Julia-Weihnachten Band 24
ersten Blick vielleicht so aussehen, aber …“
„Ich glaube, ich kenne meinen Sohn besser als du …“
Marnie und Tom verstummten erschrocken, als ihnen bewusst wurde, dass sie drauf und dran waren, sich vor Cody zu streiten.
„Es ist zwecklos, oder?“, fragte Marnie traurig.
„Finde ich nicht.“
„Aber wir sind uns doch in absolut nichts einig!“
„Vielleicht müssen wir uns einfach nur mehr Mühe geben.“ Tom sah sie so zärtlich an, dass sie am liebsten die Wange an seine Jacke gelehnt und bei ihm Zuflucht gesucht hätte. Sie hatte es so satt, sich ständig Sorgen zu machen.
Wenn sie sich doch nur mit dem zufriedengeben könnte, was er ihr bot. Vielleicht war er ja einfach nicht zu mehr fähig – nicht wegen persönlicher Defizite, sondern aufgrund seiner unglücklichen Kindheit.
Nein, sie weigerte sich zu akzeptieren, dass er unfähig war, sich weiterzuentwickeln! Sie hatte erlebt, wie er sich von einem aufsässigen Jungen zu einem gesellschaftlich gewandten Mann entwickelt hatte, und wusste daher genau, dass mehr in Tom steckte, als ihm vielleicht selbst bewusst war.
Irgendwie musste sie einen Weg finden, die Mauer um ihn herum zu durchbrechen, auch wenn sie bisher immer daran gescheitert war.
Oder war sie vielleicht doch nur Opfer ihres eigenen Wunschdenkens?
„Marnie, wir sollten uns dringend unter vier Augen unterhalten“, sagte Tom plötzlich.
Sie seufzte. „Jetzt?“
Am liebsten hätte Tom sie in die Arme genommen und sie geküsst, bis ihre Lippen sich öffneten und ihr Atem sich beschleunigte. Aber jetzt gab es Wichtigeres. „Ich finde ja“, sagte er. „Ich bringe nur rasch Cody ins Haus zurück.“
Der Kleine kam bereitwillig mit ins Haus. Nachdem Tom ihn im Farmhaus in Arties Obhut zurückgelassen hatte, kehrte er wieder zur Scheune zurück.
„Das Haus meines Vaters wiederzusehen, hat mir die Augen über mich selbst geöffnet“, begann er das Gespräch.
„Inwiefern?“, fragte Marnie mit zitternder Stimme.
Tom konnte ihr keinen Vorwurf daraus machen. Nach ihrem Streit vergangene Nacht hatte sie bestimmt die Hoffnung verloren, was ihn anging.
„Ich weiß nicht, wie ich es dir erklären soll“, sagte er und sah sie direkt an. „Marnie, ich liebe dich wie verrückt. Aber ich will unbedingt ehrlich dir und mir selbst gegenüber sein.“
„Ich hatte eigentlich den Eindruck, dass du das schon warst.“
Miss Lacy erhob sich in der Kiste, drehte sich ein paar Mal um sich selbst und legte sich dann wieder hin, um ihre Jungen abzulecken.
„Das dachte ich auch“, fuhr Tom fort. „Aber in einer Hinsicht nicht: Ich habe all die Jahre versucht zu verdrängen, wer ich bin. Wahrscheinlich wollte ich der Wahrheit einfach nicht ins Auge sehen.“
Marnie schlang die Arme um sich, als müsse sie sich vor irgendetwas schützen. „Ich glaube, ich weiß, was du meinst“, sagte sie leise. „Irgendwie habe ich es immer gespürt.“
„Ich will nicht wie mein Vater sein“, sagte Tom. „Noch nicht einmal ansatzweise.“
„Du bist nicht wie er.“
Hastig sprach Tom weiter, begierig, seine Erkenntnisse zu artikulieren. „Natürlich bin ich in erster Linie das, was ich aus mir gemacht habe, aber ich bin auch das Kind meiner Eltern. Das muss ich einfach akzeptieren. Ein Teil von dem, was mich zum Erfolg treibt, ist wahrscheinlich genau das, was meinen Vater dazu gebracht hat, sich selbst zu zerstören. Ich habe einfach nur gelernt, auf konstruktive Weise damit umzugehen.“
„Natürlich habt ihr gemeinsame Charakterzüge“, räumte Marnie ein. „Ich habe deinen Vater zwar nicht oft gesehen, aber er kam mir wie eine sehr starke Persönlichkeit mit starker Energie vor. Genau wie bei dir.“
„Er hat seine Energie mit Alkohol, Selbstmitleid und Gewalt verschwendet“, sagte Tom, „während ich meine in meine Arbeit gesteckt habe. Aber ich kann nicht mein Leben lang so tun, als würde dieser Teil von mir nicht existieren. Ich habe ihn nicht gezähmt, Marnie, er ist in mir und wird für immer da sein.“
Marnie spürte, worauf er hinauswollte. „Sagst du mir das, um mir zu erklären, warum du beim Auswärtigen Amt bleiben willst?“, fragte sie. „Und warum du ein Leben in der Provinz einfach nicht akzeptieren kannst?“
„Das auch, aber …“ Tom versuchte, sich vorsichtig auszudrücken, obwohl er am liebsten direkt mit seinem Herzenswunsch herausgeplatzt wäre. „Marnie, ich liebe dich. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass du mich ebenfalls liebst, genug
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