JULIA WEIHNACHTSBAND Band 22
sein.
Auch wenn Jodie sagte, sie wäre damit zufrieden, Patentante zu sein, irgendwann würde sie sich eigene Kinder wünschen. Dafür liebte sie Kinder einfach zu sehr.
3. KAPITEL
Jodie sah von der besorgten Mutter zu dem etwa sieben Wochen alten Baby, das diese in den Armen hielt.
„Hallo, ich bin Jodie Price“, stellte sie sich vor. Dann zeigte sie auf Sam. „Mein Kollege Dr. Taylor … Und das ist Harry, nicht wahr?“ Sie strich dem Kleinen behutsam über den Kopf.
Die Mutter, Mrs. Bartlett, nickte kummervoll. „Ich dachte zunächst, es sei nur eine Erkältung. Aber plötzlich bekam er überhaupt keine Luft mehr …“
„Jetzt sind Sie ja hier, und wir werden diesem kleinen Burschen schon helfen“, beruhigte Jodie sie. Dann ging sie in die Hocke und sah sich das Baby an. „Wann haben Sie denn zum ersten Mal bemerkt, dass Harry ernsthaft krank ist?“
„Vor zwei Tagen. Seine Schwester ist erkältet, und ich dachte, er hätte sich angesteckt. Aber dann hat er immer weniger gegessen und begonnen zu husten. Und heute war er plötzlich so still. Ich bin zur Kinderärztin gegangen, und sie hat mich sofort hierher geschickt.“
„Das war richtig“, versicherte Jodie ihr. „Jetzt werde ich mir den Kleinen mal ansehen.“
Mit wenigen Handgriffen hatte sie dem Säugling seinen Strampelanzug und die Windel ausgezogen, horchte Brust und Rücken ab, maß Fieber und blickte in seine Ohren. Geduldig ließ er alles über sich ergehen, hustete nur einmal kurz und weinte heiser auf.
„Es scheint, als habe er seine Stimme verloren“, erklärte Jodie.
Mrs. Bartlett nickte. „Er ist allgemein ein sehr ruhiges Baby, aber durch die Erkältung kann er überhaupt nicht mehr schreien.“
Nach einem weiteren Blick auf das Kind stellte Jodie an Sam gewandt fest: „Verschleppte Bronchitis.“ Dann wandte sie sich wieder an die Mutter. „Er kann den Schleim nicht richtig abhusten“, erklärte sie. „Deshalb atmet er so schwer.“
Vorsichtig tastete sie den Bauch des Babys ab. „Hier ist alles wunderbar“, beruhigte sie Mrs. Bartlett.
„Also doch nur eine Erkältung?“, fragte die Mutter hoffnungsvoll.
„Ich befürchte, es ist mehr als ein kleiner Husten“, musste Jodie zugeben. „Es ist eine Virusinfektion der Atemwege. Ältere Kinder und Erwachsene bekommen davon nur einen Husten und eine heftige Erkältung, doch bei Babys wird diese Infektion schnell schlimmer. Aber machen Sie sich keine Sorgen. Wir werden ihn ein paar Tage hierbehalten, und dann geht es ihm wieder besser.“ Sie lächelte Mrs. Bartlett beruhigend an. „Wir haben schon sechs Säuglinge mit den gleichen Symptomen hier, der kleine Harry ist also in bester Gesellschaft. Spätestens in einer Woche wird er wieder gesund sein.“
Mrs. Bartlett sah sie besorgt an. „Kann ich bei ihm bleiben?“
„Selbstverständlich. Er bekommt sowieso ein Einzelzimmer, weil der Virus sehr ansteckend ist. Wir werden Ihnen ein Bett mit hineinstellen. Wer kümmert sich um seine Schwester?“
Darüber hatte Mrs. Bartlett anscheinend noch nicht nachgedacht. Sie stockte. „Im Moment ist sie bei einer Freundin. Ich hoffe, mein Mann kann Urlaub nehmen.“
Jodie sah die Mutter freundlich an. „Wir kümmern uns jetzt um Harry, und Sie können in der Zwischenzeit Ihrem Mann Bescheid sagen.“
Als sie sah, dass Mrs. Bartlett nervös ihre Hände knetete, legte sie ihr behutsam die Hand auf die Schulter. „Regeln Sie alles in Ruhe, Mrs. Bartlett. Harry ist bei uns in guten Händen. Ich habe heute bis zum späten Abend Dienst, ich werde also auf jeden Fall auch selbst noch einmal nach dem kleinen Kerl sehen.“
Mit blassem Gesicht sah die Mutter sie dankbar an. „Danke, Dr. Price.“
Als sie hinausgegangen war, um ihren Mann anzurufen, blickte Sam von seinen Notizen auf. „Sie sind sehr einfühlsam im Umgang mit den Eltern.“
„Danke.“ Sie war erstaunt über dieses Kompliment. Sam hatte kaum mit ihr gesprochen, seit er sie vom Restaurant nach Hause gebracht hatte. Das war nun fast eine Woche her. Und seit sie wusste, dass sie heute gemeinsam zum Dienst eingeteilt waren, hatte sie sich auf einen anstrengenden Tag voller Kritik eingestellt. Tatsächlich aber war er bisher ausgesprochen freundlich zu ihr gewesen.
„Sie sind eine gute Ärztin“, fügte er hinzu und wechselte dann rasch das Thema. „Haben wir noch mehr neue Patienten?“
„Ein Mädchen mit einem Asthmaanfall, einen kleinen Jungen mit Hautausschlag und einen Zwölfjährigen mit einem
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