Julia Weihnachtsband Band 26
sie sich noch einmal treffen würden. Schon zum zweiten Mal war sie geradezu vor ihm davongelaufen. Nach Victoria, die nur seinen Namen und seinen sozialen Status wollte, hatte er sich jetzt in eine Frau verliebt, die ihn überhaupt nicht wollte.
Verliebt?
Nein, auf gar keinen Fall. Den Gedanken schob Clay ganz schnell beiseite. Es gab anderthalb Verabredungen, falls das Mittagessen überhaupt zählte, und ein paar erstaunliche Küsse. Das war wohl kaum etwas, das auf eine ernsthafte Beziehung hinauslief.
„Erfreu dich noch an deinen Blumen, Marie“, rief er seiner Assistentin über die Schulter zu und wollte in sein Büro verschwinden.
„Warte, Clay. Ich habe vergessen, dir zu sagen, dass Albert Jensen in deinem Büro auf dich wartet.“
Na, großartig, dachte Clay, ließ sich seinen Ärger aber nicht anmerken, als er dem älteren Mann zunickte. „Jensen.“ Er ging um seinen Schreibtisch herum und deutete auf den mit einer Plastikplane abgedeckten Stuhl. „Nehmen Sie doch Platz.“
Mit äußerstem Missfallen sah Jensen sich in dem unordentlichen Büro um. „Ich stehe lieber.“ Er kam auch gleich auf den Punkt: „Bevor Sie hier übernommen haben, hat Ihr Vater sein Interesse an ‚JW Shipping‘ bekundet.“
Interesse bekundet. Eine verdammt kuschelige Umschreibung für das, was sein Vater wirklich gemeint hatte. Wenn „Forrester Industries“ sein Interesse an einem Unternehmen bekundete, war es dasselbe, als wenn Attila, der Hunnenkönig, ein Nachbarland anvisierte.
So war es zumindest bisher gewesen.
„Die Gesellschaft war in Schwierigkeiten, aus denen sie sich aber befreit hat.“
Jensen fegte das Argument beiseite. „John Westfell hat sich einen Kredit erschlichen, um die dringendsten Schulden zu begleichen. Eine kurzfristige Notlösung, die das Unvermeidliche nur hinauszögert. Jetzt ist es an der Zeit zuzuschlagen.“
„Ich habe Ihnen schon gesagt, Albert, auf diese Weise macht unser Unternehmen keine Geschäfte mehr.“
Jensens Gesicht wurde rot vor Zorn. „Dieses Unternehmen wird bald überhaupt keine Geschäfte mehr machen, wenn Sie solche todsicheren Gelegenheiten nicht wahrnehmen.“ Er holte tief Luft und versuchte es mit einem überzeugenden Ton. „‚JW Shipping‘ geht unter. Wenn wir die Firma nicht übernehmen, können Sie sicher sein, dass unsere Konkurrenz es tut.“
Sosehr Clay es auch zuwider war, er musste zugeben, dass Jensen recht hatte. Nichts zu unternehmen, würde ihm vielleicht ein gutes Gewissen vermitteln, das Schifffahrtsunternehmen aber nicht retten. Plötzlich fiel ihm die Unterhaltung mit Holly im Deli wieder ein.
Es ist nicht leicht, die Vergangenheit loszulassen.
Verdammt, sie hatte recht. Er hatte sie nicht losgelassen. Jensen führte die Geschäfte wie üblich fort, und die Firmen, die Clay nicht übernehmen wollte, wurden einfach von der Konkurrenz geschluckt. Letzten Endes hatte sich überhaupt nichts geändert.
„Wissen Sie was, Albert? Sie haben recht!“
Der Mann stoppte mitten in seiner Schimpftirade und sammelte sich. Mit aufgeblähter Brust nickte er gewichtig. „Es wurde auch Zeit, dass Sie die Dinge endlich klarer sehen. Was nun ‚JW Shipping‘ betrifft …“
„Rufen Sie John Westfell an und sagen Sie ihm, wir wären an einer beschränkt haftenden Teilhaberschaft interessiert.“
„An einer was?“ Jensen Brust blähte sich noch weiter auf, und Clay wartete jeden Moment darauf, dass er platzte.
„Eine Teilhaberschaft. Wie Sie schon sagten: Eine andere Gesellschaft wird sie übernehmen, wenn wir nichts tun.“
„So habe ich das nicht gemeint. Ihr Vater hatte nicht die Absicht, ein Wohltätigkeitsinstitut zu leiten, das Firmen vor dem Untergang rettet.“
„Ich weiß“, gab Clay zu. „Und ich weiß auch, dass sich alles ändern wird. Dies ist nicht mehr seine Firma, Albert, es ist meine. Mit der Zeit wird es mehr Geld einbringen, Firmen wie ‚JW Shipping‘ zu retten, als sie zu zerstören.“
„ Falls Sie sie retten“, spottete Jensen. „Und wenn nicht, haben Sie sich an ein absaufendes Unternehmen gekettet, das Sie mit in den Untergang zieht. Zum Teufel, das wäre genau das, was Sie verdienen. Aber ich will verdammt sein, wenn ich dabei zuschaue.“
Mit einem Blick auf Jensen, der rechten Hand seines Vaters, fasste Clay einen Entschluss. Er konnte an der Vergangenheit festhalten oder alte Verbindungen kappen und in die Zukunft schauen. „Gut. Ich akzeptiere Ihre Kündigung.“
Zu seiner Ehre musste man sagen,
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