Julia-Weihnachten Band 24
gut ging, aber wie hatte die alte Dame ihrer Familie das nur zumuten können?
Die anderen sahen das offenbar genauso, denn sie drehten sich vorwurfsvoll zu Jolene um.
„Dann haben wir uns also ganz umsonst Sorgen gemacht?“, verlangte Linda zu wissen. „Mom, das war nicht richtig von dir!“
„Wie sollte ich euch Sturköpfe denn sonst zusammenkriegen?“, protestierte Jolene. „Stellt euch doch nur mal vor – ein Sohn, der seine Eltern noch nicht mal zu seiner eigenen Hochzeit einlädt! Und ein Mann, der Angst davor hat, mit der Frau, die er liebt, Tacheles zu reden!“
Toms Gesicht lief rot an, doch er beherrschte sich.
„Du hast behauptet, dass dieses Weihnachtsfest dein letztes sein könnte!“ Norbert hatte anscheinend nicht vor, seine Schwiegermutter so schnell vom Haken zu lassen. „Hast du eigentlich eine Ahnung, was für Sorgen wir uns um dich gemacht haben?“
Granny schlug die Hände zusammen und versuchte, zerknirscht auszusehen, aber da das nicht klappte, gab sie den Versuch bald auf. „Na ja, ich könnte doch von einem Lastwagen überfahren werden“, sagte sie. „Wer weiß?“
Bonita keuchte entsetzt auf. „Das ist ja unglaublich!“
„Granny meint es nicht so“, beruhigte Mike sie. „Sie will nur keine Verantwortung für ihr Handeln übernehmen. Darin warst du übrigens immer mein Vorbild, Granny, wusstest du das eigentlich?“
„Wie bitte?“
„Du bist immer mit allem durchgekommen, und die anderen fanden das auch noch lustig“, antwortete Mike. „Außerdem hast du mich öfter mal gedeckt, weißt du noch? Zum Beispiel, als ich damals den halben Kuchen aufgegessen und eine Riesenschweinerei auf dem Tisch hinterlassen habe?“
„Das warst du?“, fragte Linda entsetzt. „Mom, du hast doch gesagt, es sei die Katze gewesen! Kein Wunder, dass Mike immer so unbelehrbar war!“
Norbert schlang den Arm um ihre Taille. „Wir können ihr nicht allein die Schuld geben“, sagte er. „Wir haben den Jungen genauso verwöhnt.“
Mike wurde wütend. „Das stimmt doch überhaupt nicht! Ich musste mir ständig deine Strafpredigten anhören!“
„Ich habe vielleicht gepredigt, aber nie irgendwelche Konsequenzen gezogen“, gab sein Vater zu. „Aber Gott sei Dank hat sich ja doch noch alles zum Guten entwickelt.“
„Na schön“, räumte Mike ein. „Ich sehe ja ein, dass ich euch in der letzten Zeit viel Sorgen gemacht habe. Ich war auch unfair gegenüber meiner Frau. Leider kann ich die Vergangenheit nicht mehr rückgängig machen. Aber ich verspreche euch, in Zukunft die Verantwortung für meine Fehler zu übernehmen.“
Linda stürzte auf ihren Sohn zu, umarmte ihn stürmisch und brach in Tränen aus. Auch Artie wischte sich die Augen, und sogar Marnie schniefte ein paar Mal.
„Wie schon gesagt, was vorbei ist, ist vorbei und lässt sich nicht mehr rückgängig machen“, sagte Norbert. „Aber wir verzeihen dir und hoffen, dass du uns ebenfalls verzeihen kannst. Von jetzt an werden wir bestimmt besser miteinander auskommen.“
„Kommen Sie uns doch beide mal besuchen“, schlug Bonita vor. „Meine Eltern würden Sie auch gern kennenlernen.“
Es brach daraufhin ein Stimmengewirr aus, und Granny breitete die Arme aus, um ihre Verwandten zum Schweigen zu bringen. „Ruhe!“ Als alle still waren, fuhr sie fort: „Cody, würdest du mir bitte dabei helfen, diese Geschenke hier zu verteilen? Und dann alle Mann runter, frühstücken! Ausgepackt wird danach.“
Da hat Granny sich ja mal wieder ausgezeichnet aus der Affäre gezogen, dachte Marnie. Sie nahm ihrer Großmutter die Lüge wegen ihrer Krankheit noch immer übel, aber Jolenes gute Laune war einfach zu ansteckend, um ihr lange böse zu sein. Und eins musste man ihr lassen: Sie hatte verdammt viel Mumm.
Sie brauchten fast eine Stunde, um das Frühstück vorzubereiten, vermutlich weil sie sich vor lauter Aufregung alle gegenseitig im Weg herumstanden.
Doch zu Toms Überraschung gefiel ihm der ungewohnte Trubel sogar.
Möglicherweise lag es daran, dass er das Fest diesmal durch Codys Augen sah. Der Junge schwebte förmlich im siebten Himmel. Ständig rannte er von der Küche ins Wohnzimmer, um seine Geschenke zu berühren, und hüpfte vor Vorfreude auf und ab.
Aber noch etwas hatte sich verändert – etwas Wesentliches, auch wenn Tom nicht genau hätte sagen können, was.
Linda schien es auch zu merken. „Du bist ja gar nicht so zapplig wie früher“, stellte sie fest, als sie sich im Esszimmer
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