Julia Weihnachtsband Band 26
genug Kummer im Leben ertragen hatte, würde wieder einmal enttäuscht werden. Am besten ließ sie keine Komplikationen zwischen sich und Cullen zu.
Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Cullen den Kopf schüttelte, bevor er sich umdrehte und durch die Eingangshalle zur Küche ging.
Sie folgte ihm. Er warf den Müll in den Abfalleimer, während sie die übrig gebliebenen Schokoriegel und Kekse im Vorratsraum verstaute.
Als sie zurückkam, stand Cullen an der Hintertür, den Mantel überm Arm. Da sie ihn nicht gehen lassen wollte, während ihre Weigerung zu reden noch zwischen ihnen in der Luft hing, lenkte sie wieder auf ein neutrales Thema ab. „Noch einmal vielen Dank für deine Hilfe.“
Er nickte und zog seinen Mantel an. „Kein Problem.“
Seine Stimme klang schroff, als wäre er verärgert über ihre verweigerte Antwort. Sie lächelte und sagte: „Trotzdem, es ist sehr nett von dir, dass du so lieb zu Harry bist.“
„Ich bin lieb zu Harry, weil ich ihn mag.“ Er sprach leise, und Wendy warf rasch einen Blick in seine Richtung. „Ich mag euch beide.“
Diese unerwartete Bemerkung ließ Wendy keine Chance, ihre spontane Reaktion darauf zu unterdrücken. Ihre Wangen röteten sich. Alle Luft schien aus dem Raum gesaugt worden zu sein. Das Blut rauschte vor Freude in ihren Adern. Und das alles war lächerlich. Sie konnten keine Beziehung aufbauen. Sie sollte sich nicht einmal eine Beziehung wünschen , nicht mit einem Playboy, der aus ihrem Leben verschwinden würde, wenn seine Arbeit in Barrington erledigt war. Und im Zusammenhang mit Harry war es doppelt falsch.
Hastig drehte sie sich wieder zur Spüle um, riss ein Papiertuch vom Rollenhalter an der Wand und trocknete sich die Hände. In gewollt beiläufigem, freundlichem Ton sagte sie: „Wir mögen dich auch.“
Sie hörte, wie er sich mit wenigen Schritten dem Küchentresen näherte, und war nicht überrascht, als sie seine Hände auf ihren Schultern spürte und er sie zu sich umdrehte. „Nein. Ich meine, ich mag euch wirklich. Ich fühle mich hier so zu Hause.“
Wendy wusste nicht, ob sie erleichtert oder enttäuscht sein sollte, und lachte. „Du hast schließlich hier gewohnt. Natürlich fühlst du dich zu Hause.“
Er schüttelte den Kopf. „Damals war es kein richtiges Zuhause. Meine Eltern waren selten daheim. Was im Grunde gut war, denn wenn sie hier waren, haben sie nur gestritten.“
„Deine Eltern haben sich vor deinen Augen gestritten?“
„Beim Streiten achteten sie nicht sonderlich auf Anstandsregeln.“ Er atmete tief durch, als könnte er selbst nicht glauben, dass er es tatsächlich eingestanden hatte. „Mein Dad wollte fort aus Barrington. Ihm war klar, dass er an jedem beliebigen Ort eine Investmentfirma ins Leben rufen konnte. Doch meine Mom wollte ihre Freunde nicht im Stich lassen. Die Menschen, die beruflich von ihr abhängig waren.“
Wendy machte große Augen. „Deshalb wolltest du nicht allein durch die Fabrik gehen?“
„Nein. Ich war einfach noch nie im Produktionsbereich. Ich kannte niemanden und wollte niemanden verschrecken. Am ersten Morgen, als ich gesehen habe, wie alle einen Blick in dein Büro warfen und dich begrüßten, da wusste ich, dass du die Richtige warst, um mich den Leuten vorzustellen.“
Das hörte sich vernünftig an, aber plötzlich fiel ihr auf, dass sie dicht beieinanderstanden und seine Hände noch immer auf ihren Schultern lagen. Erinnerungen an seinen Kuss schlichen sich wieder ein, sodass ihre Lippen kribbelten und ihr Atem stockte. Er war der erste Mann seit Greg, der sie geküsst hatte. Sie war schon so lange allein. Schon so lange innerlich leer …
Dadurch wurde ihr Verlangen nach ihm nicht besser. Zumal er absolut nicht der Richtige für sie war.
Sie räusperte sich. „Ich sollte lieber zu Ende aufräumen, damit ich morgen früh rechtzeitig los kann.“
Er grinste. „Du hast verschlafen? Deswegen bist du am Montag zu spät gekommen?“
„Das war nicht lustig. Ich will Harry eine gute Mutter sein, und gleich beim ersten Mal, als er irgendwohin musste, habe ich verschlafen.“
„Ach, Wendy“, sagte er, nahm sie in die Arme und zog sie an sich. „Du bist auch nur ein Mensch.“
Das Gefühl, von einem Mann umarmt zu werden, überwältigte sie. Die Freude über die emotionale Verbindung mit jemandem, der sie offenbar ehrlich mochte und verstand, warf sie beinahe um. Der Duft seines Aftershaves kitzelte in der Nase, und ihr wurde bewusst, dass ihre Brüste sich an seinen
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