Oh je“, flüsterte Connie mit zittriger Stimme.
„Keine Sorge.“ Greg stand aus dem Ledersessel auf und holte mehrere Kerzen von der Kommode. Er hielt eine nach der anderen mit dem Docht an die Flammen und verteilte sie im Raum.
Sobald das Wohnzimmer beleuchtet war, stellte er fest, dass Connie sich die Decke bis zur Nasenspitze hochhielt, wie um sich dahinter zu verstecken. „Es besteht kein Grund, Angst zu haben“, versicherte er.
„Es hat mir noch nie gefallen, allein in einem Sturm zu sein.“
Er schmunzelte. „He, du bist nicht allein. Du hast doch mich.“
Zum ersten Mal an diesem Abend lächelte sie. Die Wärme in ihren Augen ließ sie besonders hübsch wirken.
Er erinnerte sich, dass ihr Nachname Montoya lautete. Daher vermutete er, dass Latinoblut in ihren Adern floss, genau wie in seinen. „Du solltest öfter lächeln“, bemerkte er.
„Ich hatte in letzter Zeit nicht viel Grund dazu.“
Er wartete auf eine Erklärung, doch die blieb aus. Er rang mit sich, ob er nachhaken oder das Thema auf sich beruhen lassen sollte. Doch er konnte an nichts anderes denken als an den Zustand der Frau, die neben ihm saß, und die Lebensumstände, die zu ihrer Schwangerschaft geführt hatten.
Schließlich fragte er rundweg: „Bist du unglücklich, weil du ein Baby bekommst?“
Sie streichelte ihren Bauch. „Das Timing hätte sicherlich besser sein können. Aber das ist nicht ihre Schuld.“
„Ihre?“
Sie lächelte erneut. „Es wird ein Mädchen.“
Greg
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